Beschwerden gegen Datenspeicherpflicht

deutschland
15.01.2007

9.000 Bürger wollen Verfassungsbeschwerde gegen das EU-Überwachungsprojekt einreichen.

"Über 9.000 Personen haben sich bereits bei uns als Beschwerdeführer registriert", freut sich Patrick Breyer, Sprecher des deutschen Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, "Davon haben 2.000 bereits die erforderliche Vollmacht unserem Rechtsanwalt übersandt."

Seit Ende November können sich deutsche Bürger einer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung initiierten Verfassungsbeschwerde anschließen.

Offene Briefe an alle Abgeordneten

Auf der ebenfalls vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung betriebenen Site, auf der besorgte Bürger offene Briefe über ein Web-Formular gleichzeitig an alle 448 Abgeordneten des deutschen Bundestags schicken konnten, sind unterdessen nur 1.007 Statements zu lesen. Das Formular ist seit Ende September 2006 online.

"Trotz der spärlichen Antworten ist die Aktion nicht sinnlos", betont Patrick Breyer gegenüber ORF.at. "Hinter den Kulissen gibt es zunehmend Abgeordnete, die sich gegen die Vorratsdatenspeicherung aussprechen. Die Briefe besorgter Bürger liefern ihnen gute Argumente."

Einfluss auf Gesetzgebung

Laut Breyer hatten die Initiativen des Arbeitskreises auch Einfluss darauf, wie der im November vorgestellte deutsche Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung gestaltet wurde.

"Darin ist eine Verwendung der Daten durch Geheimdienste und private Rechteinhaber ausgeschlossen", sagt Breyer. "Für die Zukunft denke ich, dass wir zumindest eine Abschwächung der Pläne erreichen können, zum Beispiel dort, wo Verbote anonymer E-Mail-Konten und von Anonymisierungsdiensten vorgesehen sind."

Breyer hält es ebenfalls für "sehr wahrscheinlich", dass das deutsche Bundesverfassungsgericht das vorgesehene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung als nicht verfassungskonform zurückweisen wird.

Mehr Hintergrundinformationen zum Thema Vorratsdatenspeicherung.

Hohe Kosten

Auch in Österreich warnen Bürgerrechtler und Internet-Unternehmer seit Verabschiedung der EU-Pläne im Februar 2006 vor den hohen Kosten und den substanziellen Eingriffen in grundlegende Bürgerrechte durch die Vorratsdatenspeicherung.

Die EU schreibt ihren Mitgliedsländern vor, Angaben zu allen technischen Kommunikationsverbindungen zwischen sechs und 24 Monate lang zu speichern. Die Datensammlung soll bei der Fahndung nach Terroristen und anderen Verbrechern helfen.

Bis September 2007 muss die EU-Richtlinie zur Speicherpflicht von Telefonie-Verkehrsdaten in Österreich umgesetzt werden.

Provider als Hilfs-Sheriffs

Die deutsche Internet-Wirtschaft befürchtet durch die neu in Kraft getretene Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes eine enorme Belastung.