AK: Tarifprobleme im mobilen Breitband
Rund 75.000 Konsumenten haben sich im Jahr 2009 mit Beschwerden über Internet- und Telefongeschäfte an die Arbeiterkammer (AK) gewandt. Stark zugenommen haben vor allem Probleme mit den mobilen Internet-Tarifen. Aber auch der österreichische Tarifdschungel für Telefonverträge und unlautere Werbemethoden sorgten häufig für Unmut.
Waren es 2008 noch 30.000 Fälle, so gab es 2009 40.000 Anfragen zu überraschend hohen Rechnungen für mobile Internet-Zugänge. "Die steigende Internet-Abzocke war 2009 am auffälligsten", sagte Harald Glatz, Leiter der AK-Abteilung Konsumentenpolitik, bei einer Pressekonferenz der AK Wien am Dienstag. "Die Verbraucher wissen oft nicht, was auf sie zukommt."
Das betreffe insbesondere mobile Internet-Produkte, die ein pauschaliertes monatliches Datentransfervolumen beinhalten. Im Herbst habe eine AK-Erhebung ergeben, dass innerhalb der Pauschale zwischen 0,1 und zwei Cent pro MB verrechnet würden, während bei Überschreiten des Datenlimits die Kosten auf bis zu 25 Cent pro MB ansteigen würden.
Warnung vor Überschreiten
In der Regel könne der Kunde das verbrauchte Datenvolumen auf der Website des Internet-Anbieters abrufen, "aber oft wird nur im 24-Stunden-Rhythmus aktualisiert", kritisierte Daniela Zimmer, IT-Experten in der AK-Konsumentenpolitik-Abteilung. Zudem würden nur drei von sieben Anbietern per SMS warnen, wenn das monatliche Datenvolumen ausgeschöpft worden sei, nämlich mobilkom, T-Mobile und Yesss.
Zimmer verlangt, die Kostenkontrolle von Internet-Tarifen im Telekomgesetz zu regeln. Verpflichtende Warn-SMS, E-Mails oder aufgehende Pop-ups knapp vor Überschreiten des monatlichen Datenvolumens sollten verpflichtend sein. Zudem sollten Betreiber ein kostenloses Sperrservice ab Erreichen eines individuell festlegbaren Höchstbetrags anbieten.
Kritik an niedriger Breitbandgeschwindigkeit
"Ab März 2010 müssen laut EU-Roaming-Verordnung die Anbieter von mobilem Internet im EU-Raum ein Sperrservice bei 50 Euro einrichten", sagte Zimmer gegenüber ORF.at. Eine solche Sperre solle es auch für Tarife innerhalb Österreichs geben.
"Ein weiterer häufiger Streitpunkt ist, dass die Geschwindigkeit bei mobilen Internet-Verbindungen oft nicht den Erwartungen der Kunden entspricht", so Zimmer. Die Expertin verwies in diesem Zusammenhang auf einen AK-Test aus dem Jahr 2008, der durchschnittliche Download-Geschwindigkeiten von 1.000 KB pro Sekunde ergeben habe. Die Mobilfunker hätten aber Geschwindigkeiten von 3.600 KB/s versprochen, diese hätten im Test nie erzielt werden können.
Problem Tarifdschungel
Das häufigste Ärgernis in Österreich sei nach wie vor der Tarifdschungel. 2009 waren sogar noch mehr Tarife auf dem Markt als 2008. Bei Handyverträgen konnte der Kunde laut AK-Test zwischen 67 Tarifmodellen - inklusive Wertkarten - wählen; 2008 waren es noch 50 Angebote. Im Bereich Internet waren es 87 (2008: 88) und bei Festnetzangeboten 34 (2008: 29). Nicht berücksichtigt wurden Tarife regionaler Anbieter, die die Palette noch stärker erweitern würden.
Für den Verbraucher verwirrend seien auch die ständig wechselnden Tarifmodelle. "Heute gibt es keinen einzigen Privatkundentarif mehr, den es von 2004 bis 2007 gab", beklagte Zimmer. "Die Tarife treten immer wieder in einem neuen Kleid auf und beanspruchen damit die Aufmerksamkeit der Kunden."
Bindungsdauer: Erstmals 36 Monate
Beklagenswert sei im Mobilfunkbereich auch die Entwicklung im Bereich der Bindungsdauer. "2009 gab es erstmals ein Angebot mit einer Bindungsdauer von 36 Monaten", so Zimmer. Damit könne der Verbraucher nicht mehr von Preissenkungen profitieren und begebe sich häufiger in eine Schuldenfalle. Als Beispiel nannte Zimmer Alleinerzieher, die nach der Scheidung die Kosten für die gebundenen Handyverträge der Kinder weiterbezahlen müssten.
"Längerfristige Verträge sind nur erlaubt, wenn dem Kunden dadurch ein besonderer Vorteil erwächst", erklärte Zimmer. Bei vorzeitiger Auflösung müsse ein gewährter Vorteil vom Kunden zurückbezahlt werden. "Das müsste vom Anbieter aber auch so deklariert werden", meinte Zimmer. Häufigste Praxis sei, dass der Kunde bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung die restlichen Grundentgelte zahlen müsse, um aus dem Vertrag aussteigen zu können. "Wesentliche Forderung ist, dass die Bindungsdauer verkürzt und die Grundentgeltsfortzahlung gestoppt wird", so Zimmer.
Mehr Transparenz bei Mobilfunkerwerbung
Mehr Transparenz und Vergleichbarkeit im Werbebereich der Mobilfunkbieter seien ebenso wünschenswert. Immer wieder komme es zu Problemen, weil Wichtiges in den Fußnoten versteckt werde - wobei auch mit Tricks wie besonders kleinen Schriftgrößen gearbeitet werde. In einem kürzlich abgeschlossenen AK-Verfahren habe das Gericht etwa einen Vertrag für ungültig erklärt, "weil im Kleingedruckten mangelnde Kontrastfarben verwendet wurden", so Zimmer.
Auch gegen "Blickfangwerbung" habe die AK kürzlich vor dem Oberlandesgericht Recht bekommen. Die vom heimischen Mobilfunkanbieter Orange geführte Werbeaktion "Hallo Europa" habe suggeriert, dass gegen eine Grundgebühr unlimitiert telefoniert werden könne. Das sei jedoch für den Konsumenten irreführend gewesen. Tatsächlich sei das Angebot mit 1.000 Freiminuten beschränkt gewesen. Das habe zu einigen Problemfällen geführt.
Werbeanrufe mit Folgen
"Mein persönliches Topthema im Jahr 2009 waren die unerbetenen Werbeanrufe", sagte Zimmer. Leider mündeten diese vor allem bei "hochbetagten" Menschen immer wieder in Vertragsabschlüsse. Generell sei unerbetene Telefonwerbung ohne vorherige Zustimmung des Konsumenten in Österreich nicht erlaubt, dennoch gebe es auffallend viele Beschwerden vor allem gegen Lotto-Tippgemeinschaften und Eintragungsservices für Gewinnspiele.
"Verträge, die durch Werbeanrufe zustande kommen, sollen unwirksam sein", fordert Zimmer. Diese Regelung sei auch im Koalitionsvertrag niedergeschrieben, "müsste aber auch rasch umgesetzt werden", meinte die AK-Expertin.
Online-Rechnungen vs. Papierrechnungen
Zimmer sprach auch die Online-Rechnungen an, die von den Telekomanbietern forciert würden. "An sich ist nichts dagegen einzuwenden, jedoch gibt es Verbrauchergruppen, die nach wie vor die Papierrechnung per Post haben wollen", so Zimmer. Anbieter würden den Postversand immer öfter verrechnen. "Die gesetzliche Bestimmung lautet, dass Kunden einen kostenlosen Anspruch auf den Einzelgesprächsnachweis haben", erklärte Zimmer.
Die Anbieter würden deshalb Standardrechnungen, also ohne genaue Gesprächsauflistungen, versenden, um damit die Postgebühren dem Kunden in Rechnung stellen zu können. Die AK empfiehlt, auch beim Postversand den Einzelgesprächsnachweis zu verlangen, damit keine Kosten verrechnet werden. Zudem fordert die Kammer, auch den Versand von Standardrechnungen künftig kostenfrei zu machen.
~ Link: Handywerbung: Fallen oft im Kleingedruckten (../http://www.fuzo-archiv.at/?id=1636885v2) ~
~ Link: AK für klare Preisangaben im Internet (../http://www.fuzo-archiv.at/?id=1629329v2) ~
~ Link: Kostenfallen bei mobilem Internet (../http://www.fuzo-archiv.at/?id=1628539v2) ~
(futurezone/Claudia Glechner)