Chinesisches Spionagenetzwerk aufgedeckt
Angreifer hatten Indien und Afghanistan im Visier
US-Experten haben ein großangelegtes Spionagenetz im Internet entdeckt, das Indiens Regierung und Sicherheitsorgane sowie den Dalai Lama ausgespäht hat.
Angriffe nach China zurückverfolgt
Die Cyberattacken sollen ihren Ursprung in Chengdu, der Hauptstadt der südwestchinesischen Provinz Sichuan, haben. Betroffen seien auch andere Länder und die Vereinten Nationen (UNO). Außerdem seien vertrauliche Informationen über Reisetätigkeiten unter anderem in Afghanistan ausgekundschaftet worden.
Chinesische Regierung dementiert
Die Regierung in Peking wies die Vorwürfe umgehend zurück. "Wir verstehen nicht, warum diese Leute immer die chinesische Regierung erwähnen", sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Jiang Yu. Die Volksrepublik China lehne Cyber-Verbrechen ab und gehe gegen Angreifer vor. Solche Angriffe seien ein "internationales Problem".
In ihrer achtmonatigen Untersuchung hatten die Forscher das entdeckte "komplexe System von Cyber-Spionage" zu "bekannten Gruppen innerhalb des kriminellen Untergrunds" in China zurückverfolgt.
"Es gibt auch eine offensichtliche Verbindung zwischen den Opfern, der Art der gestohlenen Dokumente und den strategischen Interessen des chinesischen Staates", heißt es in dem Bericht "Shadows in the Cloud". Es sei durchaus möglich, dass die Angreifer von Agenten des chinesischen Staates angeführt werden. Doch könne eine Verwicklung der chinesischen Regierung nicht bewiesen werden. Eine wichtige Frage sei allerdings, ob Chinas Behörden jetzt gegen das Spionagenetzwerk vorgehen werden, schrieben die Forscher.
E-Mails und Regierungsunterlagen
In ihrer achtmonatigen Untersuchung seien die Fachleute auf ein "komplexes System von Cyberspionage" gestoßen, das als "Schattennetzwerk" bezeichnet wurde. Aus dem Büro des religiösen Oberhauptes der Tibeter seien 1.500 E-Mails aus der Zeit zwischen Jänner und November 2009 ausgekundschaftet worden.
Bei der Verfolgung der Spione entdeckten die Forscher Dokumente der indischen Regierung, die als "geheim" oder "vertraulich" eingestuft waren. Es sei um geheime Einschätzungen der Sicherheitslage in indischen Unionsstaaten gegangen oder Beziehungen Indiens zu anderen Ländern.
Die Forscher bauten auf ihren Untersuchungen auf, die im März 2009 zur Enthüllung eines "Ghostnet" genannten Spionagerings geführt hatten. Von den damaligen Angriffen, die vor allem auf die exiltibetische Gemeinde abzielte, waren Computer von Behörden und Organisationen in 103 Ländern betroffen.
(dpa)