© Screenshot: ORF.at, Acta-Site der EU-Kommission

ACTA: Vor Ultimatum des EU-Parlaments

"ANTI-PIRATERIE"
09.03.2010

In einem Entschließungsantrag fordern Vertreter aller Fraktionen des Europaparlaments die EU-Kommission ultimativ auf, den Text des bisher geheim gehaltenen "Anti-Piraterie"-Abkommens ACTA zu veröffentlichen. Die Parlamentarier fordern ihre durch den Lissabon-Vertrag erweiterten Rechte ein und drohen mit "angemessenen Gegenmaßnahmen".

Im Plenum des EU-Parlaments steht Dienstagabend ein Entschluss zur Diskussion, der es in sich hat. Wie schon im Fall SWIFT, als eine große Mehrheit der Parlamentarier das noch vom EU-Ministerrat im Alleingang ausgehandelte Interimsabkommen für ungültig erklärte, sind die Abgeordeten offenbar auch im Fall des umstrittenen ACTA-Abkommens gewillt, ihre neuen Muskeln zu zeigen.

Der im Dezember in Kraft getretene Vertrag von Lissabon räumt dem Parlament weitgehende Mitspracherechte auf verschiedenen Ebenen ein, auf denen bis dahin der Ministerrat, also die Mitgliedsstaaten, das alleinige Sagen hatte.

Geheimverhandlungen

Im Fall von ACTA verhandelt man seit zwei Jahren hinter verschlossenen Türen und weigert sich standhaft, den Parlamentariern Einsicht in den Text zu geben. Neben dem Vorgehen gegen Produktpiraterie hat ACTA nämlich auch ein Kapitel zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen im Internet zum Inhalt. Mehr darüber ist weder den Parlamentariern noch der Öffentlichkeit bekannt.

ACTA und die USA

Die Electronic Frontier Foundation (EFF) hat dokumentiert, wie der "Digital Millennium Copyright Act" in zwölf Jahren zur Einschränkung bürgerlicher Grundrechte in den USA beigetragen hat. Mit dem ACTA-Abkommen sollen diese Prinzipien auch in die EU exportiert werden.

Der Text der von allen Fraktionen am Dienstag unterschriebenen Entschließung lässt wenige Zweifel daran, dass die Parlamentarier auf ihren neuen Rechten beharren werden. Gleich im ersten Punkt wird die Kommission, die das internationale "Anti-Piraterie"-Abkommen unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit den USA, Japan und anderen Staaten verhandelt, darauf hingewiesen, dass sie dem Parlament gegenüber säumig ist.

Die Forderungen

"Das Parlament erinnert die Kommission daran, dass sie seit 1. Dezember verpflichtet ist, das Europäische Parlament umgehend und in allen Phasen von internationalen Verhandlungen zu informieren", heißt es darin.

Im zweiten Punkt wird Kritik an der bisherigen Nichtinformationspolitik der Kommission geübt und im dritten die sofortige Information von Parlament und Öffentlichkeit verlangt.

Punkt vier setzt ein Ultimatum bis zur nächsten ACTA-Verhandlungsrunde, nach Willen der Parlamentarier sollen die Ergebnisse unmittelbar danach veröffentlicht werden.

Der Text

Der Text wurde bis jetzt noch nicht auf der Website des Parlaments, sondern nur im Blog des schwedischen Parlamentariers Christian Engström veröffentlicht.

"Angemessene Gegenmaßnahmen"

Bei Nichtbeachtung drohen die Parlamentarier mit "angemessenen Gegenmaßnahmen", eine Klage vor dem EU-Gerichtshof ist dezidiert eingeschlossen.

All das zusammen sowie der Umstand, dass der parlamentarische Konsens von den Konservativen bis hin zur Linken geht und alle großen Fraktionen einschließt, verleiht der Resolution den Charakter eines Ultimatums. Die Diskussion darüber ist für Dienstag zwischen 21.00 Uhr und Mitternacht angesetzt. Die Abstimmung erfolgt am Mittwoch.

(futurezone/Erich Moechel)