Koalitionsstreit über Data-Retention geht weiter

KONTROLLE
29.01.2010

Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) will einen neuen Anlauf gegen die Vorratsdatenspeicherung (Data-Retention) auf EU-Ebene. Bures fordert von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) und Justizministerin Claudia Bandion-Ortner einen entsprechenden Vorstoß im zuständigen Rat der Innen- und Justizminister.

Den von Datenschützern auch aus ihrer Partei geforderten Alleingang Österreichs zur Verweigerung der Vorratsdatenspeicherung lehnt Bures allerdings ab: Für den Fall, dass ein neuer Anlauf auf europäischer Ebene scheitert, müsse Österreich ein Gesetz vorbereiten, um Strafzahlungen zu verhindern.

Die EU-Länder hatten sich 2006 auf die Einführung der Vorratsdatenspeicherung geeinigt. Die Richtlinie sieht vor, dass sämtliche Telefon-, Internet- und E-Mail-Verbindungen für mindestens sechs Monate gespeichert werden müssen - und zwar auch ohne konkreten Tatverdacht gegen die Betroffenen. Irland war beim Beschluss überstimmt worden und wandte sich daraufhin an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Grund: Um das Veto eines einzelnen EU-Landes zu verhindern, war die Richtlinie nicht im Rahmen der EU-Justizpolitik beschlossen worden (hier wäre ein Veto möglich gewesen), sondern als Mehrheitsbeschluss im Rahmen der EU-Binnenmarktregeln.

Druck auf ÖVP-Ministerinnen steigt

Der EuGH wies die irische Beschwerde allerdings im Februar 2009 ab. Weil Österreich die Vorratsdatenspeicherung bis dahin nicht umgesetzt hatte, kündigte die EU-Kommission im April ein Vertragsverletzungsverfahren an. Mit dem Ergebnis - voraussichtlich einer Verurteilung - rechnet das Infrastrukturministerium im April.

Von Fekter und Bandion-Ortner forderte Bures am Freitag aber einen neuen Anlauf zur Reform der Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene. Die ÖVP-Kolleginnen sollten im Rat der Innen- und Justizminister "deutlich dafür eintreten, die Richtlinie und die betreffenden grundrechtlichen Fragestellungen angesichts der Entwicklungen in den letzten Monaten noch einmal einer Erörterung zuzuführen", so Bures in einer Aussendung.

Mündliche Verhandlung vor EuGH

Außerdem will Bures eine mündliche Verhandlung vor dem EuGH beantragen, um dort noch einmal die Grundrechtsbedenken gegen die pauschale Speicherung sämtlicher Telekomverbindungen zu deponieren. Sie verwies darauf, dass die Verfassungsgerichte in Rumänien und Bulgarien die Vorratsdatenspeicherung mit Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aufgehoben hätten. In Deutschland steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch aus.

In den Ministerrat einbringen will Bures die im Telekommunikationsgesetz geregelte Vorratsdatenspeicherung allerdings erst, wenn auch die Begleitgesetze von Justiz- und Innenministerium vorliegen. Die beiden Ressorts müssen in der Strafprozessordnung und im Sicherheitspolizeigesetz die Bedingungen festlegen, unter denen die Behörden auf die gespeicherten Telefon- und Internet-Daten zugreifen dürfen.

Die Ministerien haben in ihren Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf dafür plädiert, die Schwellen für den Zugriff auf die Vorratsdaten durch die Polizei möglichst niedrig anzusetzen. Das Justizministerium sprach sich auch dafür aus, die Daten, die eigentlich zur Aufklärung von Terroranschlägen erhoben werden sollen, zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet einzusetzen.

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(APA)