© Reuters/Phil Noble, Person sitzt vor Computerbildschirm, an dem Nacktscanner-Bilder ausgewertet werden

Röntgen-Nacktscanner in Österreich verboten

KONTROLLE
25.01.2010

Nur aktiv strahlende Körperscanner, die alle Körperdetails abbilden, können in Unterhosen eingenähten Sprengstoff sichtbar machen. Die Aufbringung von Röntgenstrahlen auf den menschlichen Körper ist in Österreich jedoch nur zu medizinischen Zwecken erlaubt. Im Innenministerium setzt man auf "Beobachten und Abwarten".

Die in diversen europäischen Innenministerien und unter europäischen Politikern grassierende Forderung?welle zum Einsatz von Nacktscannern ist am Innenministerium offenbar vorbeigegangen. Die Vorgehensweise des Ministeriums in dieser Angelegenheit stehe unter der Devise "Beobachten und Abwarten", sagte Ministeriumssprecher Rudolf Gollia zu ORF.at.

Diese Forderungen nach Einführung neuer Scan-Technologien seien nicht "national bestimmt, sondern sie laufen auf europäischer Ebene", allfällige Entscheidungen würden hierzulande jedenfalls "maßhaltend und verhältnismäßig" umgesetzt.

Bis ans "Eingenähte"

So einfach wie von der Industrie gern dargestellt liegen die Dinge nämlich nicht. Die etwa in Holland bereits in Verwendung befindlichen, passiven Millimeterwellen-Scanner haben zwar den Vorteil, dass keinerlei Strahlenbelastung entsteht.

Es wird - verkürzt gesagt - die Eigenabstrahlung des Körpers gemessen, in der Kleidung verborgene Gegenstände werden dabei in ihren Konturen sichtbar. Bis "ins Eingenähte" der Unterhose - wie im Fall des gescheiterten Bombenattentäters - sieht so ein Passivscanner nur dann, wenn dort ein handfester Gegenstand versteckt ist, etwa einer aus Metall.

Die meisten jener Scanner, die Körperkonturen bis ins intimste Detail abbilden, also auch Gegenstände weitaus genauer erkennen lassen können, arbeiten jedoch mit Röntgenstrahlen. Die dabei pro Passagier verwendeten Dosen sind zwar sehr ger?ng, das Sicherheitspersonal ist diesen Strahlen aber während der Arbeit ständig ausgesetzt, also bedarf es abschirmender Sicherheitsmaßnahmen.

Umgehung mit einfachen Tricks

Der Wiener Physiker Werner Gruber demonstrierte vor laufender Kamera, wie sich Passivscanner des Herstellers ThruVision, die unter anderem im Amsterdamer Flughafen Schiphol eingesetzt werden, austricksen lassen. Gruber brachte ein Schweizermesser, drei kleine Flaschen Thermit, eine Eprouvette und einen Zünder an den Sicherheitskontrollen vorbei. In Schiphol kam Umar Farouk Abdulmutallab, der verhinderte Attentäter von Detroit, durch die Kontrollen, allerdings ohne einen der dort befindlichen Scanner passiert zu haben.

Röntgen verboten

Gering oder nicht: In Österreich ist nach geltendem Recht der Beschuss menschlicher Körper mit Röntgenstrahlen zu anderen als zu medizinischen Zwecken schlicht verboten.

"Röntgenscanner können in Österreich derzeit nicht verwendet werden, denn davor müsste das Strahlungsgesetz verändert werden", sagte Gollia zu ORF.at.

Bleiben noch aktive Millimeterwellen-Scanner. Diese arbeiten anders als die Röntgenstrahlen-Geräte mit nicht-ionisierten Wellen.

Teure Millimeterwellen-Scanner

Über deren unerwünschte Nebenwirkungen ist wenig bekannt, zumal die momentane Wissenslage über die Frequenzbereiche ab 100 GHz über die Terahertz-Strahlung bis hinauf zum unteren Infrarotbereich durchwegs bescheiden ist.

Es ist ein Teil des Spektrums, von dem man in erster Linie weiß, dass damit bis jetzt relativ wenig Praktisches anzufangen war. Die dort arbeitenden Scanner aber haben mit allen anderen eines gemein: Sie sind allesamt nicht eben billig.

Kosten und Nutzen

Der Anschaffungspreis von rund 150.000 Euro pro Gerät ist nur ein Teil der Kosten, die anfallen. Dazu kommen noch die Schulung des Bedienungspersonals und die bei derart komplexen Geräten unvermeidlichen Wartungsverträge mit den Herstellerfirmen.

Diese Kosten werden entweder von den Flugpassagieren direkt oder von allen Steuerzahlern getragen. "Es ist ein ewiges Gezerre um diese Sicherheitskosten", sagte die EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger (Grüne) zu ORF.at.

Es gebe dabei ganz unterschiedliche Modelle. In Großbritannien zum Beispiel übernehme der Staat einen Teil der Sicherheitskosten für die Flughäfen. In anderen Ländern wie in Österreich seien diese Kosten Teil der Flughafengebühren, die auf den Ticketspreis aufgeschlagen werden.

Mehr zum Thema:

Auf dem Markt bereits erhältliche Millimeterwellenempfänger können vorbeigehende Personen elektronisch "ausziehen", ohne dabei aufzufallen oder Strahlung abzugeben. Prototypen, die aus zehn und mehr Meter Entfernung funktionieren, wurden schon Ende 2009 vorgestellt.

Tricks mit den Sicherheitskosten

Man habe schon den Eindruck, so die Verkehrsexpertin, dass da "Overhead-Kosten über die Sicherheitsschiene abgewickelt werden". Ihre diesbezügliche Anfrage im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments harre seit vier Jahren einer Antwort.

Lichtenberger ist "Schattenberichterstatterin" ihrer Fraktion für einen aktuellen Bericht des parlamentarischen Ausschusses für Verkehr in Brüssel zum Thema Flugsicherungsgebühren ("Aviation security charges").

Berichterstatter ist ein weiterer Österreicher, der Abgeordnete Jörg Leichtfried (SPE), dessen Dossier zu diesem Thema am 23. März im Verkehrsausschuss behandelt wird. Mehr zum Stand dieser Analyse, die eben auch mögliche versteckte Subventionen nationaler Airlines auf EU-Ebene untersucht, im nächsten Teil der Serie.

(futurezone/Erich Moechel)