US-Filesharer holt zum Gegenschlag aus
Die Musikindustrie sei mitschuld an dem blühenden Musiktausch zu Zeiten von Napster & Co, so die Anwälte des im Vorjahr zu 675.000 US-Dollar (470.000 Euro) Schadenersatz verurteilten Studenten Joel Tenenbaum. Die Verbreitung sei dank fehlenden Kopierschutzes zu einfach gewesen und das Interesse an der Musik mittels guten Marketings quasi herausgefordert worden.
Der Fall Joel Tenenbaum sorgte im vergangenen Jahr für Aufregung. Der Student wurde im August wegen des illegalen Downloads von 30 Musiktiteln aus einer Tauschbörse von einem US-Gericht zu 675.000 US-Dollar Schadenersatz verurteilt.
Vertreten wurde Tenenbaum dabei von dem Staranwalt Charles Nesson von der Harvard University of Law und einem Team von Studenten, die den Fall trotz des juristischen Rückschlags nicht aufgeben wollen.
Durchschnittsdavid gegen Unternehmensgoliath
Man führe keine Vendetta, man habe sich schlicht dazu entschieden, weiterzukämpfen, so die neuen Ankläger auf der Website Joelfightsback.com. Es gehe darum, den Durchschnittsdavid gegen den Unternehmensgoliath zu verteidigen. Mit einer ganzen Reihe von Argumenten soll der Fall nun vor Gericht neu aufgerollt werden.
Einladung zum Musiktausch
Die Musikindustrie sei zumindest teilweise selbst schuld an der Verbreitung ihrer Titel über Tauschbörsen, so die Anklage. Zum einen habe man es den Usern sehr leicht gemacht, die Titel untereinander zu tauschen, da zum Zeitpunkt der Tat, im August 2004, Musik noch völlig ohne Kopierschutzmaßnahmen auf CD veröffentlicht wurde.
Das massive Bewerben der Veröffentlichungen hätte das starke Interesse an diesen zudem äußerst vorhersehbar gemacht. Es sei quasi eine Einladung zum Filesharen gewesen. Denn legale Download-Möglichkeiten waren keine vorhanden.
"In den nicht eingezäunten Pool gefallen"
Nesson und sein Team vergleicht den Reiz der Tauschbörsen mit dem von nicht eingezäunten Schwimmbecken, die Kinder anlockten. Das US-Recht sehe im Falle eines Unfalles vor, dass den Grundstücksinhaber eine Mitschuld treffe.
In Analogie dazu habe die US-Musikindustrie mit dazu beigetragen, dass Tenenbaum mit Millionen anderen in den großen, nicht eingezäunten Pool des nichtautorisierten Musiktauschs fiel, so die 32-seitige-Anklageschrift.
Fair-Use-Argument nicht zugelassen
Auch sei der Prozess nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, da das Gericht dem Staranwalt vor dem Prozess untersagt hatte, damit zu argumentieren, dass der Tausch von Musik in Peer-to-Peer-Netzwerken unter den fairen Gebrauch ("Fair Use") von Kulturgütern falle.
Reduktion der Geldstrafe auf Minimum
Zudem wird der Schadenersatzbetrag von 675.000 US-Dollar und somit 22.500 Dollar (15.600 Euro) pro Song als viel zu hoch und damit verfassungswidrig kritisiert. Die Verfassung sehe vor, dass niemand übertrieben drakonisch bestraft werden darf.
Sollte das Gericht eine Neuauflage des Prozesses ablehnen, appelliert Nesson zumindest den Schadenersatz auf das gesetzliche Minimum von 750 Dollar (520 Euro) pro Song zu reduzieren.