Erwartungen legen Latte für iPad hoch
Der iPad-Start vor einer Woche sorgt für "Dankesgebete" in der Printmedienwirtschaft. Doch Kritiker sehen in dem Apple-Tablet ein "rückständiges Technikspielzeug".
Mit dem iPad-Verkaufsstart keimt unter Verlagen die Hoffnung, das Apple-Teil könnte der kriselnden Medienwirtschaft wieder etwas Luft verschaffen.
"In den 40 Jahren, die ich für Zeitungen arbeite, gab es nur einmal eine vergleichbare Veränderung: Das war der Farbdruck", so "Zeit"-Gestalter Mario Garcia zur "Bild am Sonntag". Das "Vierknöpfewunder" sei perfekt, um Ereignisse lebhaft zu erzählen. Garcia arbeitet bereits am Design von iPad-Angeboten.
Gute Lesehaptik
In den USA sind große Blätter mit eigenen iPad-Apps schon auf dem Markt. Allerdings gibt es auch Zweifel, ob die neue Technik die Verluste an Lesern und Erlösen aus der gedruckten Welt ausgleichen könnte.
Mit dem Gerät lasse sich das Leseerlebnis der gedruckten Zeitung sehr gut erzeugen, behaupten etwa die Entwickler der "New York Times". Mit einem Fingerstreich lassen sich Seiten blättern, Animationen, Videos und Fotostrecken abrufen.
"Beten und Steve Jobs danken"
Auch in deutschen Medienhäusern grassiert das Tablet-Fieber. Springer-Chef Mathias Döpfner sagte in einer US-Talksendung, jeder Verleger sollte "sich einmal am Tag hinsetzen, beten und Steve Jobs dafür danken, dass er mit diesem Gerät die Verlagsindustrie rettet".
"Reines Technikspielzeug"
Zweifel, dass sich der Zwitter aus Smartphone und Netbook zu einer wichtigen Ertragssäule entwickeln könnte, gibt es auch. "Das iPad stellt sich als Technikspielzeug heraus", sagt der Medienökonom Jan Krone (Fachhochschule St. Pölten). Bei aller Euphorie bleibe die gedruckte Zeitung für Informationssuchende unerlässlich - auch wegen der Funktionsvielfalt des Rohstoffes Papier und seiner Robustheit.
Bessere Chancen für E-Reader-Akzeptanz hätten Fachinformationen. "Je mehr Boulevard, desto geringer die Bereitschaft zu zahlen", sagt Krone. Die Verlage dürfen aber nichts unversucht lassen, nach neuen Erlösquellen zu suchen. "Sie sehen die Option, durch den digitalen Vertrieb, hohe Druck- und Vertriebskosten zu minimieren."
"IPad ist rückständig"
Skeptisch ist auch Internet-Guru Jeff Jarvis. "Das iPad ist rückständig", nur für den Konsum konzipiert, zur Kontrolle der Nutzer, die sich in einem geschlossenen App-Universum bewegen sollen, schreibt Jarvis in seinem Blog.
Das Internet habe dem Nutzer die Kontrolle über den Medienkonsum gegeben und die Möglichkeit, Nachrichten zu kommentieren, zu mailen und zu verlinken. "All das geht mit dem iPad nicht."
(dpa)