China schlägt in Zensurstreit mit USA zurück
Im Streit mit den USA über Sicherheit und Meinungsfreiheit im Internet schlägt China jetzt zurück. Nach einem Cracker-Angriff auf seine Suchmaschine reichte der chinesische Google-Konkurrent Baidu eine Klage wegen "grober Nachlässigkeit" gegen seinen US-Domain-Verwalter Register.com ein.
Baidu macht Register.com für den Angriff die größte Suchmaschine in China verantwortlich. Register.com verwaltet die Web-Adresse Baidu.com. Die Klage auf Schadenersatz sei vor einem Gericht in New York eingereicht worden, berichtete Baidu.
Neuer Verwalter gesucht
"Die grobe Nachlässigkeit von Register.com führte zu einer illegalen und boshaften Änderung des Domain-Namens von Baidu", heißt es darin. Viele Nutzer hätten stundenlang nicht auf ihre Suchmaschine zugreifen können, was großen Schaden für Baidu verursacht habe. Informierte Kreise berichteten, Baidu suche jetzt einen neuen Verwalter für seine Web-Adresse.
Cyberangriff von unbekannter Gruppe
Die Suchmaschine war am 12. Jänner Opfer eines Angriffs von Crackern geworden, die sich "Iranische Cyberarmee" nannten und auch eine iranische Flagge auf der Suchseite platzierten. Es war der schwerste Angriff seit der Gründung im Jahr 1999. Die Identität der Cracker ist unbekannt. Doch stand eine solche Gruppe auch hinter einem Angriff auf Twitter, der den Kurznachrichtendienst im Dezember lahmgelegt hatte. Der Iran wies Spekulationen über eine Verbindung der Cracker zu iranischen Regierungsstellen zurück.
Der Angriff auf Baidu hatte zwar nichts mit den Attacken auf Google zu tun, die angsepannte Lage zwischen China und den USA wird dadurch allerdings sicherlich nicht entschärft.
Gespräche zwischen USA und China
Die US-Regierung forderte von China weitgehende Aufklärung der Attacken auf Google, die den US-Internet-Konzern veranlasst hatten, sein China-Geschäft insgesamt auf den Prüfstand zu stellen und sich vor allem nicht mehr der Zensur beugen zu wollen.
Wegen der Angriffe auf Google, die dem Unternehmens zufolge aus China gekommen sein sollen, gab es nach US-Angaben schon mehrere Treffen zwischen der US-Regierung und chinesischen Behörden. "Es ist jetzt klar, dass China die Anschuldigungen von Google bestreitet. Aber wir glauben, dass die Chinesen in der besten Position sind, das zu erklären - und wir fordern von ihnen eine Erklärung", sagte der US-Außenstaatssekretär für Ostasien, Kurt Campbell, nach Angaben der US-Botschaft in Peking. Die USA nähmen die Sache "sehr ernst".
Obama: "Meinungsfreiheit als universelles Recht"
In einem Hinweis auf die darüber hinausgehende Auseinandersetzung über Zensur im chinesischen Internet verwies Campbell in Washington darauf, dass US-Präsident Barack Obama bei seinem Besuch in China hervorgehoben habe, "dass die Meinungsfreiheit im Internet, darunter der freie und offene Zugang zum Netz, ein universelles Recht ist, das allen Menschen zur Verfügung stehen müsse, egal ob sie in den USA, in China oder in einem anderen Land sind".
Die Kontroverse hat bereits Konsequenzen auf die Geschäfte von Google in China. Wegen der unsicheren Zukunftsaussichten verschob das Unternehmen die eigentlich für Mittwoch geplante Einführung von zwei Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android. Sollte sich der Konzern vom chinesischen Markt zurückziehen, wäre damit auch eine Reihe von Google-Diensten in Gefahr, auf die die multifunktionalen Handys zurückgreifen. Die Verschiebung trifft auch Googles Partner Samsung und Motorola, die die Geräte herstellen.
"Keine Ausnahme für Google"
Die Forderung Google, seine Suchergebnisse in China künftig ohne Selbstzensur zu zeigen, lehnte die Regierung in Peking ab. Es könne "keine Ausnahme" geben. Das Unternehmen müsse sich an chinesische Gesetze halten. Baidu ist in China mit einem Anteil von 63 Prozent Marktführer vor Google, das nur auf 33 Prozent kommt.
(dpa)