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GDC 2010: Die Zukunft der Computerspiele

KONFERENZ
10.03.2010

Kaum eine Fachmesse hat eine derart glamouröse Ausstrahlung wie die Game Developers Conference (GDC), die dieser Tage in San Francisco stattfindet und sich neben Marktanalysen auch neuen Spielideen und unkonventionellen Design-Vorschlägen widmet. Robert Glashüttner berichtet aus Kalifornien.

Jeder, der ab und zu ein Games-Blog oder ein Spielemagazin liest, hat zumindest schon von der GDC gehört. Es ist jene zentrale, internationale Entwicklerkonferenz, auf der die wichtigen Branchenankündigungen gemacht werden, die altgedienten Design-Stars ihre Karten offen legen (oder zumindest so tun) und die Newcomer ihre eigenen Indie-Games-Gipfeltreffen abhalten.

Nachdem die vormals wichtigste westliche Games-Messe E3 in Los Angeles Mitte der 2000er Jahre an Identitätsproblemen zu leiden begonnen und infolge dessen an Relevanz verloren hatte, hat die Strahlkraft der GDC weiter zugenommen.

Konferenz der Vielseitigkeit

Und doch ist es etwas seltsam, dass eine höchst professionell aufgezogene Industriekonferenz außerhalb der eigentlichen Zielgruppe so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Im Grunde geht es hauptsächlich um das Optimieren von betriebswirtschaftlichen Strukturen, die Analyse von Märkten und effiziente Personalplanung.

Doch darüber hinaus hat die GDC auch eine jahrelange Tradition im Hochhalten einer Kernkompetenz von Computer- und Videospielentwicklung: Game-Design. Rund ein Drittel aller Vorträge widmet sich kreativen Aspekten sowie der Analyse und Konzeption von Spielideen. Statt trockener Zahlenspielereien und Tortendiagramme gibt es vor allem in den Vorträgen der jüngeren Entwicklergeneration unkonventionelle Präsentationsformen, gegen den Strich gebürstete Design-Ratschläge und Schnittstellen zur alternativen Popkultur.

Digitale Detektive der Popkultur

So plädiert etwa der 24-jährige schwedische Hobby-Spieleentwickler Jonatan "Cactus" Soderstrom in seinem Vortrag "Abusing Your Players Just For Fun" für mehr Sperrigkeit in Spielen. Er bricht eine Lanze für hässliche Grafik, bunt blinkende Schriften und einen über die Maßen hohen Schwierigkeitsgrad. Seine Game-Design-Philosophie vergleicht Soderstrom mit bizarren und surrealen Szenen aus David-Lynch-Filmen und der Ideologie von Punk-Rock. Nicht-Programmierer hätten seiner Ansicht nach oft die interessanteren Ideen und verblüffenderen Zugänge.

Er selbst ist dafür vermutlich das beste Beispiel: "Cactus" verfügt über keine der klassischen technisch orientierten Kernkompetenzen der Spieleentwicklung und arbeitet stattdessen mit der zugänglich gestalteten Software Game Maker. In der Independent-Entwicklerszene genießt der junge Schwede wegen seiner Ideen dennoch bereits seit einigen Jahren hohen Respekt.

Für Fans und Follower

Im geräumigen Moscone Center, der Veranstaltungshalle mitten in der Stadt, in dem die GDC abgehalten wird, ist unter anderem auch der in die Konferenz integrierte Buch- und Merchandising-Laden zu finden.

Er deutet ebenfalls auf die spezielle Wesensart der GDC hin: Einerseits findet man hier zahlreiche professionelle Lehrbücher und akademische Reader, andererseits können sich Fans mit Hoodies, T-Shirts, Kappen und anderen tragbaren Andenken ausstatten - die Konferenz als unvergessliches Erlebnis wie ein Rock-Festival.

Bekannte Themenbereiche und neue Schwerpunkte

Obwohl jedes Jahr weit über 15.000 Fachbesucher gezählt werden und auch am ersten Tag der diesjährigen Konferenz die Vortragsräume gut gefüllt sind, stehen inhaltlich keine außerordentlichen Höhepunkte ins Haus. Die großen Hardware-Hersteller veröffentlichen in nächster Zeit keine neuen Konsolen, und die schwierigen Geschäftsjahre 2008 und 2009 sind darüber hinaus auch noch nicht komplett überwunden.

Schwerpunkte liegen dieses Jahr bei den Bereichen Künstliche Intelligenz und Augmented Reality sowie bei den jährlich wiederkehrenden Themen Independent Games und Mobile Games. Auch widmen sich viele Vorträge der GDC 2010 dem aufstrebenden Social-Games-Markt. Dabei dreht sich alles um die Frage, wie man Facebook und die darin aktiven Communitys am besten für seine Spielkonzepte nutzen kann.

Die GDC läuft noch bis inklusive Samstag. Traditionelle Höhepunkte bis dahin werden die Auszeichnungen des integrierten Independent Games Festival (IGF) sowie des Game Developers Choice Award darstellen. Davor wird am selben Tag der japanische Nintendo-Stardesigner Yoshio Sakamoto, Erfinder der "Metroid"- und "WarioWare"-Reihe, seine Keynote halten.

(Robert Glashüttner)