Initiative will Regierungsdaten öffnen
Die von Vertretern österreichischer Forschungseinrichtungen und Universitäten ins Leben gerufene Initiative "Open Government Data" will Regierungsdaten frei zugänglich und automatisiert verarbeitbar machen. Damit sollen neue Anwendungen und Dienste ermöglicht und die Beteiligung der Bürger an politischen Prozessen gefördert werden.
Auf der Website WhereDoesMyMoneyGo.org können britische Bürger überprüfen, wohin ihre Steuerabgaben fließen. Der Dienst gibt auch Einblick darin, wie sich die Staatsausgaben im Laufe der Jahre verändert haben, und stellt das Datenmaterial ansprechend visualisiert dar.
WhereDoesMyMonego ist eine von zahlreichen Anwendungen, die freie Regierungsdaten nutzen, die seit Anfang des Jahres in Großbritannien über die Website Data.gov.uk in zunehmenden Maße verfügbar gemacht werden.
"Offene Daten schaffen Transparenz, Effizienz und Innovation", sagt Rufus Pollock, Gründer der britischen Open Knowledge Foundation, die auch für WhereDoesMyMoneygo verantwortlich zeichnet.
Materialien zum Meet-up der "Open Goverment Data"-Initiative können auf den Seiten des Zukunftsweb abgerufen werden. Ein nächstes Treffen der Initiative ist am 12. Mai um 9.30 Uhr im Raum D im quartier 21 des Wiener MuseumsQuartiers geplant.
"Besserer Nutzen für Bürger und Wirtschaft"
Pollock war am Donnerstagabend bei einem Treffen von "Open Government Data" in Wien zu Gast. Das Bündnis macht sich für den freien Zugang zu Regierungsdaten in Österreich stark, damit Bürger, Verwaltung und Wirtschaft besseren Nutzen aus den riesigen vorhandenen Datenmengen ziehen können, wie es bei der Vorstellung von "Open Government Data" in den Räumlichkeiten der Österreichischen Computergesellschaft in Wien hieß.
Allgemeine Verfügbarkeit
Der Initiative geht es etwa um Daten über Investitionen und Förderungen, über Entscheidungsvorgänge im Parlament und Daten zur Wirtschaftsleistung, Kriminalität und der Gesunheitsversorgung, nicht aber um personenbezogene Daten.
Die von der öffentlichen Hand finanzierten und erhobenen Daten sollen in einem zentralen Verzeichnis in menschen- und maschinenlesbarer Form zur Verfügung gestellt werden, so eine Forderung der Initiative.
"Die Daten sollten in standardisierter Rohform zugänglich gemacht werden", sagte der Semantic-Web-Forscher und IT-Berater Andreas Langegger unter Verweis auf die von Open-Government-Initiativen erarbeiteten Prinzipien zur Freigabe von Regierungsdaten (Open Government Data Principles), die unter anderem auch die zeitnahe, nicht-diskriminierende und lizenzfreie Veröffentlichung von Datenmaterialien der öffentlichen Hand proklamieren.
"Win-Win-Situation"
Dadurch würde sich eine "Win-Win-Situation" zwischen Regierung und Volk ergeben, so der Wissenschaftler: "Offene Systeme ermöglichen externes Engagement."
Auf Basis der Daten würden neue Anwendungen von Drittanabietern entstehen. Mit dem Datenmaterial könnten Bürger staatliche Auswertungen überprüfen. Aber auch die Effizienz der Verwaltung könnte erhöht werden, da Daten oft mehrfach erhoben werden und über den freien Zugang Doppelgleisigkeiten vermieden werden könnten.
"Umdenken notwendig"
"Ein Umdenkten ist notwendig", meinte Langegger, der auch Parallelen zu Open-Source-Software zieht: "Mit quelloffener Software sind neue Märkte und bessere Dienstleistungen entstanden."
Die Initiative wolle nun Bewusstsein für freie Regierungsdaten schaffen und Barrieren abbauen, die den Bürger daran hindern, die Daten selbst zu verwenden, sagte Martin Kaltenböck von der Wiener Semantic Web Company, die die Initiative über ihr Projekt Zukunftsweb unterstützt: "Jeder, der sich beteiligen will, ist eingeladen", so Kaltenböck. Das gelte auch für öffentliche Stellen.
Zahlreiche Hürden in Österreich
Hürden für die Freigabe von Regierungsdaten gebe es in Österreich viele, sagte Peter Parycek, Leiter des Zentrums für E-Government an der Donau-Universität Krems: "Die meisten Daten, die interessant sind, wurden schon verkauft." Darüber hinaus seien viele Daten, die von externen Anbietern für den Staat erstellt wurden, urheberrechtlich geschützt.
Auch bestehe in der Verwaltung das Interesse, geschlossene Datensilos beizubehalten und Transparenz zu verhindern, sagte Parycek: "Transparenz heißt Machtverlust." Die "nicht vorhandene Kultur der Transparenz in Österreich" sei die größte Hürde, so der Forscher. Das könnte auch dazu führen, dass Österreich Wettbewerbsvorteile verliere und gegenüber angloamerikanischen und skandinavischen Ländern, die über hohe Transparenzstandards verfügen, ins Hintertreffen gerate.
Großbritannien in Europa Vorreiter
In Großbritannien habe eine Kombination von aufgeschlossenen Regierungsbeamten, zivilgesellschaftlichen Initiativen und Unternehmen, die das Potenzial freier Regierungsdaten erkannt haben, zur raschen Schaffung einer Infrastruktur für offene Daten geführt, erläuterte Open-Knowledge-Foundation-Gründer Pollock.
Die Ende Jänner gestartete Plattform Data.gov.uk sei innerhalb eines Jahres umgesetzt worden. Dazu habe auch der hinter der Initiative stehende World-Wide-Web-Erfinder Tim Berners-Lee beigetragen. Aber auch die Politik habe die Zeichen der Zeit erkannt, so Pollock, der den britischen Premierminister Gordon Brown (Labour) mit den Worten zitierte: "Alles, was es braucht, ist der Wille und die Bereitschaft der Regierung, Kontrolle abzugeben."
Vorbild USA
Dass offene Daten auch auf Regierungsebene zum Thema gemacht werden, sei auf US-Präsident Barack Obama zurückzuführen, der Open Government als höchste Agenda in seinen Regierungsplan genommen habe, sagte E-Government-Forscher Parycek.
Die USA begannen bereits im April 2009 damit, Datenbestände der Regierung über die Website Data.gov der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Obama habe sein Wahlversprechen, Politik auf gleicher Augenhöhe mit den Bürgern zu machen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, umgesetzt.
Offene Daten würden die Möglichkeiten von Bürgerbeteiligung in Politik und Gesellschaft fundamental verändern, sagte Pollock. Früher habe es geheißen, die Regierung weiß es besser. Die Öffnung der Daten und die Verschränkung von Datenbeständen durch Anwendungen ermögliche es den Bürgern, Entscheidungen zu hinterfragen und zu analysieren.
In den USA werden mittlerweile rund 1.500 Datenbestände der Regierung angeboten. In Großbritannien sind es bereits über 3.000. Entwickler können sie problemlos nutzen, um damit kreative Anwendungen, aber auch kommerzielle Web-Angebote zu erstellen.
"Zeigen, was möglich ist"
Die österreichische "Open Government Data"-Initiative will nun darangehen, bei Politik undVerwaltung für die Öffnung von Regierungsdaten zu werben und auch Unternehmen für das Potenzial der offenen Daten zu begeistern. Dazu sollen auch einige Prototypen von Anwendungen auf Basis offener Datenbestände umgesetzt werden, kündigte Kaltenböck an: "Wir wollen zeigen, was mögilch ist."
(futurezone/Patrick Dax)