Der richtige Einsatz von E-Learning-Tools
Wie so vieles erfuhr auch der Begriff E-Learning rund um das Jahr 2000 einen Hype als Lösung für alle Probleme: Lernen sollte dadurch schneller, billiger, einfacher, bequemer und leichter verfügbar werden. Nicht alle diese Hoffnungen haben sich erfüllt, aber es gibt E-Learning-Ansätze, die den Bewährungsproben des vergangenen Jahrzehnts standgehalten haben.
Am Sonntag in "matrix"
Mehr zu diesem Thema hören Sie am Sonntag, dem 16. Mai 2010, um 22.30 Uhr im Ö1-Netzkulturmagazin "matrix".
"Der Hype ist lange vorbei", sagt Josef Weißenböck, der an der Fachhochschule St. Pölten das Service- und Kompetenzzentrum für innovatives Lehren und Lernen (kurz SKILL) leitet und davor bereits an verschiedenen Universitäten im Bereich Didaktik und E-Learning tätig war.
Weißenböck: "Man hat geglaubt, das löst alle Probleme in der Ausbildung, aber das ist Humbug. Lernen ist etwas sehr komplexes, das kann nicht durch neue Technologien gelöst werden." Heute setze man deshalb eher auf das "Blended Learning", also die Kombination von E-Learning und Präsenzunterricht.
ECampus der FH St.Pölten
An der FH St. Pölten wird dafür seit etwa vier Jahren der eCampus genützt, eine Moodle-Plattform, auf der alle Lehrveranstaltungen aller Studiengänge vertreten sind.
Vereinfachte Kommunikation
Die wichtigsten Funktionen, die von allen Lehrbeauftragten und Studierenden genützt werden müssen, seien jene für die Kommunikation, sagt Bernhard Brandstetter, der den eCampus vor fünf Jahren gemeinsam mit Kollegen noch als Studierender des Studiengangs Telekommunikation und Medien entwickelt hatte und seither technisch betreut. Über den eCampus können die Lehrbeauftragten Nachrichten direkt an die Teilnehmer ihrer Lehrveranstaltungen schicken, Prüfungstermine vereinbaren, Aufgaben einsammeln und bewerten oder Fragen der Studierenden beantworten. Die meisten Vortragenden bieten außerdem Vortragsfolien und Skripten und andere Lernmaterialien über den eCampus an.
Weiters kann man über den eCampus Befragungen und Abstimmungen durchführen, Termine vereinbaren und verbreiten, man kann Fragebögen generieren, Chatten, sich über ein Forum austauschen, E-Mails verschicken, Online-Prüfungen ausführen, ein Wiki füllen, Audio- und Videodateien einstellen und vieles mehr. Bernhard Brandstetter hat zusätzlich ein Plug-in für die Abgabe von Bachelor- und Diplomarbeiten programmiert, das die Dateien automatisch daraufhin prüft, ob sie Plagiate enthalten.
Moodle
Moodle ist eine Lernplattform unter Open-Source-Lizenz. Der Name des Projekts steht für "Modular Object-Oriented Dynamic Learning Environment". Entwickelt wurde die Plattform von 1999 an vom Australier Martin Dougiamas, der mit bestehenden Plattformen nicht zufrieden war, weil sie nur für die Verteilung von Materialien dienten und sonst keine Funktionen boten.
Die erste Version von Moodle wurde im Jahr 2002 veröffentlicht. Mittlerweile arbeitet eine weltweite Entwicklergemeinschaft daran und es gibt mehr als 50.000 registrierte Installationen in 200 Ländern. Da man die Installation aber nicht registrieren lassen muss – das dient nur zur Information über Updates und Verbesserungen in puncto Sicherheit – wird es vermutlich noch viel mehr geben. Moodle ist – zumindest an österreichischen Schulen und Universitäten – die am häufigsten eingesetzte Lernplattform.
Einsatz in der Weiterbildung
Während der eCampus in vielen Lehrveranstaltungen für Vollzeitstudierende tatsächlich nur für die Kommunikation und Organisation verwendet werde, sei er für die berufsbegleitenden Ausbildungen auch in der Lehre unabdingbar geworden, so Josef Weißenböck.
Damit könne man die Präsenzzeiten verringern und trotzdem gute Lehre und die Möglichkeit sozialer Kontakte der Studierenden untereinander oder des Feedbacks zu den Lehrbeauftragten garantieren. Auch an der Donau-Universität Krems werden die Postgraduate-Ausbildungen mehr und mehr ins Netz verlagert, damit die Teilnehmer, die oft aus dem Ausland anreisen, weniger Zeit und Geld für ihre Studienaufenthalte aufwenden müssen. Die geringeren Präsenzzeiten können dann für die intensiven Gemeinschaftsphasen eines Lehrgangs genützt werden.
Vorlesungen im Netz
Vorlesungen muss man beim E-Learning aber nicht nur als vielleicht trockenes Skriptum erleben, man könnte sie auch hören und/oder sehen. Er sei früher ein Skeptiker von Audio- und Videoaufzeichnungen von Lehrveranstaltungen gewesen, sagt Weißenböck. An Massenunis sei das aber mittlerweile ein Mittel, um im ersten Studienjahr möglichst viele Studierende versorgen zu können und dadurch für die höheren Jahrgänge Betreuungskapazitäten freizubekommen.
Mittlerweile denke er darüber nach, ob man so etwas auch an der FH in irgendeiner Weise sinnvoll einsetzen könne.
Für die berufliche und sonstige Weiterbildung oder das informelle Lernen gibt es viele Veranstaltungen sowie Vorträge von besonders interessanten Personen als Livestream, als aufgezeichnetes Video oder als Podcast im Web. Auch Webinare, also Seminare mit Vortrag und Präsentation, die nur im Web verfügbar sind, verbreiteten sich zunehmend.
Mobile Learning
Für das Lernen von Software erfreuen sich Screencasts großer Beliebtheit, die teilweise sogar gratis zur Verfügung stehen. Etwas nachzubauen, das auf dem Bildschirm vorgeführt und im Ton erklärt wird, ist meist einfacher, als nur nach einem Buch zu lernen.
Die nächste Entwicklung, die auf Lehrende und Lernende zukommt, ist das "Mobile Learning". Das ist im Prinzip E-Learning am PDA oder Smartphone, muss aber an die Geräte und Situationen angepasst werden. Derzeit sind einige Entwicklungen dafür im Gange und es wird sich zeigen, was davon ein Hype ist, und was wirklich brauchbar.
(matrix/Sonja Bettel)