Breit angelegter Datentausch in der EU
Die EU-Polizeidienste wollen künftig enger zusammenarbeiten und den Datenaustausch intensivieren. Österreich und Deutschland nehmen dabei eine Vorreiterrolle ein. Datenschützer kritisieren den geplanten Datentausch und fordern eine EU-weite Datenschutzregelung.
Beim Treffen der EU-Innen- und -Justizminister in Dresden zeichnete sich am Montag eine große Zustimmung zum Plan der deutschen Ratspräsidentschaft ab, den Vertrag von Prüm in europäisches Recht zu übertragen.
Der von sieben Mitgliedsstaaten geschlossene Vertrag sieht vor, dass die Partnerländer bei der Strafverfolgung gegenseitig direkt auf DNA- und Fingerabdruck-Dateien sowie Fahrzeugregister zugreifen können.
Der im Jahr 2005 in der Eifel-Stadt Prüm geschlossene Vertrag regelt die polizeiliche Zusammenarbeit der EU-Staaten Deutschland, Frankreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Spanien und Österreich. Dabei geht es vor allem um den Datenaustausch zur Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität. Inzwischen haben auch Italien, Finnland, Portugal und Slowenien ihren Beitritt zum Prümer Vertrag erklärt.´
Ziel der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ist es, diesen Vertrag in den Rechtsrahmen der EU zu überführen. Damit würde er für alle 27 Mitgliedsstaaten gelten.
Österreich spielt Vorreiterrolle
Österreich und Deutschland sind nach der Vereinbarung seit einigen Wochen die ersten Staaten weltweit, die einander Zugriff auf ihre Polizei-Datenbanken gewähren.
Der Gendaten-Abgleich zwischen den beiden Ländern habe insgesamt bereits zu fast 3.000 Treffern geführt, teilte Innenminister Günther Platter [ÖVP] mit. Die Hinweise müssten nun bearbeitet und um Mehrfachtreffer bereinigt werden.
Bedenken wegen Kosten
Vier Mitgliedsstaaten äußerten aber noch Bedenken gegen das Vorhaben. Großbritannien, Irland, Polen und Tschechien befürchteten vor allem hohe Kosten.
Österreich gab für die Einführung des Datentausches und die notwendige technische Anpassung der Datenbanken 830.000 Euro aus, teilte eine Sprecherin des Innenministeriums ORF.at mit. In Deutschland beliefen sich die Kosten für die Modernisierung der Datenbanken auf 930.000 Euro, sagte der deutsche Bundesinnenminister Wolgang Schäuble [CDU].
Datentausch mit den USA
Schäuble schloss nicht aus, dass Deutschland seine polizeiliche Gendatenbank künftig auch für die USA öffnen könne. Ein Anstoß dafür sei im September von US-Vertretern ausgegangen, sagte Schäuble.
Berlin und Washington versuchten nun "bilateral zu klären, ob wir einen ähnlichen Mechanismus, wie wir ihn im Prüm-Vertrag haben, einführen können", sagte Schäuble. Er verwies dabei auf europäische Flugpassagierdaten, die an US-Sicherheitsbehörden übermittelt werden.
Statt der vereinbarten drei Jahre werden die Daten europäischer Flugpassagiere in den USA jedoch 40 Jahre lang gespeichert. US- und internationale Bürgerrechtler fordern die EU zur Revision des Abkommens auf.
Kritik von Datenschützern
Hans Zeger von der ARGE Daten kritisierte gegenüber ORF.at, dass im Vertrag von Prüm nicht klar definiert sei, bei welchen Strafdelikten ein grenzüberschreitender Datenzugriff in Frage kommen solle. "Der Deliktsbegriff ist extrem schwammig formuliert, es müsste ein Kanon von Delikten festgelegt werden, der EU-weit einheitlich gehandhabt wird", sagte der Datenschützer.
"Letztendlich verpflichtet sich Österreich mit dem Prümer Vertrag dazu, auch bei Sachverhalten, welche nach österreichischem Recht gar nicht strafbar wären, DNA-Daten an ausländische Behörden zu übermitteln", hieß es in einer Aussendung der ARGE Daten.
"Datenverfügbarkeit" vor Schutzrechten
Es müsste auch eine scharfe Trennlinie zwischen der Aufklärung von Verbrechen und generalpräventiven Maßnahmen gezogen werden, betonte Zeger. Das Prinzip der "Datenverfügbarkeit" werde gegenüber den Schutzrechten stark in den Vordergrund gestellt, hieß es seitens der ARGE Daten.
EU-weite Datenschutzregelung gefordert
Auch der deutsche Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar drängte auf die rasche Verabschiedung einer EU-weiten Datenschutzregelung bei der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit.
Im Grundsatz habe er jedoch keine Bedenken gegen einen verstärkten Austausch personenbezogener Daten zwischen den europäischen Justiz- und Strafverfolgungsbehörden, erklärte er.
Die allgemeinen Vorgaben der IT-Pläne der deutschen EU-Präsidentschaft reichen vom Aktionsplan für EU-weites E-Government bis zu "Mehr Sicherheit im Internet" und Kampf gegen Spam-E-Mails. Die Besonderen betreffen verstärkte Überwachung des Internets im Kampf gegen den Terror und eine Reevaluation der EU-Richtlinie zum Datenschutz.
(futurezone | dpa | Reuters | AFP)