© Screenshot: ORF.at, Acta-Site der EU-Kommission

Diskussionsprotokoll zu ACTA veröffentlicht

KONTROLLE
09.02.2010

Im Rahmen einer Veranstaltung im Jänner haben Schweizer Unterhändler einen Einblick in die geheimen Verhandlungen über das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA gewährt. Die Schweizer Piratenpartei hat nun ein Protokoll der Diskussion ins Netz gestellt.

Wie die Schweizer Organisation Digitale Allmend am Dienstag mitgeteilt hat, hat Denis Simonet, Präsident der Piratenpartei Schweiz, ein umfangreiches Protokoll einer Informationsveranstaltung zu ACTA veröffentlicht, das im Jänner am eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) in Bern stattgefunden hat. Das Dokument reflektiert den Stand der Verhandlungen vor dem 7. ACTA-Treffen im mexikanischen Guadalajara.

Seitens des IGE nahmen Felix Addor, Stellvertretender Direktor des Instituts, Mathias Schäli und Jürg Herren an der Diskussion teil. Die Fragen wurden von Vertretern der Piratenpartei Schweiz, der Digitalen Allmend, der Swiss Internet User Group (SIUG) und Industrievertretern gestellt. Das Dokument ist insofern bemerkenswert, als dass es einen Einblick in die während der vergangenen zwei Jahre vor der Öffentlichkeit geheim gehaltenen Verhandlungen erlaubt - und dass sich Unterhändler überhaupt kritischen Fragen der Öffentlichkeit stellen, ein Aspekt, den vor allem EU und USA bisher vernachlässigt haben.

Verantwortlichkeit der Provider

Aus den Antworten der Unterhändler auf die Fragen der Industrie geht hervor, dass vor allem die Vereinigten Staaten massiven Druck auf die anderen Teilnehmer ausüben, um ihre Vorstellungen von Copyright-Gesetzgebung durchzusetzen. So geht es in den ACTA-Verhandlungen auch darum, dass Diensteanbieter im Netz für die Inhalte auf ihren Plattformen verantwortlich gemacht werden sollen. Hier liege ein entsprechender Vorschlag der USA vor, der aber nicht nur - wie bisher von Konsumentenschützern befürchtet - die Zugangsanbieter umfasse, sondern auch Diensteanbieter wie die Handelsplattform Ricardo.ch und eBay.

Was Internet-Sperren bei Urheberrechtsverletzungen alias "Three Strikes"und die mittelbare Verantwortlichkeit von Providern angeht, so hätten die USA einen Vorschlag mit "hohem Detailgrad" gemacht, der "eher an die amerikanische Gesetzgebung als an gebräuchliche Formulierungen von internationalen Abkommen" erinnere.

Hier sei aber noch kein konkreter Vorschlag auf dem Tisch. Auch was die Maßnahmen gegen das "Camcording", also das Aufnehmen von Kinofilmen mit Digitalkameras, angehe, sei man dabei, eine entsprechende Bestimmung in den Verhandlungen zu diskutieren. Generell gehe es aber eher darum, geltende Copyright-Bestimmungen durchzusetzen, als neue Gesetze zu schaffen.

Geheime Verhandlungen

Von der Piratenpartei auf die herrschende Geheimhaltung angesprochen, sagten die Vertreter des IGE, dass man nicht von "geheimen Verhandlungen" sprechen könne, da Zweck und Inhalt derselben ja bekannt seien.

Bis Dezember 2009 sei außerdem noch kein konsolidiertes Dokument des Verhandlungstextes vorgelegen. Auch dieses Dokument sei noch nicht "weit genug", es gebe noch "keinen fixen Verhandlungstext". Angesprochen auf die Enthüllung seitens der US-Bürgerrechtsorganisation Knowledge Ecology International (KEI), nach der in den Vereinigten Staaten die Lobbyorganisationen der Medienindustrie penibel genau über den Fortgang der Gespräche informiert werden würden, während die Öffentlichkeit darüber systematisch im Dunklen gelassen werde, sagten die IGE-Vertreter, dass dies Angelegenheit der USA sei. Die Schweiz bemühe sich gemeinsam mit Schweden darum, mehr Transparenz in die Verhandlungen zu bringen.

Dass die Verhandlungen bis Ende 2010 zu einem Abschluss kommen könnten, wie von den Teilnehmern geplant, halten die Vertreter der Schweiz für "ambitiös und unrealistisch". Eigentlich hätte das Abkommen bereits 2009 abgeschlossen werden sollen. Die nächste Verhandlungsrunde wird im April in Neuseeland stattfinden.

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