© Fotolia/XDream, Fingerabdruck

EU-Innenminister geben grünes Licht für SIS II

KONTROLLE
23.04.2010

Trotz massiver Einwände der Vertreter Österreichs, Deutschlands und Frankreichs haben die EU-Innenminister am Freitag beschlossen, das umstrittene Polizeidatensystem SIS II zu starten. Das nicht einsatzfähige System hat bereits über 80 Millionen Euro verschlungen und auch im März den letzten Test nicht bestanden.

Die Polizei in den europäischen Ländern rüstet auf. Künftig sollen die Fahnder mit einem neuen Computersystem schneller Daten austauschen können. Die EU-Innenminister gaben in Brüssel grünes Licht für das neue Schengener Informationssystem SIS II, das bisher aufgebaute System solle weiter getestet werden. Der Beschluss wurde trotz der Einwände von Deutschland, Österreich und Frankreich gefasst, die ihre abweichende Meinung zu Protokoll gaben.

"Millionengrab" Polizei-IT

Nach Ansicht dieser Länder ist das Betriebssystem nicht ausgereift. Das System habe einen letzten Belastungstest nicht bestanden. Dieser Test hätte ursprünglich im Jänner stattfinden sollen und musste dann im März durchgeführt werden - mit negativem Ergebnis.

"Das ist ein Millionengrab", sagte ein EU-Diplomat. Mehr als 80 Millionen Euro habe SIS II bereits gekostet - und es werde noch teurer. Ernst Strasser, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, hatte die bisher für SIS II ausgegebene Summe am Dienstag gar auf 90 Millionen Euro geschätzt und den EU-Rechnungshof dazu aufgefordert, die Vorgänge rund um SIS II zu prüfen.

Wann genau das System einsatzbereit sein wird, ist noch offen. Der Auftrag für SIS II und das Visa-Informationssystem VIS ging im Oktober 2004 an ein Firmenkonsortium unter der Leitung von Hewlett-Packard und Steria. Der erste Vertrag hatte, laut einer Mitteilung der Kommission vom 26. Oktober 2004, ein Volumen von rund 40 Millionen Euro. Das System hätte den EU-Polizeien ursprünglich bereits im März 2007 zur Verfügung stehen sollen.

Erweiterung um biometrische Daten

Seit Jahren ringt die EU um eine neue Datenaustauschplattform für alle Polizeibehörden in ihren Mitgliedsstaaten. Das derzeitige System umfasst rund elf Millionen Einträge. Erfasst werden zum Beispiel Daten von Personen, die per Haftbefehl gesucht werden, sowie Kennzeichen von gestohlenen Fahrzeugen.

Auch illegal eingereiste Personen sind darin gespeichert. Das moderne System SIS II soll nun auch biometrische Daten wie digitale Gesichtsbilder und Fingerabdrücke verarbeiten können und mit anderen Datenbanken vernetzt werden. Das stößt bei Datenschützern auf Kritik.

Fekter weiterhin skeptisch

Ihr Vertrauen sei "ziemlich geschwunden", sagte Fekter nach der Sitzung in Brüssel. Gleichzeitig betonte die Innenministerin, dass sie "kein Alternativ-Szenario" für SIS II sehe. Österreich habe gemeinsam mit Deutschland und Frankreich das Fehlschlagen des ersten sogenannten Meilenstein-Tests in die Resolution hineinreklamiert, während die 24 anderen EU-Staaten ja den Test als gelungen ansehen.

"Weiterwursteln ist nicht angesagt, es muss jetzt ein verbindlicher Zeit- und Budgetplan vorgelegt werden", versuchte Fekter Druck zu machen. Dies müsse die Kommission bis Juni vorlegen, wobei auch die Investitionen geschützt sein müssten. "Also man muss verhindern, dass mit dem Tag X das alte System außer Kraft gesetzt ist und das neue nicht funktioniert. Die beiden müssen kompatibel sein. Und es darf zu keiner weiteren Minderung der Qualität der neuen Systems kommen".

PDF-Transfer funktioniert nicht

Fekter betonte, ein "Meilenstein ist dann wirklich gelungen, wenn er auf Knopfdruck funktioniert". Es gehe nicht darum, Interpretationen vorzunehmen, welcher Faktor an einem Fehler schuld sei. Gleichzeitig bestätigte sie, dass bei den Problemen der Datenübermittelung von SIS II auch der europäische Haftbefehl betroffen sei. Die entsprechenden PDF-Dateien könnten nicht problemlos übermittelt werden.

Sie hoffe, dass es gelinge, die vorhandenen Mängel auszumerzen. Warum ein Alternativ-Szenario unwahrscheinlich ist, begründet Fekter auch mit den bisher aufgelaufenen Kosten. Es würden bei einem Alternativmodell erhebliche Verluste auftreten.

Mehr zum Thema:

(dpa/APA/futurezone)