App Stores: Nicht alles, was glänzt, ist Gold
"App Store" lautet eine der Beschwörungsformeln auf der Handymesse Mobile World Congress (MWC) in Barcelona. In einer eigenen Halle buhlen Handyhersteller, Mobilfunker und Systemanbieter wie Google um die Aufmerksamkeit der Entwickler. Diese haben nun die Qual der Wahl, denn nicht jeder Ansatz bringt Erfolg und Geld.
Der Pavillon der "App World" ist auf dem Messegelände in Barcelona auf der dritten Etage und damit weit hinten platziert und ziemlich gut versteckt. Dennoch strömen die Besuchermassen dorthin. Kein Wunder, versprechen sich von Anwendungen auf Mobiltelefonen doch alle das große Geld. Und jeder will ein Stück vom Kuchen haben. Über 30 Online-Geschäfte mit Software-Angebot für Mobiltelefone, App Stores, sind mittlerweile verfügbar oder wurden zumindest angekündigt.
Viele große und kleine Player sind an Ort und Stelle, wie Research in Motion (RIM) mit seinem BlackBerry, Intel mit Moblin (neu: MeeGo), Sony Ericsson, Qualcomm mit seiner Plattform "Brew" und auch Google sowie seine jüngste Übernahme AdMob, Anbieter von Werbung auf mobilen Geräten. Sie alle versuchen, für ihren jeweiligen Ansatz bei Entwicklern und Fachbesuchern die Werbetrommel zu rühren. Google verschenkte sogar sein Android-Handy Nexus One an alle Entwickler, die eine seiner Sessions besuchten.
Verteilung 70:30 als Basis
Die Geschäftsmodelle der verschiedenen Online-Shops scheinen sich auf den ersten Blick nicht grundlegend zu unterscheiden: Apples 70:30-Modell (der größere Anteil ist für den Entwickler) wird auch von Google und Intel (bei seiner Moblin-Plattform) praktiziert, BlackBerry bietet den Entwicklern 80 Prozent. Allerdings gehe es nicht um den Prozentanteil, sagt Markus Nigrin, Entwickler von Spielen und Anwendungen für iPhone, Android und BlackBerry. "Wichtig ist, wie viele Apps ich pro Tag verkaufe."
Der Verkauf wiederum hängt einerseits von der Verfügbarkeit des jeweiligen Shops und der Geräte beziehungsweise Nutzer ab, die darauf zugreifen können, aber auch davon, wie weit der Shop schon entwickelt und etabliert sei, sagt Nigrin. Apples App Store sei etwa schon lange nicht mehr die Goldgrube, bei einigen hundert neuen Anwendungen und Spielen pro Tag und fast 160.000 verfügbaren Apps in Summe sei es mittlerweile schwierig, einen Hit zu landen beziehungsweise überhaupt die Aufmerksamkeitsschwelle zu erreichen. Natürlich sei es auch weiterhin möglich, dort mit einem neuen Programm ordentlich Geld zu machen, wie etwa der Erfolg des Spiels Doodle Jump gezeigt habe. Dafür sie jedoch vor allem Mundpropaganda notwendig, so Nigrin.
Spiele etwa seien auf Android noch völlig unterrepräsentiert. Hier sei das iPhone die bessere Plattform, und Apple grabe damit auch Nintendo das Wasser ab. Google kümmert sich laut Nigrin mittlerweile besser um Spiele auf Android.
Android Market ist noch im Aufbau
Beim Android Market sei es noch leichter, mit einer neuen Idee als Erster an den Start zu gehen und damit Geld zu verdienen, sagt Nigrin. Mit den zahlreichen angekündigten Android-Geräten wird sich zudem auch bald die Nutzerbasis stark verbreitern.
"Es war zäh am Anfang bei Android, aber mittlerweile legt der Markt zu. Als Entwickler muss ich mich fragen, wo kann ich einem halben Jahr sein?" Zwar sei der Umsatz auf dem iPhone derzeit höher, aber der Store sei auch früher gestartet. "Auf Android wird die Konkurrenz auch bald stärker."
Der Unterschied liegt im Preis
Wichtig ist natürlich auch der Preis für die einzelne App, hier gibt es doch entscheidende Unterschiede: Bei Apple habe sich laut Nigrin derzeit ein Preispunkt von 0,99 US-Dollar durchgesetzt, während er bei Android mit 1,99 Dollar doppelt so hoch sei. RIM setzte überhaupt 2,99 Dollar als niedrigsten Preispunkt für Kauf-Apps auf seiner Plattform fest, offenbar um sein Image als hochwertige Businessplattform nicht zu beschädigen. Der BlackBerry-Markt ist laut Nigrin nicht zu unterschätzen und kommt nach Apple und Android auf Platz drei.
Auch der Zeitpunkt der Einreichung sei wichtig, so der Entwickler. Gerade vor den Feiertagen wie Weihnachten und Valentinstag würden besonders viele Apps eingereicht, und der Prüfprozess von Apple dauere dann entsprechend lang. Umgekehrt sei nun ein guter Zeitpunkt, ein Spiel in Apples App Store zu veröffentlichen, sagt Nigrin, weil es eher bemerkt wird und sich auch länger in den Verkaufslisten halten kann.
Finanzierung über Werbung
Natürlich gibt es auf allen Plattformen auch kostenlose Apps, bei denen die Entwickler über Werbung Geld verdienen können. Je nach Jahreszeit einmal mehr und einmal weniger, erzählt Nigrin: "Im Dezember habe ich auf dem iPhone mit kostenlosen Apps mit Werbung mehr Geld verdient als mit Kauf-Apps." Im Jänner sei der Werbemarkt dann wieder auf ein Fünftel des Werts vom Dezember eingebrochen und das Verhältnis habe sich wieder umgedreht.
AdMob gibt 40 Prozent der Werbeumsätze in einer App an den Entwickler beziehungsweise Publisher ab, war beim Anbieter zu erfahren, wobei die Verteilung offenbar Verhandlungssache ist und auch von den tatsächlich erzielten Zugriffen abhängt. AdMob, jüngst von Google übernommen, bietet seinen Service übrigens auch auf Apples iPhones an, wie auch Googles AdSense-Programm, das für mobile Werbung bessere Konditionen als AdMob bieten soll. Auch auf Intels Moblin-Plattform ist eine Finanzierung über Werbung möglich.
Google siegt beim Support
Ein weiterer, wichtiger Punkt ist die Unterstützung von Seiten der Anbieter: Hier schlägt das Pendel laut Nigrin eindeutig zugunsten Googles aus, wobei Entwickler von allen Seiten immer stärker umgarnt werden. Google lege sich aber besonders ins Zeug, "während ich von Apple nur getreten werde". Google sei beim technischen Support viel offener, ein Kontakt deutlich einfacher als bei Apple.
Auch Mostafa Akbari von der Technischen Hochschule Aachen (RTW Aaachen) sieht in diesem Bereich einen klaren Vorteil für Android: "Die Entwicklung ist durch die Verwendung von Java einfacher und ein Test auf Markttauglichkeit, indem man das Spiel veröffentlicht, ist bei Android ebenfalls leichter." Bei der Länge von Apples Genehmigungsprozess sei mitunter schon das Semester zu Ende, bevor das Spiel überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt.
Das neue Windows für Handys sieht Akbari sehr positiv, wobei noch nicht klar sei, wie die Entwicklung dafür aussehen soll. Offen ist außerdem die Frage, ob man bereits bestehende Anwendungen ohne große Änderungen auf Microsofts nächster Handyplattform wird nutzen können. Microsoft vertröstet diesbezüglich auf seine Entwicklerkonferenz im März.
Mühsamer Weg zum Erfolg
Laut Nigrin ist es nicht einfach, mit Apps, egal auf welchem Gerät, wirklich Geld zu verdienen. Das berichten auch zahlreiche andere Anbieter. Natürlich gibt es immer wieder Erfolgsstorys. Viele Entwickler lassen sich davon locken und hoffen auf das große Geld. Ob das wirklich in den App Stores liegt, wird sich - wie so oft - erst mit der Zeit zeigen.
Fachbesucher eines Beratungsunternehmens zeigten sich ebenfalls unsicher, ob nicht "alles nur ein wahnsinniger Hype" ist beziehungsweise wie viel davon "Wahrheit und wie viel nachlaufen ist". Dass man mit Apps Geld verdienen kann, habe Apple gezeigt - nun lautet die Frage, inwieweit das Modell auch auf andere Anbieter umgelegt werden kann.
(futurezone/Nadja Igler)