© Fotolia/Joachim Schiermeyer, Glasfaser

Breitband: Wettrennen um die "letzte Meile"

REGULIERUNG
05.05.2010

Regulator und Telekombranche sind dabei, die Regeln für den weiteren Ausbau des österreichischen Breitbandnetzes festzulegen. Auf der letzten Meile zum Kunden könnten sich jedoch die als "Zwischenschritt" vorgesehene Technologie VDSL2 und der Ausbau der mobilen Breitbandnetzes als Hemmschuh für die Glasfaserverkabelung erweisen.

Die Regulierungsbehörde RTR lud am Mittwoch in Wien zu einem Pressegespräch über die nächsten Schritte hin zum Ausbau der österreichischen Breitbandnetze. Am Montag nämlich hatte die Telekom-Control-Kommission (TKK) die Rahmenbedingungen für den Glasfasernetzausbau konkretisiert.

Der Vorschlag der TKK wird bis 2. Juni zur öffentlichen Konsultation bereitstehen, die Koordination auf EU-Ebene bis 10. Juni beendet sein. Nach Einarbeitung der Rückmeldungen aus der Branche sollen die Regeln im Frühsommer endgültig festgezurrt sein.

Ziel ist es, die Glasfaserstränge immer näher zum Kunden zu bringen, statt der derzeit üblichen 16 bis 20 MBit/s über ADSL2+ soll die Mehrzahl der User mittelfristig über Glasfaserstränge, die zum nächsten Verteilerkasten führen (FTTC) oder bis ins Haus (FTTB), mit bis zu 40 bzw. 80 MBit/s ins Netz gehen können. "Die Erfordnernisse der Endkunden steigen", so RTR-Chef Georg Serentschy, die Entwicklungen im Web zeigten, dass die Nutzer verstärkt Videoangebote nutzen und auch selbst Medieninhalte hochladen wollten. Nicht zuletzt sei das Internet "wesentlich für das Wirtschaftswachstum", daher sei der Breitbandausbau "ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen".

VDSL2 über Vermittlungsstelle

Einer der TKK-Vorschläge bezieht sich allerdings nicht auf den Ausbau des Glasfasernetzes, sondern auf die Möglichkeit, den Übertragungsstandard VDSL2 via Vermittlungsstelle, im Branchenjargon VDSL@CO, einzusetzen. Dieser schafft zwischen 25 und 30 MBit/s, kann relativ schnell eingeführt werden und läuft noch über die alten Kupferleitungen. Das könnte allerdings dazu führen, dass VDSL2 für die Kunden gut genug und für die Provider profitabel genug ist, so dass sich der eigentlich wichtige Schritt des Glasfasernetzausbaus weiter verzögern könnte.

Die von der TKK zur Diskussion gestellten Regeln sehen nämlich auch vor, dass Unternehmen, die ihre Systeme erst auf VDSL2 aktualisieren, von der marktbeherrschenden Telekom Austria, die in derselben Region die schnelleren Glasfasersysteme installiert, eine Abgeltung ihrer "frustrierten Investitionen" fordern können. Eigentlich soll diese Regel die Provider dazu ermuntern, ihre Systeme auf VDSL2@CO zu aktualisieren, was die RTR als "Zwischenschritt" auf dem Weg hin zum Glasfaserausbau sieht. Es könnte jedoch auch sein, dass diese Regel den Glasfaserausbau in bestimmten Regionen verteuert und damit zumindest verzögert.

Konkurrent mobiles Breitband

Nachdem nun die Vergabe der wertvollen Frequenzen aus der "digitalen Dividende" an die Mobilfunker feststeht, werden diese sich auch damit beeilen, ihren schnellen LTE-Datenfunk auszubauen - auch das könnte in ländlichen Regionen den Glasfaserausbau hemmen. Zwar müssen auch die Funkstationen mit mehr Bandbreite ans Backbone angebunden werden, aber wie VDSL2 könnte auch LTE für viele Kunden "good enough" sein. Die RTR sieht den sich anbahnenden Wettbewerb der Systeme gelassen. "Wir schreiben den Providern nicht vor, mit welcher Technologie sie zum Endkunden gehen", so Serentschy.

Wann die Endkunden in den Genuss der wirklich schnellen Übertragungsgeschwindigkeiten über Glasfaser kommen werden - bei einem Anschluss direkt in der Wohnung (FTTH) sind 100 MBit/s und mehr möglich -, mochte der RTR-Chef nicht prognostizieren. "Der flächendeckende Ausbau des Glasfasernetzes ist eine Sache von mehreren Jahren", so Serentschy, "es gibt dafür keinen Masterplan." Die Verkabelung der Endkunden mit Glasfaser sei teuer, derzeit gebe es in Österreich nur sehr wenige Haushalte mit Glasfaseranschluss.

Teurer Ausbau

Die TA hatte im vergangenen Jahr einen Glasfaser-Investitionsplan mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Euro über eine Laufzeit von vier Jahren aufgelegt. Dazu kommen noch 30 Millionen Euro, die zu gleichen Teilen aus den Fördertöpfen von EU und Bundesregierung für den Ausbau der Breitbandnetze in strukturschwachen Regionen bereitgestellt werden sollen. Die Ausschreibung solle allerdings technologieneutral erfolgen, so Serentschy, womit auch die Mobilfunker im Rennen sind.

Reguliert werden soll auch die "virtuelle Entbündelung", also die Kosten für die Mitbenutzung von Glasfasersystemen des Mitbewerbers, womit die Position der kleineren Provider gegenüber der TA gestärkt werden soll. Für diese "entscheidende Regelung" mit starker Signalwirkung seien aber noch keine Tarife festgelegt worden, so der RTR-Chef. Um die TA zum weiteren Ausbau des Glasfasernetzes zu bewegen, soll sie Risikoaufschläge für bestimmte Investitionen erhalten.

Infrastrukturbesitzer sollen kooperieren

Die alternativen Provider sollen wiederum einen genauen Einblick in die Planung der TA in Sachen Netzausbau erhalten, die Regeln zur Nutzung vorhandener Infrastruktur wie Leerrohren und ungenutzten Glasfasersträngen ("Dark Fiber") sollen weiter konkretisiert werden, auch die Zugangskonditionen für Nachfrager sollen gegenüber der letzten Novelle des Telekommunikationsgesetzes vom Sommer 2009 verbilligt werden.

Damit will die RTR die Kooperation zwischen Akteuren wie Telekoms und Kabelnetzbetreibern und Glasfasernetzbesitzern wie den Energieversorgern und den ÖBB fördern. Die sei wegen der hohen Kosten wichtig. "60 bis 80 Prozent der Kosten im Glasfaserausbau werden durch Grabungen verursacht", so Serentschy, "eine Gürtelquerung in Wien ist fast nicht machbar."

(futurezone/Günter Hack)