© Sreenshot Google; ORF.at (Montage), Handy auf einer Landkarte

Facebook will ortsbezogene Dienste integrieren

SOZIALE NETZWERKE
10.03.2010

Das Soziale Netzwerk Facebook arbeitet laut einem Bericht der "New York Times" ("NYT") an neuen Funktionen, mit denen Nutzer künftig ihren Aufenthaltsort bekanntgeben können. Mittels Programmierschnittstellen sollen auch Dienste wie Foursquare oder Gowalla integriert werden, doch auch über das österreichische Netzwerk Mogree können ortsbezogene Informationen ausgetauscht werden.

Facebook wird die neuen Funktionen voraussichtlich auf der nächsten Facebook-Entwicklerkonferenz F8 Ende April vorstellen, hieß es in einem Beitrag der "NYT" vom Dienstag.

Damit soll es für die 400 Millionen Facebook-Nutzer weltweit möglich werden, ihren aktuellen Aufenthaltsort mit einem einfachen Status-Update zu kombinieren. Die "NYT" beruft sich bei ihren Informationen auf Personen, die mit dem Projekt vertraut seien.

Auch Drittanwender werden eingebunden

Das Soziale Netzwerk arbeite bereits seit knapp einem Jahr an der Integration derartiger Features, habe aber mit der Einführung warten wollen, bis das Produkt wirklich für den Massenmarkt tauglich sei, hieß es. Die neuen ortsbezogenen Features könnten zudem in zwei verschiedene Aspekte unterteilt werden, so die zitierten Insider. Das eine Service, das direkte Status-Updates mit Ortsbezug ermöglicht, werde direkt von Facebook angeboten. Die zweite Möglichkeit der Einbindung von ortsbezogenen Diensten von Drittanbietern wie Foursquare und Gowalla erfolgt über Programmierschnittstellen.

Über "APIs" wurden Programmierer von Drittanwendungen wie Spielen, Musik und anderen Inhalten bereits in der Vergangenheit stark einbezogen. Über "Facebook Connect" lassen sich bei diversen Websites Inhalte abrufen und ins Soziale Netzwerk integrieren.

Ortsbezogene Informationen "wie andere Inhalte"

Das US-Unternehmen hat sich bereits im November 2009 mit den überarbeiteten Datenschutzrichtlinien auf einen etwaigen Einsatz von ortsbezogenen Informationen vorbereitet. "Wenn du deinen Aufenthaltsort mit anderen teilst oder einen Ort zu deinem Posting hinzufügst, werden wir diese Informationen wie andere Inhalte, die du veröffentlichst, behandeln." Zudem wurde versprochen, dass eine derartige Einbindung von ortsbezogenen Informationen vom Nutzer bestätigt werden muss.

Laut "NYT" loggen sich 50 Prozent der 400 Millionen Facebook-Nutzer täglich ein, 100 Millionen nutzen den Dienst über mobile Geräte wie Handys. Dadurch wird die Bedeutung ortsbezogenener Anwendungen für Unternehmen wie Facebook immer größer.

Google als größter Konkurrent

Das Unternehmen wolle dabei allerdings nicht ortsbezogenen Diensten wie Foursquare und Gowalla Konkurrenz machen, sondern Größen wie Google - und zwar bei Werbeeinnahmen von kleineren Unternehmen. Facebook hatte erst kürzlich das Konzept der "Business Pages" überarbeitet und hostet laut eigenen Angaben derzeit etwa 1,5 Millionen Websites für lokale Unternehmen, so die "NYT".

Der Konkurrent Google hatte mit Latitude vor einem Jahr einen eigenen Lokalisierungsdienst gestartet, mit dem Nutzer ihre Kontakte über den eigenen Aufenthaltsort informieren können. Die Schlacht um die "Geschäfte von nebenan" als Werbekunden wird demnächst neu gestartet, auch wenn sich das Geschäft zuletzt schwierig gestaltete. So musste der Dienst Platial.com aufgeben, Google stellte die Entwicklung des von ihm übernommenen Foursquare-Vorgängers Dodgeball ein.

Gowalla und Foursquare rüsten auf

Lokalisierungsdienste wie Foursquare und Gowalla rüsten sich derzeit für die Facebook-Integration. Derzeit können sich Nutzer via "Facebook-Connect" bei den auf Geodaten basierenden Diensten anmelden.

Gowalla startete am Montag zudem mit einer eigenen Anwendung für Android-basierte Mobilgeräte, Foursquare präsentierte einen optischen Relaunch mit neuen Funktionen. Die beiden Dienste aus den USA werden auch in Europa zunehmend beliebter und sind auch in Österreich verfügbar.

Ortsbezogene Updates auch mit mogree

Es gibt allerdings auch heimische mobile Netzwerke, die Standorterfassung via GPS ermöglichen und ein Login via "Facebook Connect" oder "Twitter Connect" anbieten. Das Linzer Start-up mogree führt Kontakte aus verschiedenen Sozialen Netzwerken zusammen, Standorte werden auf einer Karte dargestellt. "Sobald Facebook das standortbezogene Service zur Verfügung stellt, kann man auch via mogree beim Status-Update gleichzeitig seine Location mitschicken", erzählt Harald Weinberger von mogree gegenüber ORF.at. "Ob man den Standort in das Update integrieren will, kann man dabei jeweils individuell entscheiden."

Analysetool für Kleinunternehmen

Das US-Unternehmen Foursquare plant laut einem weiteren Bericht der "NYT" ein kostenloses Analysetool für kleine Unternehmen, die Informationen und Statistiken über ihre Besucher, die den Dienst nutzen, bekommen wollen. Tristan Walker von Foursquare bestätigte, dass man damit kleinen, lokalen Händlern Informationen über ihre Kunden verschaffen wolle. Dabei handle es sich um Informationen über das Geschlecht oder die Dauer des Besuches. Doch auch der Grund für den Besuch lässt sich dadurch herausfinden.

Weitere Services wie eine eigene Website für Lokalbesitzer, die ihren Kunden über Foursquare besondere Angebote unterbreiten möchten, seien in Planung. Derzeit sei man etwa mit 30 kleinen Unternehmen in einer Art Testphase, 900 weitere Unternehmen sollen in den nächsten Wochen folgen, hieß es von Foursquare.

"Durch das Foursquare Dashboard sind wir draufgekommen, dass unsere Gäste extra wegen eines Donuts kommen, der in der TV-Werbung angekündigt wurde", teilte ein Testkunde aus Seattle mit. Doch derartige Informationen werden nicht automatisch ausgelesen und mit Lokalbesitzern geteilt. Laut Dennis Crowley, Mitbegründer von Foursquare, haben die Nutzer die Möglichkeit, das mit entsprechenden Privatsphäreeinstellungen zu verhindern.

Standortbezogene Werbung in Vorbereitung

Von einem derartigen Geschäftsmodell hält das östereichische Netzwerk mogree nichts. "Das ist nicht unser Geschäftsmodell", erklärt Weinberger, der stattdessen auf anonymisierte, standortbezogene Werbung setzt. "Es wird den mogree-Nutzern etwa in der Nähe einer Bäckerei ein Gutschein angezeigt, allerdings ohne, dass dabei Daten an Unternehmen weitergeleitet werden", erklärt Weinberger. Erste Kunden seien bereits vorhanden, ein entsprechendes Klienten-System werde voraussichtlich im Juni freigeschaltet.

Privatsphäre schützen

Da es sich neben Facebook, Google und Twitter sowohl bei Gowalla als auch Foursquare um US-Unternehmen dreht, sind die Datenschutzbestimmungen derzeit entsprechend locker. Auch Gowalla behält sich etwa das Recht vor, die anonymisierten Daten an Drittanbieter weiterzugeben.

Mit der Integration von ortsbezogenen Diensten in Facebook wird diese neue Art der Informationspreisgabe die Masse erreichen. Nutzer von derartigen ortsbezogenen Diensten und Services müssen künftig ein Bewusstsein dafür entwickeln, welche Informationen sie wirklich mit anderen teilen wollen, ansonsten könnte es rasch zu unangenehmen Erlebnissen kommen, die die Privatsphäre betreffen.

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