EU will Vorratsdatenspeicherung prüfen
EU-Justizkommissarin Viviane Reding will nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Spiegel" die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (Data-Retention) grundlegend überprüfen.
Die neue Vizepräsidentin der EU-Kommission wolle sich für das richtige Gleichgewicht zwischen der Terrorismusbekämpfung und der Achtung der Privatsphäre einsetzen und die Richtlinie noch in diesem Jahr auf den Prüfstand stellen, berichtete der "Spiegel".
Reding sieht nach dem "Spiegel"-Bericht die bisher geltende Vorgabe kritisch, nach der die Kommunikationsverbindungsdaten aller Bürger ohne jeden Verdacht von den Anbietern für mindestens sechs Monate gespeichert werden müssen. Die Vorratsdatenspeicherung könne jedermanns Grundrecht auf Privatsphäre einschränken. Es müsse gewährleistet werden, dass die Vorratsdatenspeicherung mit der seit Dezember verbindlichen EU-Grundrechtecharta vereinbar sei, so Reding.
Generell sei dabei zu fragen: Brauchen wir wirklich alle diese Daten? Konkret werde sie untersuchen, inwiefern die Speicherung verschiedenster Datensätze notwendig ist, ob die Speicherzeit für Daten angemessen ist und ob nicht weniger aufdringliche Maßnahmen dem gleichen Ziel dienen könnten.
Vor Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts
Am Dienstag will auch das deutsche Bundesverfassungsgericht eine Grundsatzentscheidung zur Speicherpflicht für Telefon- und Internet-Verbindungsdaten treffen. Die Speicherung wurde durch eine EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vorgegeben, die der Terrorabwehr dienen soll. Das deutsche Gesetz trat am 1. Jänner 2008 in Kraft.
Telekommunikationsunternehmen müssen seither alle Verbindungsdaten von Telefongesprächen sechs Monate lang speichern. Dabei geht es um technische Daten, nicht um die Inhalte der Gespräche. Ein Verdacht oder konkreter Hinweis auf Gefahren ist laut Gesetz dafür nicht nötig. Polizei und Staatsanwaltschaft haben im Zuge der Strafverfolgung Zugriff auf die Daten, wenn ein richterlicher Beschluss vorliegt.
Deutschland bleibt mit sechs Monaten an der unteren Grenze. Die EU erlaubt die Speicherung bis zu zwei Jahre. Fast 35.000 deutsche Bürger hatten Verfassungsbeschwerde eingelegt. Damit handelt es sich um das bisher umfangreichste Massenklageverfahren in der Geschichte des Gerichts.
Umsetzung in Österreich hängt
In Österreich lief Mitte Jänner die Begutachtungsfrist zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) ab, mit dem die umstrittene EU-Richtlinie hierzulande umgesetzt werden soll. Der vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte (BIM) im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) erarbeitete Entwurf sieht eine Mindestumsetzung der EU-Richtlinie vor.
Aus dem Innenministerium und aus dem Justizressort kamen jedoch Forderungen, die über den Entwurf hinausgehen. Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) hatte sich deshalb zuletzt, ebenso wie der österreichische Datenschutzrat, für eine Überprüfung der Richtlinie auf europäischer Ebene ausgesprochen.
(futurezone/dpa)