Wenn Roboter kämpfen
Wenn sich die Visionen führender Experten bewahrheiten, könnten in den nächsten 20 Jahren humanoide autonome Roboter menschliche Soldaten auf dem Schlachtfeld ersetzen. Schon heute sind Tausende Roboter und unbemannte Fluggeräte im Kriegseinsatz, Tendenz steigend. Während Roboter in Kriegsgebieten immer mehr die Aufgaben des Soldaten übernehmen, mutiert dieser zum Mensch-Maschinen-Wesen.
Als im Juni 2007 der erste bewaffnete Roboter im Irak stationiert wurde, sollte es nur eine Frage der Zeit sein, bis der mit einem Maschinengewehr ausgestattete, von der Firma Foster-Miller entwickelte S.W.O.R.D.S ins Gefecht rollte. Doch es kam anders.
Am Sonntag in "matrix"
Mehr zu diesem Thema hören Sie am Sonntag, dem 16. Mai 2010, um 22.30 Uhr im Ö1-Netzkulturmagazin "matrix".
Nicht einmal ein Jahr später wurden die Roboter, ohne einen Schuss abgegeben zu haben, wieder außer Dienst gestellt. Die Begründung eines Verantwortlichen: "The gun started moving when it was not intended to move." Man wolle kein Risiko eingehen, denn ein Unfall würde das Programm um Jahre zurückwerfen.
Dennoch, die Nachfolger des S.W.O.R.D.S stehen bereits in den Startlöchern. Wie etwa das Modular Advanced Armed Robotic System (MAARS), oder der für das Marine Corps entwickelte "Gladiator", der sowohl mit tödlichen als auch mit nicht-tödlichen Waffen ausgestattet ist.
IEDs und EODs
Während die Kampfroboter noch auf ihren ersten Einsatz warten müssen, sind deren unbewaffnete Geschwister in Kriegsgebieten wie dem Irak und Afghanistan kaum noch wegzudenken. Zur Hauptaufgabe der Roboter zählt das Aufspüren und die Entschärfung von Improvised Explosive Devices (IED) - improvisierte Sprengsätze, die eine der Hauptbedrohung für die Besatzungstruppen im Irak und Afghanistan darstellen.
Explosive-Ordonance-Disposal-Einheiten (EOD), wie sie im Oscar-prämierten Film "The Hurt Locker" zu sehen sind, waren auch die Ersten, die mit Robotern ausgestattet wurden. Auch bei der Erkundung von Höhlen in Afghanistan und im Häuserkampf haben sich Roboter bereits bewährt, wie etwa der rucksackgroße "Packbot" der Firma iRobot, welche vor allem durch den Staubsaugerroboter "Romba" bekanntwurde.
Dull, dirty and dangerous
Die Zahl der Aufgaben der Roboter wächst stetig. Unbemannte Versorgungskonvois werden ebenso getestet wie Roboter, die Verwundete vom Schlachtfeld bergen und versorgen können. Nicht nur zu Land, auch in der Luft übernehmen unbemannte und zum Teil bereits autonome Luftfahrzeuge die Aufgaben von Piloten.
Der Camcopter S-100 der österreichischen Firma Schiebel etwa kann selbstständig vom Start bis zur Landung programmierte Routen abfliegen. Die unbewaffnete Drohne soll schon bald im Dienste der US-Armee Sprengsätze und Minen aufspüren.
Zusammengefasst werden die Einsatzgebiete von Robotern mit den drei Ds: dull, dirty and dangerous. Vor allem bei eintönigen Einsätzen, wie Aufklärungsflügen, stoßen Menschen bereits nach weniger als zwölf Stunden an ihre körperlichen und psychischen Grenzen. Für Drohnen hingegen seien Überwachungsflüge über der Wüste ebenso spannend wie Partys im Playboy-Anwesen, beschreibt der Autor des Buches "Wired for War", Peter Singer, die Vorzüge der Maschinen.
wiredforwar.pwsinger.com
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G. I. Joe-Bot
Die Roboter und Drohnen, die zurzeit in Krisengebieten im Einsatz sind, werden meist von Menschen gesteuert. Allerdings existieren bereits Prototypen autonom agierender, bewaffneter Roboter. Laut einer Studie der Forschungsabteilung der US-Armee (DARPA), bei der Roboterwissenschaftler und Militärs befragt wurden, sollen schon in zehn Jahren die ersten autonomen, humanoiden Roboter Infanterieaufgaben übernehmen.
Ein ungelöstes technisches Problem stellt gegenwärtig noch die Diskriminierung, also die zuverlässige Unterscheidung zwischen Bewaffneten und Unbewaffneten sowie befreundeten und feindlichen Einheiten dar. Auch rechtliche Fragen sind noch nicht geklärt: Wer trägt im Falle von Kollateralschäden die Verantwortung?
Vor allem aber ethische Fragestellungen bezüglich des Einsatzes bewaffneter, autonomer Roboter wurden in den letzten Jahren intensiv diskutiert. Während argumentiert wird, dass Roboter aufgrund fehlender Emotionen wie Rache und Hass gar nicht in der Lage wären, so etwas wie Kriegsverbrechen zu begehen, werde das Fehlen von Mitleid und Empathie als problematisch erachtet. Außerdem wären Roboter nicht in der Lage, Befehle aus moralischen Gründen zu verweigern.
Der Roboterethiker Ronald Arkin entwickelte in diesem Zusammenhang das Konzept des "Ethical Governors", wobei ein künstliches Gewissen verhindern soll, dass Roboter Kriegsverbrechen begehen.
Future Force Warrior
Ob Roboter die Kriege der Zukunft dominieren und den Soldaten ersetzen werden, bleibt fraglich. Das Konzept des "Future Force Warriors" der US-Armee sieht vielmehr die Verschmelzung zwischen Mensch und Maschine vor. Schon heute ist der Soldat digital mit den Kommandozentralen vernetzt und mit Kameras, Head-up Displays sowie Sensoren zur Überwachung der Vitalfunktionen ausgestattet. Durch Nanotechnologie, die unter die Haut geht, "intelligente" Körperrüstungen und Exoskelette, welche die Bewegungen des Trägers unterstützen, mutiert der Soldat zunehmend selbst zum Cyborg.
(Margarita Köhl, Daniel Hufler)