Bewegung bei "digitaler Dividende"
Bundeskanzleramt und Infrastruktuministerium wollen noch vor dem Sommer eine Entscheidung über die weitere Vorgehensweise bei der Vergabe der "digitalen Dividende" treffen. Dass eine Studie über die künftige Verwendung der frei werdenden Analog-TV-Frequenzen unter Verschluss bleibt, sorgt bei der ÖVP für Empörung.
In die Debatte über die "digitale Dividende" kommt nun doch schon früher als geplant Bewegung. Eine grundsätzliche Entscheidung über die weitere Vorgehensweise solle noch vor dem Sommer fallen, sagte ein Sprecher von Medienstaatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ). Auch die Vergabe der Lizenzen soll nun rascher erfolgen als bisher geplant: 2015 sei nur der "spätestmögliche Termin", angestrebt werde eine frühere Entscheidung, hieß es dazu im Büro von Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ).
Derzeit wird im Bundeskanzleramt und im Infrastrukturministerium der Inhalt einer Studie evaluiert, die von der Regierung im Dezember 2009 bei zwei Consulting-Unternehmen in Auftrag gegeben wurde, um verschiedene Szenarien (unter anderem eine Mischnutzung durch Mobilfunk und TV) durchzurechnen. Die Ergebnisse der Studie würden vorerst nicht veröffentlicht, so der Sprecher des Medienstaatssekretärs.
Empörung bei ÖVP
Dass Ostermayer und Bures die Studie zur "Digitalen Dividende" unter Verschluss halten, stößt dem Koalitionspartner sauer auf. Ihren Informationen zufolge enthalte die Studie eine "ganz eindeutige Empfehlung" der Autoren für eine Vergabe des Frequenzbereiches an die Mobilfunk-Branche, so VP-Telekomsprecherin Karin Hakl. "Ich fordere die umgehende Veröffentlichung der Studie", so die VP-Abgeordnete. Dieses Thema dürfe nicht "im stillen Kämmerlein zwischen einem Staatssekretär und einer Ministerin ausgemacht werden".
Schlagabtausch
Im Kern geht es um die Frage, wem das durch die Digitalisierung des Fernsehens frei gewordene Frequenzband zugeschlagen werden soll: den Mobilfunkunternehmen oder den TV-Anstalten. Bisher war von einer Vergabe der Lizenzen erst im Jahr 2015 die Rede.
Die "digitale Dividende" betrifft vorerst den Frequenzbereich zwischen 790 und 862 MHz: Weil digitales Fernsehen mit einem deutlich "schlankeren" Signal auskommt als das ältere analoge TV, werden diese Frequenzen für die Ausstrahlung des digitalisierten Fernsehprogramms nicht mehr benötigt und können künftig anderweitig genutzt werden. Allerdings interessieren sich sowohl die TV-Sender als auch die Mobilfunkfirmen für die entsprechenden Senderechte und liefern einander bereits seit Monaten einen heftigen Schlagabtausch.
Telekoms sehen sich im Vorteil
Die Telekomunternehmen sehen sich jedenfalls in der besseren Position und rechnen mit einer Einschätzung der Studienautoren pro Mobilfunk. Sie wollen die Frequenzen für den Ausbau des mobilen Breitbandinternets verwenden und sehen den "volkswirtschaftlichen Effekt" hier angesichts absehbarer Infrastrukturinvestitionen am größten, wie es beim Forum Mobilkommunikation heißt.
Beim Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) steht man dagegen auf dem Standpunkt, dass Frequenzbereiche, die von den Sendern mit Milliardeninvestitionen in das Digital-TV erst freigemacht wurden, zumindest teilweise auch weiterhin dem Fernsehen zur Verfügung stehen sollen.
Versteigerung in Deutschland
In Deutschland ist die Versteigerung der Frequenzen an die Handynetzbetreiber bereits angelaufen. Erwartet werden Verkaufserlöse zwischen drei und sieben Milliarden Euro. Vor zehn Jahren hatte die Versteigerung der UMTS-Frequenzen dem deutschen Staat mehr als 50 Milliarden Euro gebracht. Die Versteigerung in Österreich verlief damals dagegen enttäuschend: Statt der erwarteten bis zu 2,9 Milliarden Euro blieben der Regierung Ende 2000 nur 832 Millionen Euro.
(APA)