Das "Mir passiert schon nichts"-Syndrom
Betrug, Phishing, Identitätsdiebstahl - die meisten Computernutzer wissen über drohende Gefahren im Internet Bescheid. Jeder zweite User öffnet trotzdem unbekümmert Spam-Mails. Eine neue Studie warnt nun vor dem gefährlichsten aller Viren: dem vor allem bei jüngeren, männlichen Nutzern weit verbreiteten "Mir passiert schon nichts"-Syndrom.
"Die Konsumenten sehen keinen Zusammenhang zwischen der Verbreitung von Schadsoftware und eigenem risikoreichem Verhalten", lautet die Bilanz einer aktuellen Untersuchung der MAAWG (Messaging Anti-Abuse Working Group), einer internationalen Arbeitsgruppe der Telekommunikationsbranche.
Drittel der deutschen User sieht sich als Experten
Demnach hält sich nahezu die Hälfte (44 Prozent) aller Befragten für kompetent, was Sicherheitsrisiken im Netz angeht. 20 Prozent (in Deutschland gar 33 Prozent) sehen sich überhaupt als Experten auf diesem Gebiet.
Trotzdem gaben 43 Prozent der Anwender an, unerwünschte Werbemails geöffnet, auf einen Link im Spam geklickt, einen Spam-Anhang geöffnet bzw. auf Spam geantwortet oder ihn weitergeleitet zu haben.
Spam geöffnet, um zu schauen, was passiert
Während die Hälfte die Spam-Mails versehentlich geöffnet hat, taten 46 Prozent das absichtlich: Ein Viertel davon wollte sich abmelden oder beim Absender beschweren, 18 Prozent "schauen, was passiert", 15 Prozent interessierten sich für das angepriesene Produkt.
Zu den Spam-Öffnern gehören vor allem Männer und jüngere Nutzer unter 35 Jahren. Kurios: Genau diese Nutzergruppe hält sicher aber gleichzeitig in puncto E-Mail-Sicherheit für besonders erfahren.
"Mir passiert schon nichts"
Obwohl 58 Prozent der Befragten laut eigenen Angaben schon einmal von einem Virus auf ihrem Computer heimgesucht wurden, sehen sich nur 36 Prozent in Gefahr, aktuell von einem Virus befallen zu werden - für die Studienautoren das klassische "Mir passiert schon nichts"-Syndrom.
Auf die Frage, wie sie Schadsoftware-Befall wie zum Beispiel Spam-Bots auf ihrem Rechner entdecken würden, gaben zwei Drittel an, sich auf ihren Virenschutz zu verlassen. Auch am plötzlichen Performanceverlust des Computers und am Auftauchen einer Software, die nicht selbst installiert wurde, und Freunden, die von sonderbaren Mails von ihrer Adressse berichten, erkennen die Befragten den Befall.
Die MAAWG-Studie wurde im Jänner bei 3.700 Internetusern in sechs Ländern (USA, Kanada, Frankreich, Deutschland, Spanien, Großbritannien) durchgeführt.
Initiative der Nutzer gefragt
Beim Thema Spam sehen die Befragten vor allem ihren Provider und Anti-Viren-Software-Hersteller in der Pflicht. Weniger als die Hälfte der User sehen sich selbst als diejenigen, die die größte Verantwortung dafür tragen, die Verbreitung von Internet-Viren zu stoppen.
"Der einzelne Konsument muss wissen, dass er kein hilfloser Zuschauer ist. Er spielt eine ganz entscheidende Rolle beim Kampf gegen Spammer, indem er sich nicht darauf einlässt und die entsprechenden E-Mails einfach nur als unerwünscht kennzeichnet", mahnt MAAWG-Vorsitzender Michael O'Reirdan.
(futurezone/APA)