© Fotolia/Oliv, Kleinkind vor dem Computer

Österreichs Schüler im Sozialen Netz

WEB 2.0
09.02.2010

Österreichs Kinder und Jugendliche drängen in Soziale Netzwerke. Nicht selten melden sich schon Zehnjährige auf Plattformen wie Facebook, Netlog und MySpace an, um mit ihren Freunden in Verbindung zu bleiben. ORF.at sprach mit Experten der Initiative Saferinternet.at über Gefahren und Chancen im Umgang Jugendlicher mit Sozialer Software. Die Initiative hat auch schon Erfahrungen mit einem eigenen Sozialen Netzwerk gesammelt.

Soziale Netzwerke wie Facebook, Netlog und MySpace werden bei Österreichs Jugend zunehmend beliebter, doch allen Netzwerken ist eines gemeinsam: Das offizielle Eintrittsalter liegt bei 13 Jahren. Das Interesse an derartigen Netzwerken besteht allerdings bereits wesentlich früher. So geben nicht selten Zehnjährige ein falsches Alter an, um die Services der Netzwerkbetreiber nutzen zu können.

Starke Nutzung

Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Jugendkulturforschung für Saferinternet.at nutzen 68 Prozent der befragten Jugendlichen zwischen elf und 19 Jahren Soziale Netzwerke mindestens einmal täglich.

Die beliebtesten Netzwerke der österreichischen Jugendlichen sind Facebook, Netlog und MySpace. Zugegriffen wird hauptsächlich über den Computer, aber bereits 25 Prozent nutzen dafür das Handy.

Die Studie wurde anlässlich des Safer Internet Days präsentiert, der am Dienstag stattfindet.

Heute in "digital.leben"

Die Studie von Saferinternet.at ist heute auch Thema in der Ö1-Radioserie "digital.leben".

Die Radioserie "digital.leben" (16.55 Uhr, Ö1) ist kostenlos als Podcast abonnierbar:

Posen und Probieren

Erika Hummer, Lehrerin am Gymnasium Erlgasse im zwölften Wiener Gemeindebezirk, und Barbara Buchegger, Mitarbeiterin der Beratungsstelle Saferinternet.at, haben vor einem halben Jahr ein Soziales Netzwerk in Österreich gestartet, das auch für Schüler unter 13 Jahren geeignet ist. Young eLSA heißt die Plattform, auf der sich Schüler mit Gleichaltrigen austauschen und selbst präsentieren können - ohne dass die Außenwelt inklusive Eltern und Lehrern den Kindern dabei zusehen kann.

Soziale Netzwerke dienen bei den jungen Schülern vor allem der Kommunikation mit den Klassenkollegen sowie der Selbstdarstellung. "Zehn- und elfjährige Mädchen stellen Fotos von sich ins Netz, auf denen sie - allerdings angezogen - wie Sexmodels posieren, da sie mit ihrem Profil besonders hervorstechen wollen", so Buchegger. "Buben hingegen bilden andauernd Gruppen und probieren wie bei 'Tool Time' alle Werkzeuge und Funktionen aus", erzählt Hummer.

"Sichere und geschützte Umgebung"

"Unser Ziel ist es, eine sichere und geschützte Umgebung zu generieren, die Kindern offen steht, in der das österreichische Datenschutzrecht gilt und wir bestimmen können, was mit den Daten passiert", erklärt Buchegger die Motivation hinter Young eLSA. "Bei Facebook hat man einfach nicht das Gefühl, es Kindern mit gutem Gewissen ans Herz legen zu können."

Das US-Netzwerk wird immer wieder wegen seiner mangelhaften Datenschutzbestimmungen kritisiert. Anfang Dezember hat Facebook zuletzt seine Datenschutzrichtlinien erneuert. Dabei wurden den Nutzern Voreinstellungen empfohlen, die Beiträge für die breite Öffentlichkeit sichtbar machen - und zwar auch Nutzern, die ihre Profile vorher so eingestellt hatten, dass ihre Beiträge nur für Freunde sichtbar waren. US-Bürgerrechtler und Datenschützer kritisierten diese einseitige Umstellung scharf.

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Vorbereitung auf Facebook

Mit Young eLSA wollen die Initiatorinnen des Projekts, die als einzige Erwachsene Zugang haben, die Schüler zudem auf die Umgangsformen in anderen Netzwerken wie Facebook vorbereiten. "Wir machen sie auf eine sanfte Art und Weise darauf aufmerksam, wenn sie sich beleidigend äußern oder für andere abschreckende Bilder als Avatare verwenden", erklärt Hummer. "Da die Kinder allerdings noch sehr jung sind, herrschen meistens noch freundliche Umgangsformen", meint Buchegger.

Das Bewusstsein dafür, dass veröffentlichte Inhalte wie freizügige Fotos in der Zukunft zu Problemen führen könnten, sei bei allen Jugendlichen jedoch im Wachsen. Zu Cybermobbing-Vorfällen sei es bei Young eLSA noch nicht gekommen. Diese würden zunehmend mit der beginnenden Pubertät im Alter von 13 Jahren auftreten, so Buchegger. "In Schulen, an denen die Lehrer das Internet nicht aktiv im Unterricht benutzen, passieren solche Vorfälle eher."

"Bewusstsein für Privatsphäre"

Derzeit sei Young eLSA aber vor allem bei eLSA-Schülern verbreitet. In Österreich gibt es etwa 150 Schulen, an denen das Projekt "E-Learning im Schulalltag" (eLSA) zum Einsatz kommt, das auf Schüler zwischen zehn und 14 Jahren abzielt. Das vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur finanzierte Projekt wurde 2002 an vier Schulen gestartet und aufgrund des großen Erfolges 2005 erweitert.

Neben Young eLSA nutzen viele der Schüler noch ein weiteres Soziales Netzwerk. Bei den jüngeren sei das meist Netlog, so Buchegger. "Hier lässt sich das Design besonders gut anpassen." Ab 14 werde dann häufig zu Facebook gewechselt, erzählt die Mitarbeiterin von Saferinternet.at. SchülerVZ, das eigentlich naheliegendste Netzwerk, werde kaum genutzt. Die Verbreitung von Netzwerken erfolge zudem meistens über die Klassenkollegen.

Wenig Wissen über Schutzfunktionen

"Das Wissen über den Schutz der Privatsphäre in Sozialen Netzwerken ist bei den Schülern meist schon recht weit fortgeschritten. Sie werden immer vorsichtiger und haben durchaus ein Bewusstsein dafür, welche Inhalte sie mit wem teilen", erzählt Buchegger, die zusammen mit ihren Kollegen von Saferinternet.at in den letzten vier Monaten über 3.000 Schüler im Bezug auf deren Internet-Nutzung beraten hat. Das gilt allerdings vorwiegend für eLSA-Schulen sowie Schulen, die die Beratung von Saferinternet.at in Anspruch nehmen.

Die jüngste Studie von Saferinternet.at zeigt nämlich für den Rest des Landes ein etwas anders Bild: Nur 14 Prozent der 402 großteils auf der Straße befragten Jugendlichen gaben an, sich mit den Privatsphäre-Einstellungen "sehr gut" auszukennen. 35 Prozent der Befragten haben zudem ein Profil, das für alle sichtbar sei. "Hier ist definitiv bessere Aufklärung notwendig, damit die Nutzer in der Lage sind, ihre Privatsphäre wirksam zu schützen", so Saferinternet.at-Koordinator Bernhard Jungwirth.

Urheberrecht als heißes Thema

Neben den Einstellungen, die den Schutz der Privatsphäre betreffen, seien die Schüler zudem zunehmend an Urheberrechtsfragen interessiert. Im Rahmen von Schulprojekten sei es teilweise zu Abmahnungen im Bezug auf verwendete Bilder gekommen, die über 4.000 Euro betragen hätten.

"Vom Urheberrecht hat kaum jemand eine Ahnung, und die Schüler freuen sich jedes Mal, wenn sie hören, dass es so etwas wie Creative-Commons-Lizenzen gibt, die ihnen die kostenfreie Verwendung von Bildern ermöglichen", sagt Buchegger. Auch am Thema "Recht am eigenen Bild" seien die meisten sehr interessiert, so die Expertin.

Doch nicht alle Schüler nutzen Soziale Netzwerke. Durchschnittlich gibt es in jeder Klasse etwa zwei bis drei Schüler, die das Internet generell kaum nutzen. "Das sind oft die Sportler und Vielleser", berichtet Buchegger. "Diejenigen haben meist ihr eigenes, individuelles Leben", meint Hummer.

Um Young eLSA nutzen zu können, müssen Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren eine E-Mail an Erika Hummer (erihum@gmail.at) schicken.

Erweiterung um Chat-Funktion und Spiele

Seit kurzem ist Young eLSA auch in englischer Sprache verfügbar, da es aufgrund von Schulkooperationen mit Partnern in Italien und anderen europäischen Ländern zunehmend zu Freundschaftsanfragen komme, erklärt Hummer.

Das Netzwerk, das auf der Open-Source-Networking-Software Elgg beruht, wird zudem gerade um ein Chat-System erweitert. "Wir wollen außerdem auch Spiele ermöglichen, aber keine klassischen Facebook-Spiele, die sind nämlich suchtgefährdend", so Hummer.

Bei Social Games wie "FarmVille" und "FishVille" gehe "viel Zeit drauf", ist Buchegger überzeugt. "Hier wünschen sich sogar manche Schüler, dass ihre Eltern strenger durchgreifen, da sie das Problem alleine nicht mehr in den Griff kriegen."

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(futurezone/Barbara Wimmer)