© Ronen Kadushin, Designobjekt von Ronen Kadushin

Open-Source-Möbel zum Selberbauen

"MATRIX"
10.01.2010

Das US-Technologiemagazin "Wired" hat ihn vor einigen Monaten zum neuen Designguru gekürt: Der israelische Produktdesigner Ronen Kadushin rüttelt mit seiner offenen Philosophie an den Grundfesten der Designwelt. Er veröffentlicht seine Entwürfe frei unter einer Creative-Commons-Lizenz.

Jeder kann die Entwürfe für private, nichtkommerzielle Zwecke kostenlos kopieren, verbreiten und verändern - und, was das Wichtigste ist: zu Hause nachbauen.

Offen, flexibel, schnell und einfach zugänglich: Das sind die Ansprüche, die der israelische Produktdesigner Ronen Kadushin an die von ihm entworfenen Lampen und Regale stellt. Für einen Designer klingt das recht ungewöhnlich. Denn normalerweise verbindet man mit Designermöbeln hohe Preise, Exklusivität und mindestens drei Monate Wartezeit.

Vor drei Jahren beschloss Kadushin, nicht nur schöne Fotos seiner Entwürfe und Prototypen auf seine Homepage zu stellen, sondern gleich die Bauanleitung in Form einer Datei mitzugeben, die von verschiedenen CAD-Programmen weiterverarbeitet werden kann.

Am Sonntag in "matrix"

Mehr zu dem Thema hören Sie am Sonntag um 22.30 Uhr im Ö1-Netzkulturmagazin "matrix".

Inspiration aus anderen Kunstsparten

Inspirieren ließ sich der Mittvierziger dabei von der Erfolgsgeschichte der Open-Source-Bewegung, die die Software-Szene revolutionierte. Sie hat gezeigt, dass das Prinzip der Quelloffenheit, der Einseh- und Veränderbarkeit proprietären Modellen in vielfacher Hinsicht überlegen ist. Inspiriert haben Kadushin aber auch die Entwicklungen, die das Internet in vielen kreativen Sparten ausgelöst hat, wie etwa im Musik- und Filmbereich.

"Ein zwölfjähriges Mädchen kann heutzutage Software herunterladen, damit einen Animationsfilm produzieren und den gleich ins Internet stellen", so Kadushin. "Diesen Film können dann andere remixen, also wiederum kreativ sein. Das heißt, Kreativität erzeugt neue Kreativität. So einfach funktioniert das."

Neue Wege im Netz

Das Internet habe in vielen Kunstsparten viel Staub aufgewirbelt. In der Musik- und Filmbranche habe es neue Wege eröffnet, kreativ zu sein und für seine Ideen und Werke ein Publikum zu finden und zu beliefern. Mächtige Gatekeeper wie Major-Labels und Verlagshäuser habe das Internet teilweise zugunsten der Künstler entmachtet, meint Kadushin.

Von diesen neuen Möglichkeiten blieb die Designwelt allerdings bisher fast gänzlich unberührt. Da werden die Urheberrechte hochgehalten und Entwürfe nicht so einfach herumgereicht, geschweige denn ins Netz gestellt.

Schneiden und biegen

An die 20 Bauanleitungen finden sich auf Kadushins Homepage - von der Stehlampe bis hin zum Couchtisch aus Edelstahl. Den kann man sich beispielsweise für rund 100 Euro Material- und Produktionskosten zusammenbauen. Es genügt, eine Datei mit den Konstruktionsplänen herunterzuladen und diese nach Wunsch anzupassen.

Gemeinsam mit einer dünnen Stahlplatte in der passenden Größe bringt man den Entwurf zum nächsten Lasercutter, der die Platte nach Kadushins Anleitungen so zurechtschneidet, dass man sie zu Hause mit etwas Fingerfertigkeit in die passende Form zurechtbiegen kann.

Befreiung vom Produzenten

Doch Kadushin geht es nicht nur darum, erlesenes Design zu günstigen Preisen auf den Markt zu werfen. Mit seiner Open-Design-Idee wollte er sich ursprünglich als Designer von der Abhängigkeit von Produzenten befreien.

"Open Design war für mich eine Möglichkeit als Designer, der in Israel arbeitet, also nicht gerade im Zentrum der Designwelt, meine Entwürfe umgesetzt zu bekommen", so Kadushin. "Ich hatte Schwierigkeiten, einen Hersteller für meine Designs zu finden. Ich fand meine Ideen aber gut. Deshalb suchte ich nach einer Methode, mit der ich sie verwirklichen könnte."

Gestaltung im Web

Mittlerweile lebt Kadushin in Berlin und reist für Vorträge quer durch die Welt. Früher oder später komme da immer die Frage, wovon er denn eigentlich lebe, wenn er seine Designs im Web gratis hergibt. Nun ja, viel Geld mache er nicht: Er habe an der Hochschule der Künste in Berlin einen Lehrauftrag, und schließlich verkaufe er seine Entwürfe auch ganz klassisch an Designfirmen. Die kostenlosen Designs auf seiner Homepage werfen dennoch einiges ab, wenn auch nicht finanziell.

"Die Tatsache, dass ich meine Designs gratis auf meine Homepage stelle, hat mir einen Lehrauftrag beschert. Meine Arbeit wird dadurch bekannter. Es macht mich auch interessanter für Firmen, die gerade auf der Suche nach einem Designer sind. Ich muss sagen, dass ich durch die Open-Design-Idee nur gewonnen habe, und das macht mich sehr glücklich."

(matrix/Anna Masoner)