HTC: Der Smartphone-Multi
Mit seinen Windows- und Android-Handys hat sich der taiwanesische Hersteller HTC 2009 auf Platz vier des weltweiten Smartphone-Markts vorgearbeitet. Für HTC-Chef Peter Chou ist es wichtig, den Kunden zuzuhören und auf ihre Wünsche einzugehen: "Wir müssen bescheiden sein und dürfen nicht glauben, dass wir immer alles wissen." Chou will sich bei den Mobilfunkern für niedrigere Datenroaming-Preise einsetzen.
Die Mobilfunkbranche ist üblicherweise nicht gerade für sanfte Töne bekannt. Schneller, besser, weiter - meist überschlagen sich die Anbieter geradezu mit Adjektiven. HTC scheint anders zu sein, und viel davon ist offenbar auf seinen Chef zurückzuführen, der seine Gesprächspartner mit leisen Tönen zu beeindrucken weiß.
Bei der Pressekonferenz und der Präsentation der neuen HTC-Geräte Legend, Desire und HD mini im Rahmen des Mobilfunkkongresses in Barcelona betonte Chou mehrmals, dass man als Hersteller bescheiden beziehungsweise demütig (humble) sein müsse. Im Gespräch mit ORF.at erklärte Chou gemeinsam mit seinem Kommunikationschef Jason Gordon, warum ein Teil des PR-Teams im Entwicklerteam der eigenen Benutzeroberfläche HTC Sense sitzt und wieso es mit dem Desire eine eigene HTC-Version von Googles "Superphone" Nexus One gibt.
ORF.at: Bei Ihrer Pressekonferenz haben Sie erklärt, dass direkt im Entwicklerteam von HTC Sense Presseleute sitzen, die aus Foren, Blogs, Kommentaren und Artikeln Feedback sammeln. Warum?
Chou: So können wir unseren Designern direkt zeigen, was die Kunden wollen und was nicht. Wir sind keine Firma, die einfach ihr Ding macht, wir wollen sichergehen, dass wir den Kunden auch zuhören. Wir wollen zudem eine Firma sein, bei der die Mitarbeiter mit einer gewissen Leidenschaft an ihre Arbeit herangehen. Sobald jemand das Gefühl hat, dass er sich beziehungsweise Hinweise und Feedback einbringen kann, wird er sich dieser Firma eher verbunden fühlen.
ORF.at: Viel von dem Feedback scheint in die neue Sense-Oberfläche eingeflossen zu sein, die unter anderem die Darstellung bei der Skalierung von Texten verbessert. Was genau erwarten die Leute eigentlich von Smartphones?
Gordon: Ein Punkt war zum Beispiel, dass die Leute unsere HTC-Sense-Oberfläche auf Googles Nexus One wollten - darum haben wir das Desire gebaut. Beim Touch Diamond haben wir ebenfalls auf die Wünsche der Kunden reagiert, die nicht erst eine Applikation öffnen wollten, um Neuigkeiten zu erfahren, und haben die Informationen daher an die Oberfläche gebracht. Chou: Innovation ist eine Reise, eine Kultur und keine einmalige Sache. Das versuchen wir auch in unserem Slogan "Quietly brilliant" auszudrücken. Das ist nicht nur ein guter Spruch, da steckt unsere ganze Philosophie dahinter. Es geht darum, große Dinge bescheiden zu tun. Wir müssen unseren Kunden zuhören und dürfen nicht glauben, dass wir immer alles wissen. Was heute genug ist, reicht in der Zukunft vielleicht nicht mehr. Daher ist es wichtig dranzubleiben.
Design bis ins letzte Detail: Auch das Innenleben des HTC HD mini soll laut HTC ansprechend sein.
ORF.at: Interessanterweise habe ich den Satz "Innovation ist eine Reise" auch von Nokia gehört.
Chou: Man kann das immer sagen, aber es ist wichtig, es auch zu tun. Sie müssen die Kultur leben, jeder Mitarbeiter muss wissen, worum es geht. Wir wollen nicht hinausschreien, dass wir die Experten sind, sondern zuhören und gute Arbeit leisten. Viele Firmen haben Vorstellungen, aber man muss auch Ergebnisse liefern.
ORF.at: Wenn ich ins Ausland fahre, kann ich oft viele Features eines Smartphones nicht nutzen, weil die Roaming-Gebühren für Daten so hoch sind. Inwieweit ist das bei Ihnen Thema?
Chou: Stimmt,die Preise sind zu hoch. Wir als HTC können dabei nur nicht viel tun, das ist Sache der Mobilfunker. Aber je mehr Feedback die Mobilfunker zu dem Thema bekommen, desto eher werden sie vielleicht umdenken. Persönlich glaube ich, dass die Preise mit der Zeit sinken werden. Das ist ein freier Markt, das bedeutet, es gibt Wettbewerb. Wenn einer damit anfängt, werden die anderen nachziehen. Es gibt Bewegung, etwa auf dem asiatischen Markt, aber meist nur zwischen einzelnen Ländern und nicht global. Ich werde aber mit den Mobilfunkern weiter reden und ihnen sagen, dass das für die Leute einfach eine schlechte Erfahrung ist.
ORF.at: Sie haben mit Notebooks angefangen - sind Tablets, als eine Art Rückkkehr zu den eigenen Wurzeln, für Sie ein Thema?
Chou: Wir schauen uns das laufend an, Wir haben damals mit Notebooks aufgehört, weil wir gesehen haben, dass wir mit den Marktführern nicht mithalten können. Wir konzentrieren uns nun auf den Smartphone-Bereich, wo wir etwas zu bieten haben. Es gibt bei HTC ein Innovationsteam, das sich laufend alles ansieht und auf sein Potenzial überprüft. Wenn wir sehen, dass wir in dem Bereich etwas Besonderes anbieten können, machen wir vielleicht ein Tablet, wir stellen sicher kein Mee-too-Produkt her. Derzeit haben wir aber nichts anzukündigen.
ORF.at: Wie ist das Verhältnis der verkauften Geräte mit Windows beziehungsweise Android?
Chou: Das können wir nicht sagen, denn einige unserer Partner sind da sehr empfindlich (lacht). Wir müssen sehr vorsichtig sein und dürfen keine Zahlen nennen. Gordon: Beide verkaufen sich gut. Das HTC Hero wurde gerade von der GSMA als bestes Gerät 2009 ausgezeichnet, unser HD2 ist so gefragt, dass wir derzeit einen Monat Lieferfrist haben. Und wir haben mit dem HD mini ja auch ein weiteres Windows-Mobile-Gerät hier vorgestellt.
HD mini: HD2 in verkleinerter Form
Das HD mini mit seinem 3,2 Zoll großen, kapazitiven Display (320 mal 480 Pixel) wird wohl eines der letzten, wenn nicht das letzte neue Gerät von HTC mit Windows Mobile 6.5 sein. HTC wird laut Chou trotz seiner Verbindung mit Google (HTC baute mit dem G1 für T-Mobile das erste Google-gebrandete Telefon und baut auch Googles "Superphone" Nexus One) Microsoft weiter verbunden bleiben. "Wir wollen auf beiden Plattformen Innovationen anbieten", so Chou im Gespräch mit weiteren Journalisten vor Ort. "Wir kennen und verstehen den Wert von Windows Mobile", HTC sei auf beiden Plattformen ein Longtime-Player. Bis 2013 wolle HTC zudem unter die Top Drei der Smartphone-Hersteller vorrücken.
Legend und Desire: HTCs Android-Handys
Derzeit beeindruckender als das HD mini sind die beiden Android-Geräte (2.1) Legend und Desire: Das Legend hat ein 3,2 Zoll großes, kapazitives AMOLED-Display (320 mal 480 Pixel) und ist aus einem Stück Aluminium gefräst, wobei der Akku vom Nutzer ausgewechselt werden kann. Das Unibody-Gehäuse macht das Gerät offenbar extrem stabil, zur Demonstration schlug HTC-Marketingchef John Wang das Legend ziemlich fest auf einen Tisch auf der Bühne.
Das Desire sei hingegen "das Superphone, auf das alle gewartet haben", so Wang - es hat wie das Nexus One ein 3,7 Zoll großes, kapazitives AMOLED-Display (480 mal 800 Pixel), einen ein GHz schnellen Snapdragon-Prozessor, mit 576 MB aber mehr Arbeitsspeicher als das Nexus One. Es hat wie das Legend und das HD mini die von HTC entwickelte Sense-Oberfläche in einer neuen Version. Sowohl Legend als auch Desire nutzen statt des Trackballs nun eine optische Maus, die sich im Test gut bedienen ließ, beide unterstützen zudem Flash (10.1). Auch sonst zeigten sich die Geräte im Test reaktionsschnell, die Sense-Oberfläche verleiht der Geräten zudem eine angenehm frische Optik.
Legend, Desire und das HD mini unterstützen UMTS mit bis zu 7,2 MBit/s Down- und bis zu zwei MBits/s Upload, haben eine 5-MP-Kamera mit Autofokus und Blitz, WLAN (b/g), Bluetooth, diverse Sensoren und einen digitalen Kompass an Bord, eine 3,5-mm-Klinke für Audioanschluss und nutzen einen Micro-USB-Stecker zum Aufladen. Trotz des geringfügig kleineren Akkus hält das Legend im Stand-by und bei Gesprächen länger durch als das Desire.
(futurezone/Nadja Igler)