© APA/Matthew Cavanaugh, US-Kapitol

Nationaler Breitbandplan für USA vorgestellt

NETZE
16.03.2010

Die US-Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) hat einen umfangreichen Aktionsplan zum Ausbau des US-Breitbandnetzes und angeschlossener Dienste wie E-Health- und Bildungsanwendungen präsentiert. Auf 376 Seiten breitet die Behörde ihre Vision für die Netzwerke der kommenden zehn Jahre aus.

Unter dem Titel "Connecting America: The National Broadband Plan" hat der von der Regierung Barack Obamas eingesetzte FCC-Chef Julius Genachowski am Dienstag dem US-Kongress die Handlungsempfehlungen seiner Behörde in Sachen Vernetzung offiziell übergeben.

Derzeit hätten 100 Millionen US-Bürger keinen Zugang zu Breitbandnetzen. Von denen hätten wiederum 14 Millionen technisch keine Möglichkeit, an ein schnelles Netz Anschluss zu finden. Besonders hart sei die Situation bei den indigenen Völkern der USA, hier hätten nur fünf Prozent der Menschen, die auf deren Gebieten lebten, Zugriff auf Breitbanddienste. In der Einleitung des Dokuments heißt es: "In jedem Zeitalter muss Amerika die Herausforderung annehmen, die Nation neu zu vernetzen."

Bezahlbare Breitbanddienste

Die FCC schlägt vor, dass bis 2020 100 Millionen US-Haushalte an bezahlbare Breitbanddienste mit einer Geschwindigkeit von 100 Mbit/s Download und 50 Mbit/s Upload angeschlossen werden sollten. Damit solle der größte Breitbandmarkt der Welt geschaffen werden - und nebenbei Jobs bei US-Ausrüstern wie Cisco. In jeder US-Gemeinde solle es einen Hochgeschwindigkeitsanschluss mit einem Gbit/s geben, um grundlegende Institutionen wie Schulen, Spitäler und Militärbasen gut vernetzen zu können.

Für mobiles Breitband sollen 500 MHz Frequenzen freigemacht werden. Die Frequenzzuteilung will die FCC schon in naher Zukunft flexibler gestalten, um sich schneller auf die Anforderungen neuer Technologien einstellen zu können. Durch die Einkünfte aus den Frequenzauktionen soll der Plan für die Staatskasse insgesamt sogar mehr Geld bringen als er kostet. Zu den zentralen Zielen des Plans gehört, dass die USA die führende Nation in Sachen mobiler Innovationen werden sollen - ein Gebiet, auf dem die Vereinigten Staaten hinter asiatische und europäische Regionen zurückgefallen sind.

Derzeit habe die FCC nur 50 MHz zur Verfügung, die sie für drahtlose Breitbanddienste vergeben könne. Bis 2015 will sie 300 MHz dafür freigemacht haben, darunter auch Frequenzen für "unlizenzierte Nutzung".

"Smart Grid" und Netz für Hilfsdienste

Auch die Verschmelzung von Stromnetz und IKT-Systemen zum "Smart Grid" ist einer der zentralen Punkte des Plans: "Jeder Amerikaner soll die Möglichkeit haben, seinen Energieverbrauch in Echtzeit prüfen zu können", heißt es. Durch den Einsatz von "Smart Grid"-Technologien könnte der Ausstoß von 360 Millionen Tonnen CO2 jährlich verhindert werden, das wäre gleichbedeutend damit, 65 Millionen Autos von der Straße zu nehmen.

Weiters sollen alle US-Blaulichtdienste Zugriff auf ein nationales drahtloses Breitbandnetz erhalten. "Beinahe ein Jahrzehnt nach 9/11 haben unsere Hilfsdienste immer noch keinen Zugriff auf bessere Kommunikationssysteme", heißt es - zuletzt war eine Frequenzauktion der FCC für Hilfsdienste mangels Bietern gescheitert. Im Bereich E-Health sollen durch die Breitbandnetze Einsparungseffekte und durch Schaffung neuer Standards für den Datenaustausch neue Wertschöpfung erzielt werden. Dabei hält es die FCC für wichtig, dass auch die Versicherten stets die Kontrolle über ihre persönlichen Gesundheitsdaten im System behalten.

Rolle des Staates eingeschränkt

Die Rolle des Staates dabei "ist und sollte auch eingeschränkt bleiben", heißt es im Vorwort. Die FCC setzt auf Regulierung und Wettbewerbsaufsicht sowie auf gezielte staatliche Investitionen, wobei sie an die Rolle staatlicher Finanzierung in der Entwicklung des Internets erinnert.

"Der Plan wird immer im Betastadium bleiben", schreiben die Autoren der FCC, "wie das Internet selbst, so wird sich auch der Plan ständig ändern und sich an neue Entwicklungen in Technik und Märkten anpassen." Die Behörde will nun so rasch wie möglich einen Zeitplan für die Umsetzung jener Aktivitäten vorstellen, die in den eigenen Zuständigkeitsbereich fallen. Unter anderem soll ein frei zugänglicher Breitbandkataster erstellt werden.

Qualitätslabel für Breitbanddienste

Um den Konsumenten einfach verständliche und präzise Informationen über die Qualität von Breitbanddiensten verfügbar zu machen, will die FCC ein Label schaffen, auf dem die exakte tatsächliche Leistungsfähigkeit eines Angebots angegeben ist, inklusive der möglichen Verwendungszwecke.

Auch um die Themen Datenschutz und Anonymität will sich die FCC kümmern. Letztere sieht sie als wichtig an, um beispielsweise aufdeckerische Aktivitäten wie Whistleblowing zu ermöglichen, aber die Anonymität im Netz könne auch Kriminelle decken. Die FCC sieht auch Regulierungsbedarf in Sachen Deep Packet Inspection - damit könnten die Provider theoretisch wertvolle Daten über ihre Kunden sammeln und womöglich weiterverkaufen.

Identitätsprovider gegen Betrug

Um die Sicherheit von Online-Transaktionen zu erhöhen, solle der Kongress dabei helfen, die Einrichtung vertrauenswürdiger "Identity Providers" zu fördern, bei denen Identitätsdaten der Nutzer sicher hinterlegt werden könnten. Das sei notwendig, weil die Fälle von Identitätsdiebstahl, die bei der Handelsbehörde FTC gemeldet worden sind, von 2000 zu 2008 von 31.000 auf 314.000 im Jahr gestiegen seien - in den meisten Fällen (20 Prozent) handelte es sich dabei um Kreditkartenbetrug.

Aus dem Thema Medienpiraterie halten sich die FCC-Autoren weitestgehend heraus. Das Netz müsse eine sichere Plattform zum legalen Vertrieb digitaler Inhalte sein, gleichzeitig dürfe der Copyright-Schutz aber auch nicht dazu missbraucht werden, um Innovationen zu behindern und die Rechte der Konsumenten einzuschränken, heißt es auf Seite 74, man beschränke sich darauf, einige wenige Empfehlungen betreffend die Mediennutzung zu Erziehungszwecken sowie die Regulierung öffentlich-rechtlicher Medien zu geben.

Die FCC empfiehlt der US-Regierung sich weltweit für IT-Sicherheit und Freiheit im Internet starkzumachen: "Um die positiven Effekte des weltweiten Breitbandnetzes zu maximieren, sollte die Aufmerksamkeit auf Regeln gelegt werden, die universellen und ungehinderten Zugang zum Internet fördern. Die USA sollten einen weltweiten Konsens befördern, in dessen Rahmen die Grundrechte in Sachen Offenheit und Informationsfreiheit in der weltweiten Internet-Gemeinde festgelegt und garantiert werden." Vom US-Engagement im verdeckt verhandelten Anti-Piraterie-Abkommen ACTA, das Provider für die Kontrolle der Inhalte in ihren Netzen verantwortlich machen würde, ist in dem FCC-Dokument allerdings nicht die Rede.