Nacktscanner: Neuer Vorstoß der EU
Der designierte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas hat sich bei seinem Hearing vor dem EU-Parlament von den umstrittenen Nacktscannern zwar nicht restlos überzeugt gezeigt, will aber eine einheitliche EU-weite Regelung vorantreiben. Er will damit Alleingänge der EU-Staaten eindämmen, die über den Einsatz der Körperscanner zerstritten sind.
Er sehe in den "Ganzkörper-Scannern" zwar "nicht letztlich das glücklich machende Allheilmittel", doch "braucht man kein Fachmann sein, um zu verstehen, dass die Bodyscanner viel fortschrittlicher sind als die alten Detektoren und dadurch die Sicherheit vergrößert werden kann", so Kallas. Die jüngsten Zwischenfälle hätten "neue Ängste geschürt, damit müssen wir uns auseinandersetzen".
Er übte gleichzeitig Kritik daran, dass einige EU-Länder die Scanner schon einsetzten. Er sei für eine einheitliche europäische Regelung. In den nächsten Monaten werde die neue Behörde dem EU-Parlament einen Vorschlag vorlegen. Der Liberale, der zuvor EU-Kommissar für Verwaltung und Betrugsbekämpfung war, will vorher aber Fragen der Menschenrechte, der Datensicherheit und der Gesundheit klären.
EU-Kommissarin Viviane Reding sagte bei ihrer Anhörung, generell werde sie bei solchen Fragen eine "Grundrechteprüfung zu jedem Vorschlag" machen. Auch die Umsetzung von Richtlinien in den Mitgliedsstaaten solle auf Konformität mit der Grundrechtecharta geprüft werden. Mit der Grundrechtecharta stehe nun endlich ein Maßstab für solche Maßnahmen zur Verfügung.
Reding pocht auf Privatsphäre
Die designierte EU-Justizkommissarin Viviane Reding zeigte sich bei ihrer Anhörung am Dienstag skeptisch über den Einsatz von Körperscannern: "Wir müssen uns eine Reihe von Fragen stellen: Arbeiten die Scanner effizient, sind sie ein Risiko für die Gesundheit, gibt es Probleme in Bezug auf die Privatsphäre und den Datenschutz? Und wir müssen uns natürlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor Augen führen."
Reding: "Da sage ich ganz eindeutig: Unser Bedürfnis nach Sicherheit kann nicht jegliche Verletzung der Privatsphäre rechtfertigen. Unsere Bürger sind keine Objekte, sondern menschliche Wesen." Als Vorbedingungen für den Einsatz nannte sie die Freiwilligkeit, dass die Bilder sofort zerstört werden, und die Kontrolle über mögliche Konsequenzen für die Gesundheit. Es gebe nichts hundertprozentig Sicheres, und "Scanner sind kein Alleilmittel, das alles lösen wird".
Auch in Schwechat wird der Einsatz von Körperscannern diskutiert.
Explosion der Kosten für Flugsicherheit
Es werde "niemals hundert Prozent Sicherheit geben. Es gibt immer irgendwo irgendwelche Schwachstellen", so auch Kallas. Der Flughafen dürfe nicht das "letzte Glied in der Kette sein, das ist zu wenig. Wir brauchen intelligente Systeme, einen Informationsaustausch im Vorhinein, um zu verhindern, dass es Anschläge gibt."
Was die Kosten für die Flugsicherheit betrifft, möchte er am bestehenden System nichts ändern. Die Kosten hätten vor dem 11. September rund fünf Prozent für einen Flughafen betragen, nun seien sie auf 35 Prozent gestiegen. "Das ist eine riesige Summe Geld. Aber ich glaube, wir haben jetzt ein System, das funktioniert, warum sollten wir es ändern." Dabei stelle sich auch die Frage, wie Flughafenbetreiber ihre Lizenzen bekommen haben, "man muss die Beziehungen zwischen den Flughafenbetreibern und den Ländern ansehen". Er sei aber dafür, das Finanzierungssystem zu prüfen.
Ihre Arbeit könnte die neue Kommission frühestens am 1. Februar aufnehmen. Das EU-Parlament soll am 26. Jänner über das Gremium abstimmen.
Uneinigkeit bei EU-Ländern
Schon im Herbst 2008 wollte die EU-Kommission die Scanner EU-weit zulassen. Nach massiven Protesten des EU-Parlaments zog sie ihren Vorschlag aber zurück. Seitdem steht es laut Kommission jedem Land frei, die Geräte auf Flughäfen zu benutzen.
Die EU-Mitgliedsländer sind jedoch zerstritten über den Einsatz der Körperscanner. Während einige Länder wie die Niederlande, Großbritannien und Italien die Geräte einführen, steht die Mehrheit der 27 EU-Staaten den Scannern skeptisch gegenüber. Der spanische EU-Vorsitz hatte letzte Woche vor einer unkoordinierten Einführung gewarnt. "Das ist eine große Debatte", sagte Kallas.
(Reuters/dpa)