Diaspora: Offene Alternative zu Facebook
Vier junge Programmierer aus New York wollen mit einem dezentralen Netzwerk eine Open-Source-Alternative zu Facebook schaffen. Das Projekt namens Diaspora soll über Crowdfunding finanziert werden und hat es bereits geschafft, das angestrebte Ziel zu übertreffen. Denn die Nachfrage nach einem Netzwerk, das den Nutzern die Kontrolle überlässt, was sie über sich preisgeben wollen, ist groß.
Die Informatikstudenten Daniel Grippi, Maxwell Salzberg, Raphael Sofaer und Ilya Zhitomirskiy des Courant-Instituts der Universität New York hatten nach einem Vortrag des Jusprofessors Eben Moglen über die Privatsphäre im Internet im Februar die Idee, ein offenes, dezentrales Soziales Netzwerk zu schaffen.
Das Netzwerk soll ein Peer-to-Peer-basiertes Soziales Netzwerk werden, das nicht der Kontrolle eines zentralen Anbieters unterliegt, heißt es in einem Blogeintrag auf der eigenes eingerichteten Website Joindiaspora.com. Derzeit gibt es allerdings nur einen rudimentären Prototyp der geplanten Plattform.
Crowdfunding-Erwartungen weit übertroffen
Um das so rasch wie möglich zu ändern, haben die Studenten beim Crowdfunding-Dienst Kickstarter das Konzept ihres Projekts veröffentlicht. 10.000 Dollar in 39 Tagen hätten es werden sollen, um das Projekt über den Sommer effektiv weiterentwickeln zu können. Das Ziel wurde bereits nach zwölf Tagen erreicht - und mittlerweile weit übertroffen. Bis Sonntag (Stand: 14.00 Uhr) kamen bereits 168.730 Dollar zusammen, die von insgesamt 4.493 Unterstützern stammen.
Die vier Studenten zeigten sich in einem Blogeintrag selbst von der breiten und auch internationalen Unterstützung überrascht. "Wir werden im Sommer drei Monate lang intensiv an den Codes arbeiten", versprach Salzberg. Bis zur geplanten Veröffentlichung im Herbst soll es eine dokumentierte API inklusive Quellcode und Basisfunktionen geben.
Nutzer bleibt im Besitz seiner Daten
Der Ansatz für das Projekt basiert auf einer "Freedom Box". Mit dieser Box bleibt jeder Nutzer in Besitz seiner Daten, diese werden auf einem privaten Web-Server, dem Seed, gespeichert. Die Daten bleiben dabei in der Hand der einzelnen Nutzer und werden nur an die Freunde weitergereicht, für die sie freigegeben sind, ohne dass eine zentrale Serverinstanz, wie sie etwa bei Facebook, Xing und studiVZ existiert, sie abgreifen könnte.
Die Features, an denen man als Erstes arbeiten wolle, inkludieren ein gutes, sicheres, verschlüsseltes Protokoll etwa mit HTTPS. Als Alternative fasse man den bereits etablierten Messaging-Standard XMPP ins Auge, heißt es in einem Blogeintrag von Salzberg.
Zudem soll Diaspora auf frei zugänglicher Open-Source-Software basieren. Jeder Nutzer bekommt eine eindeutige, aber ständig wechselnde ID, so dass eine Zusammenführung der Daten stark erschwert ist. Zudem sollen Nutzer gezielt einstellen können, wer welche Daten zu sehen bekommt und welche nicht.
Privatsphäre und Datenschutz für Nutzer wichtig
Diaspora könnte, wenn der Plan über den Sommer zur Realität wird, zu einer offenen - und auch sichereren - Alternative zu Sozialen Netzwerken wie Facebook, Xing, und studiVZ werden. Die Kritiker von Facebook nehmen nach der Einführung des OpenGraph, der Weitergabe von Nutzerdaten an Drittanbieter und einer erneuten Reduzierung der Privatsphäre-Einstellungen immer mehr zu. Für viele Anwender ist mit der erneuten Änderung der Nutzungsbestimmungen eine Grenze überschritten worden.
Genaue Zahlen, wie viele Nutzer das Netzwerk seither verlassen haben, gibt es jedoch nicht. Einem Blogeintrag von Danny Sullivan von Search Engine Land zufolge dürfte das Netzwerk seit der Einführung der neuen Nutzungsbestimmungen bis zu 25 Prozent weniger neue Nutzer dazugewinnen als im Vorjahr.
Zudem könnten zahlreiche Datenpannen und Sicherheitslücken, die etwa das Auslesen der Nutzerdaten mittels Webcrawler ermöglichen, die Nutzer von Sozialen Netzwerken auf Dauer verunsichern.
Weitere Alternativen in Entwicklung
Diaspora ist allerdings nicht das einzige Projekt, das ein freies, dezentrales Open-Source-Netzwerk entwickelt. Onesocialweb, das Projekt von Laurent Eschenauer, Alard Weisscher, Lorena Alvarez und Diana Cheng ist bereits über das Planungsstadium hinaus. Die Plattform basiert auf XMPP und beinhaltet "normale Social-Networking-Aktivitäten" wie Aktivitätsstreams, die Möglichkeit, Nutzerprofile zu erstellen und Anwendungen von Drittanbietern zu nutzen.
Onesocialweb wurde von der Vodaphone Group initiiert. Die Entwickler haben zudem bereits mit den vier Programmierern von Diaspora Kontakt aufgenommen und sie zur Zusammenarbeit eingeladen.
Über den Sommer sollen erste Versionen der beiden freien, dezentralen Sozialen Netzwerke fertig werden. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob das Interesse der Nutzer dann wirklich groß genug ist, um diese Alternativen nicht nur zu unterstützen, sondern tatsächlich zu verwenden. Hier könnten sowohl die tatsächliche Benutzbarkeit der Plattformen als auch die Anbindung an andere Dienste ein zentrales Kriterium sein, damit Diaspora oder Onesocialweb die breite Masse anziehen wird.
(futurezone/Barbara Wimmer)