Kritik an E-Voting-Evaluierung
SPÖ und Grüne haben scharfe Kritik an der Evaluierung des E-Votings bei der ÖH-Wahl 2009 geübt, die zu großen Teilen von einem an der Durchführung der elektronischen Stimmabgabe beteiligten Unternehmen erstellt wurde.
Die elektronische Stimmabgabe sorgt auch nach der Absage von Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) für das E-Voting bei der Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) 2011 für Diskussionen. Am Osterwochenende kritisierten SPÖ und Grüne den am Freitagabend veröffentlichten Evaluierungsbericht zu dem erstmals bei der ÖH-Wahl 2009 durchgeführten E-Voting.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter bezeichnete den Bericht in einer Aussendung als "peinliche Selbstevaluierung". Auch für die grüne Justizsprecherin Daniela Musiol ist die Evaluierung "äußerst fragwürdig".
"Sehr gut funktioniert"
Laut dem 123 Seiten umfassenden Bericht war die "erstmalige Durchführung von E-Voting bei einer rechtsgültigen Wahl in Österreich erfolgreich". Die elektronische Stimmabgabe habe "bis auf die bereits jetzt bekannten, eher juristisch relevanten Unvollkommenheiten sehr gut funktioniert". Probleme räumt der Bericht bei der Verwendung und Verbreitung der Bürgerkarte als Voraussetzung für die Online-Stimmabgabe ein.
Erstellt wurde die Evaluierung zu großen Teilen vom E-Voting-Kompetenzzentrum e-voting.cc und der Forschungsgruppe "Industrial Software" der Technischen Universität Wien, die an der Durchführung der elektronischen Stimmabgabe bei der ÖH-Wahl 2009 selbst maßgeblich beteiligt waren. Ein kurzer externer Teil, der eine gesellschaftspolitische Analyse des E-Votings beinhaltet, wurde vom Institut Sora verfasst.
"Farce"
Der Bericht sei eine "Farce" und alles andere als unabhängig, kritisierte auch Eva Pentz von den Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), die ebenso wie der Verband der Sozialistischen StudentInnen (VSStÖ) das Wahlergebnis wegen der elektronischen Stimmabgabe angefochten hatten.
So werde etwa die Einsichtsphase für die Wahlkommission in den Quellcode der E-Voting-Software im Evaluierungsbericht als ausreichend dargestellt. Diese sei aber "sehr restriktiv" verlaufen, eine Bewertung des Programms nicht möglich gewesen. Auch Probleme bei Durchführung und Auszählung der elektronischen Stimmabgabe würden nicht erwähnt. Die GRAS forderten deshalb einen "ordentlichen und unabhängigen Bericht".
"Komplexes System"
Im Wissenschaftsministerium kann man dieser Forderung nichts abgewinnen. Eine rein externe Evaluierung wäre schwierig, sagte ein Ministeriumssprecher. Das System sei komplex, es würde ewig dauern, bis sich ein Prüfinstitut eingearbeitet habe.
Auch Robert Krimmer von e-voting.cc weist die Kritik an dem Evaluierungsbericht zurück. Das Ministerium habe sich bewusst für einen "gemischten Evaluierungsansatz" entschieden, bei dem sowohl Erfahrungen aus der internen Perspektive als auch die externe Sicht auf das E-Voting einfließen sollten.
Änderung in der Wahlordnung
Nach der Absage an das E-Voting bei der kommenden ÖH-Wahl will das Wissenschaftsministerium nun die Hochschülerschaftswahlordnung entsprechend ändern. Einen konkreten Wortlaut dazu gebe es noch nicht, meinte der Ministeriumssprecher. Davor gebe es Gespräche mit der ÖH. Es sei durchaus im Rahmen der Möglichkeiten, dass einzelne Elemente des E-Votings, etwa die elektronische Wahladministration, weiter verwendet würden.
Im Wissenschaftsministerium werden derzeit auch Berufungen gegen Entscheidungen der Wahlkommission zu den ÖH-Wahlen 2009 geprüft. An den Universitäten Wien und Salzburg wurden die ÖH-Wahlen aufgehoben, an den anderen Unis wurde den Anfechtungen nicht stattgegeben. Die GRAS und der VSStÖ kündigten bereits an, mit den Klagen bis zum Verfassungsgerichtshof gehen zu wollen, damit dieser einen Grundsatzentscheid über die Zulassung von E-Voting in Österreich fällt.