© Screenshot: ORF.at, Plakat: Flüssigkeiten im Handgepäck

Scanner treiben Flugkosten in die Höhe

AVIATION
01.02.2010

Auf Flughäfen ohne zentralisiertes Sicherheitssystem wie Wien-Schwechat sieht der EU-Abgeordnete Jörg Leichtfried (SPE) "sehr hohe Kosten" zukommen. Dabei geht es nicht nur um die umstrittenen Nacktscanner. Richtig teuer wird nämlich die für 2012 bereits fix beschlossene Einführung von Flüssigkeitsscannern.

Die laufende Debatte über die Einführung der Nacktscanner auf Flughäfen dreht sich nicht nur um den Aspekt der Privatsphäre. Die kolportierten Kosten von 150.000 Euro pro Gerät sind ebenfalls ein Thema, zumal sie nur ein kleiner Teil jener Summe sind, die auf die Flughafenbetreiber und damit auf die Passagiere zukommt.

Wie überall, wo neue Technologien in den Alltag vordringen, ist es mit den bloßen Anschaffungskosten nicht getan. Der Käufer muss auch Wartungsverträge mit den Herstellern abschließen und Schulungen für das Personal organisieren. Und während es noch nicht sicher ist, wie und in welchem Ausmaß derartige Geräte auf europäischen Flughäfen aufgestellt werden, kommt eine andere Art von Scanner ganz bestimmt.

Überhöhte Gebühren

Leichtfried verfasst für das Parlament einen Bericht zum Thema "Aviation Security Charges", der am Donnerstag im Verkehrsausschuss disktutiert wurde. Dabei gehe es um "Kostenwahrheit und Transparenz" bei den Sicherheitsgebühren, sagte Leichtfried zu ORF.at. Die machen jetzt schon einen wesentlichen Anteil der Flughafengebühren aus, Tendenz stark steigend.

Sowohl die Fluglinien wie die Flughafenbetreiber stellen den Passagieren Sicherheitskosten in Rechnung, wobei es sich laut Leichtfried "um ziemlich überhöhte, sehr unterschiedliche Gebühren handelt".

Wer bezahlen wird

Die Finanzierung der Sicherheitsmaßnahmen auf Flughäfen wird in den EU-Staaten ganz unterschiedlich angegangen. Während ?n Großbritannien zumindest Teile des dafür nötigen Apparats staatlich finanziert werden, werden in anderen Ländern diese Gebühren direkt und vollständig an den Fluggast weitergegeben.

So auch in Österreich, wo dieses "User-based Principle" praktiziert wird. Im Falle der Nacktscanner würde das bedeuten, dass jeder Flugreisende an den Kosten beteiligt ist, was letztlich nichts anderes als eine Preiserhöhung für Flüge bedeutet. Eine weitere Kostenwelle aber steht unmittelbar bevor, denn die Einführung der Flüssigkeitscanner ist bereits beschlossene Sache.

Die Nacktscannerdebatte

Nur aktiv strahlende Körperscanner, die alle Körperdetails abbilden, können in Unterhosen eingenähten Sprengstoff sichtbar machen. Die Aufbringung von Röntgenstrahlen auf den menschlichen Körper ist in Österreich jedoch nur zu medizinischen Zwecken erlaubt. Im Innenministerium setzt man auf "Beobachten und Abwarten".

Neue Regeln fürs Handgepäck

Die 2006 eingeführten Flüssigkeitsbeschränkungen für das Handgepäck sind unbeliebt. Im Herbst 2009 gab die EU-Kommission bekannt, dass sie die Beschränkungen gerne wieder lockern würde - vorausgesetzt, es gebe eine technische Lösung, mit der schädliche Flüssigkeiten im Handgepäck zuverlässig entdeckt werden könnten.

Auf Anfrage von ORF.at sagte Fabio Pirotta, Sprecher des für Transportangelegenheiten zuständigen Kommissars Antonio Tajani, man arbeite derzeit hart an neuen Regeln, die in Kraft treten sollen, wenn die alten Sicherheitsbestimmungen im April 2010 auslaufen.

Bei den Flüssigkeitsscannern kommen andere Technologien zum Einsatz als bei den Körperscannern. Die Flüssigkeiten werden von den Scannern mit elektromagnetischer Strahlung "abgetastet", anhand von Dichte und Reflexion messen die Geräte, welche Substanzen in ihnen enthalten sind.

Verglichen mit diesen Geräten, die nach dem Willen der Kommission ab 2012 eingesetzt werden sollen, sind die Nacktscanner nachgerade zu einem Schnäppchenpreis zu haben. Die Kosten für die Flüssigkeitsscanner würden momentan auf eine Million Euro pro Stück geschätzt, sagte Leichtfried, damit kämen gerade auf Flughäfen wie Schwechat, die über "k?in zentral organisiertes Sicherheitssytem verfügen, sehr hohe Kosten zu".

Die Scannertypen

Die Scanner des US-Herstellers Sencion etwa messen die "relative Dielektrizitätskonstante und den Volumenswiderstand" der Flüssigkeiten. Mit welcher Art elektromagnetischer Wellen die Flaschen von diesem etwa laptopgroßen Gerät beschossen werden, verrät die Website des Herstellers allerdings nicht. Über die Treffergenauigkeit erfährt man ebenso wenig Genaueres, einzig dass es wenige falsche Treffer geben soll.

Die Konkurrenz um das zu erwartende Riesengeschäft ist nämlich groß. Der britische Hersteller Kromek, dessen Geräte gerade auf dem Flughafen Newcastle getestet werden, hat zwei Serien im Programm, die wesentlich andere Dimensionen als ein Laptop aufweisen. Hier wird multispektral gescannt, wobei die Kernkomponente aus Kadmium-Tellurid-Kristallen besteht, die auf Galliumarsenid gezüchtet werden.

"Ultraschwachfeld-Magnetresonanz"

Nicht viel weniger kompliziert ist die am Los Alamos National Laboratory entworfene "Ultraschwachfeld-Magnetresonanztechnik" (Ultra-Low Field Magnetic Resonance Imaging, "MagViz").

Hier kommen Magnetfelder zum Einsatz, deren Stärke gerade ein Millionstel der herkömmlichen Magnetresonanztomographen beträgt. Eigentlich wurde die Technologie für die Hirnforschung entwickelt, um die Abstrahlung schwacher Magnetfelder aus bestimmten Hirnregionen nachzuweisen.

Die Rechnung

Logischerweise erhöht sich dadurch die Anzahl der benötigten Geräte. Anders als Nacktscanner, die ein optionales Zusatzkontrollmittel darstellen, muss die Flüssigkeitsanalyse flächendeckend funktionieren. Die Ziele, Steigerung des Flugaufkommens durch mehr Komfort für die Passagiere und wieder mehr Umsatz für die Airport-Shops, können nämlich nur dann erreicht werden.

Nicht nur für Wien-Schwechat sieht der Abgeordnete Leichtfried ein Problem, sondern vor allem für kleinere Flughäfen wie etwa Salzburg, die diese Maßnahmen vorfinanzieren müssten. Hier müsste das System der "ausgleichenden Sicherheitsfinanzierung" ansetzen, sagte Leichtfried.

Übersetzt heißt das: Nicht die Fluggäste werden die neuen Sicherheitsmaßnahmen bezahlen, sondern alle Steuerzahler.

(futurezone/Erich Moechel)