© Kodak, Kodak-Videokamera

Kodak: Die Zukunft liegt im Sozialen Netz

FOTO
02.03.2010

Der rasante Umbruch von der analogen zur digitalen Fotografie hat den US-Fotokonzern Kodak hart getroffen. Nun versucht die Firma, mit kompakten Videokameras, Investitionen in Start-ups und Marketing im Sozialen Netz wieder auf Wachstumskurs zu gehen. ORF.at sprach mit Kodaks Marketing-Chef Jeffrey Hayzlett über Unterwassercams und Business-Microblogging.

Fotoprodukte des 1892 gegründeten US-Konzerns Eastman Kodak dienten Generationen als ständige Begleiter. So stark das Unternehmen im Zeitalter der analogen Fotografie war, so heftig wurde es durch den Umbruch der Digitalfotografie getroffen - auch wenn Kodak die Umstellung erkannte und schon früh mit digitalen Produkten auf den Markt kam.

Nach zwei tiefgreifenden Restrukturierungsprozessen versucht der Konzern nun, durch intensive Nutzung Sozialer Medien neue Märkte zu erschließen.

ORF.at sprach mit Jeffrey Hayzlett, dem Marketing-Chef von Kodak, der unlängst einen Vortrag vor Social-Web-Experten auf dem Kongress 140conf in Barcelona hielt.

In seiner Präsentation stellte er unter anderem die kompakte Videokamera PlaySport vor, die vor allem wegen ihres wasserdichten und robusten Gehäuses auffällt. ORF.at sprach mit Hayzlett über die Pläne seines Unternehmens und wie der Konzern Soziale Medien zu Marketing-Zwecken nutzt.

ORF.at: Kodak hat eine sehr lange Tradition. In Österreich hat die Marke einen hohen Bekanntheitsgrad, aber heute wird Kodak wohl vor allem mit der analogen Fotografie assoziiert.

Jeffrey Hayzlett: Das sehe ich etwas anders. In Österreich sind wir vor allem auch als Akteur im Geschäftskundenumfeld bekannt. Beispielsweise als Anbieter von Business-Druckern. Diese Kunden kennen uns sehr gut - nicht als Fotounternehmen, sondern als Dienstleister im Printsektor. Weltweit kommen 40 Prozent aller kommerziell erzeugten Drucksachen mit Kodak-Technologien in Berührung. Obwohl wir diesen Wandel hin zum Dienstleister für Geschäftskunden hin durchlebt haben, nehmen uns die Endkonsumenten teilweise noch immer durch die Retrobrille wahr. Aber das ändert sich nun, weil wir jetzt wirklich coole Produkte wie die kompakten Videokameras Zi8 und PlaySport und die Digicam Slice mit Touchscreen-Bedienung anbieten können. In Zukunft werden uns Kunden mehr und mehr mit diesen Produkten in Verbindung bringen.

ORF.at: Kodak hat einen dramatischen Umbau hinter sich. Über die letzten Jahre ist die Aktie von 80 auf etwa fünf US-Dollar gefallen. Das Unternehmen hat einen Transformationsprozess eingeläutet, um in einer digitalen Welt überlebensfähig zu bleiben.

Hayzlett: Wir haben soeben ein Rekordquartal verbucht, Rekordprofitabilität verglichen mit dem Quartal im letzten Jahr und zweistelligem Wachstum. Wir glauben, dass wir den Prozess der Neuausrichtung überstanden haben. Wir haben das bereits im letzten Jahr verkündet, wurden aber dann von der Wirtschaftskrise erwischt, mit der jeder hart zu kämpfen hatte. Nun erleben wir insgesamt ein Wachstum des Unternehmens sowie eine positive Entwicklung beim Umsatz. Der neue Produktmix wird dieses Wachstum weiter vorantreiben.

ORF.at: Kodak hat mit historischen Produkten wie der billigen und massenproduzierten Brownie-Kamera und den Verarbeitungsdienstleistungen dazu die Fotografie massentauglich gemacht. Nachfolger der Brownie ist heute wohl die Handykamera. Es gibt Schätzungen, nach denen bereits im Jahr 2013 mehr Menschen von mobilen Endgeräten aus auf das Internet zugreifen als mittels Desktop-Computer. Was macht Kodak mit diesem Trend?

Hayzlett: Ich glaube, der Trend geht zum Videosharing. Diesen Trend werden wir verstärkt bedienen. Beispielsweise mit mobilen Endgeräten, die klassische Kodak-Momente einfangen können. Schließlich sind Videos nichts anderes als mehrere Fotos hintereinander. Und diese wollen wir dann über das Netz zur Verfügung stellen. Die Kunden werden vermehrt Zugriff auf größere Bandbreiten haben, die Zugangsmöglichkeiten werden sich verbessern und wir werden hervorragende Produkte entwickeln, die diese nutzen werden.

ORF.at: Kodak hat vor kurzem in das Start-up tweetphoto investiert. Was können Kunden von diesem Schritt erwarten?

Hayzlett: Kodak investiert mehrere neue Hightech-Unternehmen. Bei tweetphoto investieren wir in ein Start-up, dessen Motto sehr eng mit unserer Marke verbunden ist: "Sharing your photos". Uns gefällt dieses Unternehmen, es war ein fairer Preis und wir waren in der Lage, es zu tun. Also ergab sich daraus eine sehr gute Synergie.

ORF.at: Wenn wir schon beim Sozialen Web sind: Viele Unternehmen auf diesem Gebiet suchen nach einem Geschäftsmodell. Sie nutzen Blogs und den Kurznachrichtendienst Twitter zu Marketing-Zwecken. Sind Sie damit zufrieden? Hier auf der 140conf sind schließlich nur wenige Social-Web-Experten zugange.

Hayzlett: Wenn wir alleine die Anzahl der Leute summieren, die ich heute durch meinen Vortrag erreicht habe, würden wir auf mehrere Millionen kommen. Alle diese Leute hier haben Follower und sie twittern über das, was ich gerade gesagt habe. Ich bin sicher, wenn ich danach suche, würde ich wahrscheinlich zwanzig, dreißig oder vierzig Tweets während des Vortrags zu meinen Themen finden. Am Ende wären wir wahrscheinlich bei 10 bis 20 Millionen von Page Impressions. Somit ist Microblogging günstiger als klassische Werbung. Hinzu kommt, dass wir die Botschaft selbst mitteilen können, also genau so, wie wir es möchten.

ORF.at: Sie haben erwähnt, dass Sie den Kunden im Netz auch gerne zuhören und das Feedback der Konsumenten analysieren. Das Netz ist groß. Wie stellen Sie das an?

Hayzlett: Wir nutzen dafür spezielle Software. Beispielsweise können wir damit Online-Konversationen je nach Stimmung beobachten und verfolgen. Dazu legen wir Schlüsselwörter in Kombination mit Produkt- und Markennamen fest und können dann sehen inwieweit diese Gespräche positiv oder negativ verlaufen. Dies ist eine Möglichkeit wie wir Skalierbarkeit erreichen. Daraufhin gehen wir dann in diese Gespräche hinein und nutzen dies für Produktverbesserungen, Kunden-Support und so weiter. Wenn beispielsweise ein Problem besonders häufig auftritt, etwa ein bestimmter Punkt der Website irreführend ausgestaltet ist, dann gibt uns diese Art des Zuhörens eine Möglichkeit, Dinge rasch zu erfahren, anzupassen und Nutzern zu helfen.

ORF.at: Können Sie beziffern, wie viel die Marketing-Maßnahmen von Kodak im Sozialen Web wert sind? Wie hoch ist der Return on Investment?

Hayzlett: Das hängt davon ab, auf welche Weise man den Erfolg misst. Wenn wir annehmen, dass wir den Erfolg anhand des Return on Investment messen, dann steigen wir gut dabei aus, weil wir Produkte verkaufen, ohne viel Geld für Werbung ausgegeben zu haben. Aufgrund der großen Nachfrage, getrieben durch die Kommunikation in Sozialen Netzwerken, steigen sogar die durchschnittlichen Preise für unsere Produkte. Unterm Strich sparen wir dabei Geld ein, das wir wiederum für die Produktentwicklung ausgeben können.

(Gregor Einetter)