© ORF.at/Nadja Igler, Samsung Navibot jagt Wollmaus

Ein Roboter auf Lurchjagd

OSTERPUTZ
07.04.2010

Seit Jahrzehnten schon versprechen uns Wissenschaft und Industrie kompetente Roboter als nützliche Helfer für den Haushalt. Für die breite Masse erhältlich und erschwinglich sind derzeit vor allem Staubsaugerroboter. Samsung hat mit dem NaviBot nun einen Saugbot auf den heimischen Markt gebracht, der wie seine Konkurrenten bedauerlicherweise immer noch an mangelnder "Intelligenz" leidet.

Wenn nach den langen Wintermonaten die Sonnenstrahlen auch die dunkelsten Ecken der Wohnung erhellen, können die Versäumnisse der vergangenen Wochen einfach nicht mehr geleugnet werden: Haare, Staub und Dreck, kurz: Lurch, tauchen da nicht selten wie ein Flashmob unangekündigt und unvermittelt auf - mit einem gravierenden Nachteil: Sie lösen sich nicht nach kurzer Zeit selbstständig wieder auf.

Wenn dann, wie im vorliegenden Fall, noch zwei Katzen, davon eine ganz besonders groß und ganz besonders haarig, ihr Unwesen treiben, vermehren sich die Haarballen (manchmal auch Wollmäuse genannt) in einem exponentiellen Ausmaß, das schon so manche Putzfrau, dem Wahnsinn sichtlich nahe, haltlos schluchzend aus der Wohnung vertrieben hat. Da mein Hausarzt ob der Menge der dabei benötigten Beruhigungsmittel bereits ernsthaft eine Botox-Behandlung für sich in Betracht zieht, habe ich mir für den heurigen Osterputz mechanische Hilfe in Form eines Staubsaugerroboters organisiert. Samsungs NaviBot würde sich zumindest nicht über die vielen Haare beschweren, so meine Hoffnung.

Klein und rund

Die ersten Staubsaugerroboter kamen in Österreich vor rund sieben Jahren auf den Markt, seit damals hat sich optisch nicht viel getan: Der Navibot ist wie alle anderen Staubsaugerroboter auf dem Markt klein und rund und erinnert an ein flugunfähiges UFO.

In Sachen Technik verspricht Samsung, neben diversen Sensoren, die den NaviBot unter anderem davon abhalten sollen, Stiegen hinunterzufallen, dass der Bot dank seiner eingebauten Videokamera intelligenter ans Werk gehen soll als die Konkurrenz. Die Kamera nimmt nicht, wie vielleicht vermutet, den Weg vor dem Roboter auf, sondern den Plafond der Wohnung. Anhand dieser Aufnahmen soll der Roboter erkennen können, welche Bereiche er gesaugt hat und welche nicht.

Staubbürsten am Kopf

Zum Saugen und Putzen selbst hat der NaviBot neben einer Turbobürste in der hinteren Hälfte des Geräts noch zwei rotierende Staubbürsten, die am "Kopf" des Roboters angebracht sind. Sie vergrößern den Putzradius des Roboters und sollen Ecken und Kanten besser säubern. Der Roboter wird von insgesamt drei Rädern angetrieben, wobei das Vorderrad lenkbar ist. Staub und Dreck werden in einer eigenen kleinen Kammer ohne Beutel gesammelt, die entweder abgenommen und im Mistkübel entleert oder mit einem Staubsauger ausgesaugt werden kann. Ein waschbarer HEPA-Filter - HEPA steht für High Efficiency Particulate Air, eine Filterklasse, die kleinste lungengängige Partikel aus der durchströmenden Luft entfernen kann - soll für saubere Luft sorgen.

In der getesteten Version (NaviBot SR 8855) werden ein zweiter HEPA-Filter, eine zusätzliche Turbobürste sowie zwei Staubbürsten als Ersatz mitgeliefert. Für die gezielte Absperrung eines Areals gibt es noch zwei "virtuelle Wächter", mit denen man einen virtuellen Zaun errichten kann. Weiters gibt es eine Fernbedienung und eine eigene Bodenstation zum Aufladen. In Summe werden dafür 499 Euro fällig.

Der Energiesnack für zwischendurch

Die Ladestation sollte möglichst vor einer Wand platziert werden, damit der Bot sie später leichter findet (im Test fand der Roboter sie auch an einer Ecke). Mit der Fernbedienung kann der Roboter direkt aus der Ladestation heraus gestartet werden. Insgesamt stehen vier Programme zur Verfügung: Im Auto-Modus saugt das Gerät einmal die ganze Wohnung durch. Im Spot-Modus wird eine bestimmte Stelle mit bis zu 1,5 Meter Durchmesser gezielt gesäubert. Im Max-Modus saugt der Roboter, was der Akku hergibt, und im Edge-Modus versucht er, so gut wie möglich Ecken und Kanten zu säubern. Zusätzlich gibt es einen manuellen Modus, bei dem man den Roboter direkt über die Fernbedienung fernsteuern kann und eine Timer-Funktion.

Die Timer-Funktion ist sehr minimalistisch angelegt, es kann nur eine einzige Startzeit angegeben werden. Sie ist aber trotzdem sehr verlockend, denn der Bot kann es in Sachen Lautstärke mit handgeführten, "normalen" Staubsaugern auf alle Fälle aufnehmen: Er ist für seine Größe ziemlich laut. Die ortsansässigen Katzen waren, wie auch beim großen Staubsauger, während seines Putzdienstes kaum bis gar nicht zu sehen. Unbeaufsichtigt sollte man den Bot laut Gebrauchsanweisung allerdings nicht in Wohnungen mit Haustieren saugen lassen.

Verhängnis Katzenangel

Auch sonst empfiehlt es sich nicht unbedingt, den Bot alleine arbeiten zu lassen. Es dauerte im Test keine fünf Minuten, bis sich das Gerät zielgerichtet und in fast schon selbstmörderischer Absicht an einer Katzenangel fast erwürgt hätte. Dickere Kabel sind kein Problem und werden wie Teppichkanten einfach überfahren, dünnere Kabel und Schnüre oder Fäden aller Art sind vor den drei rotierenden Bürsten allerdings nicht sicher und fast immer eine Falle. Auch zu viele Haare an neuralgischen Stellen wie der Radführung können die Funktion stören - vor allem das vordere Führungsrad ist davon bedroht und sollte daher, wie auch die anderen Teile, regelmäßig inspiziert werden. Die Turbobürste selbst kann relativ einfach gesäubert werden.

Die Saugkraft des Roboters ist angesichts seiner Größe beachtlich, seine Orientierungsfähigkeit weniger. Was auch immer der Roboter mit seiner 167-Grad-Kamera auf meinem Plafond gesehen hat, hat ihn offenbar mehr abgelenkt als geleitet. Wobei man ihm den guten Willen durchaus ansieht und auch abnimmt: Der Bot fährt in einem regelmäßigen Muster zuerst geradeaus bis er anstößt, macht dann eine 180-Grad-Drehung und fährt dann exakt neben der eben befahrenen Strecke wieder retour. Zumindest theoretisch.

Wird er nämlich durch ein Hindernis wie eine Ecke vom Weg abgelenkt, fährt er einfach auf dem neuen Kurs weiter. Das kann gerade bei einem 45-Grad-Winkel in einer ansonsten langestreckten und geradlinigen Wohnung sehr kontraproduktiv sein. Selbstständig neu ausrichten und dabei einen besseren Weg einschlagen kann der Roboter nicht. Man sollte ihn auch nicht hochheben, um ihn wieder auf Kurs zu bringen, weil er das Programm dann wieder von Beginn an abspult. Die eingebaute Resume-Funktion greift nur, wenn der Akku leer ist.

Versuch und Irrtum

Manchmal beschleicht einen zwar das Gefühl, der Roboter überlegt, welchen Weg er jetzt besser einschlagen soll, nur selten ist der gewählte aber der bestmögliche Pfad. Trotz aller Videoaufnahmen und vordefinierter Muster hat man auch beim Navibot das Gefühl, dass immer noch zu viel auf Versuch und Irrtum basiert. Vor allem bei Hindernissen: Der Roboter hat vorne, an den Seiten und den hinteren Flanken zwar sieben Hindernissensoren eingebaut, diese sind allerdings rund drei Zentimeter über dem Boden platziert. Alles was niedriger ist, wie zum Beispiel Zehen, wird hemmungslos überfahren. Auch Sessel- und Tischbeine, Kanten und selbst größere, runde Objekte bereiten dem Roboter je nach Anfahrwinkel deutliche Schwierigkeiten: Die Katzenfutterschüsseln (Durchmesser 16, Höhe vier Zentimeter) wurden, sehr zum Missfallen der Katzen, wild herumgeschoben, der silberne Mistkübel regelmäßig angefahren.

So der Roboter ein Hindernis erkennt, bremst er je nach Programm entweder mit einem gehörigen Respektabstand davor ab oder fährt wie beim Edge-Programm "auf Anschlag", wobei der Aufprall in diesem Programm deutlich stärker abgemildert wird als bei Verwendung der anderen Programme. Erkennt der Roboter ein Hindernis nämlich nicht, pumpert er mit seiner üblichen Fahrgeschwindigkeit ziemlich an - egal in welchem Programm. Es empfiehlt sich daher, die Wohnung für den Robotereinsatz entsprechend aufzubereiten: Sessel möglichst entfernen (auf den Tisch stellen), Hussen hochklappen, Zerbrechliches (etwa mit der virtuellen Wand) schützen und dem Roboter möglichst freie Bahn verschaffen.

Vorlieben und Abneigungen

Ist der NaviBot mit seinem Putzprogramm fertig (oder der Akku leer), steuert er selbstständig die Ladestation an, um sich wieder aufzuladen. Leider deckte sich die Meinung des Roboters über die zufriedenstellende Erfüllung seiner Aufgabe im Test nicht immer mit meiner: Manche Gebiete wurden mehrmals durchfahren, andere dafür gar nicht. Obwohl das Wohnzimmer dank des ein Zimmer weiter platzierten Katzenklos konstant deutlich mehr Dreck als alle anderen Zimmer aufzuweisen hat, hatte der Roboter eine nicht zu bändigende Vorliebe für mein Vorzimmer entwickelt, die ihm nur durch das Schließen der Türen ausgetrieben werden konnte. Unter den Wohnzimmertisch traute er sich dafür gar nicht.

Nach seinen Saugtouren konnte der Roboter zwar eine beachtliche Menge an eingesaugtem Schmutz (Haare, Staub und sogar Katzentrockenfutter) vorweisen, es fanden sich allerdings immer noch Wollmäuse in der Wohnung, sogar an exponierten Stellen. Es liegt zwar die Vermutung nahe, dass diese durch den Stress von den Katzen "frisch" produziert wurden, doch der Roboter wurde auch mehrmals dabei beobachtet, wie er am Schmutz einfach vorbeifuhr. Das ist im Endeffekt wenig verwunderlich, denn damit der Roboter Schmutz als solchen erkennt und ihn gezielt einsaugt, bräuchte er nicht nur eine nach vorne gerichtete Kamera, sondern auch die passenden Algorithmen für deren Erkennung.

Fehlende Bordintelligenz

Dem Roboter fehlt es kurz gesagt an der notwendigen "Intelligenz" und den passenden Fähigkeiten, Dreck und Staub richtig zu erkennen und entsprechend zu beseitigen. Er bräuchte etwa Schmutzsensoren, die ihm sagen, wo er verstärkt saugen soll. Eine Bilderkennungssoftware könnte die Aufnahmen aus der Kamera nach Schmutz und Haaren durchforsten und den Roboter gezielt hinlenken. Derzeit fährt der Navibot zwar nach einem strengen Muster die Räume ab, ob er dabei den vorhandenen Schmutz aufsaugt oder nicht, ist aber vor allem Zufall beziehungsweise Glück.

Mehr und vor allem "intelligenter" vernetzte Sensoren könnten (und sollten) ihn außerdem davor bewahren, allzu fest an Gegenstände anzufahren und es ihm ermöglichen, etwa Schnüren ausweichen. Mit diesen zusätzlichen beziehungsweise ausgebauten Fähigkeiten wäre der Roboter allerdings auch deutlich teurer.

Selber Putzen bleibt die Devise

Bis "intelligente" und dennoch finanzierbare Roboter unsere Wohnung saugen und vielleicht sogar den Nippes unfallfrei abstauben können, wird es noch eine ganze Weile dauern. Bis dahin sind Staubsaugerroboter wie Samsungs NaviBot zwar unterhaltsam, bei intensiver Benutzung einer Wohnung aber keine echte Alternative zum althergebrachten Staubsaugen. Selbst mit einem Navibot lässt sich eine wöchentliche Tiefenreinigung mit dem Staubsauger auf lange Sicht nicht umgehen - ein paar Wollmäuse fangen geht aber immer.

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(futurezone/Nadja Igler)