© Google/Screenshot: ORF.at, Männchen in Google Street View

EU-Lösung für Street View gefordert

DATENSCHUTZ
28.05.2010

Die Affäre um die Erfassung von WLAN-Daten durch Google ruft Unmut bei VfGH-Präsident Gerhart Holzinger und den österreichischen Datenschützern hervor. Sie fordern eine internationale Regulierung der Street-View-Probleme. Denn unter anderem gelten für europäische Dienste wie das rumänische Norc andere Regeln als für Google.

"Es ist eine Phase erreicht, in der die Privatsphäre der Bürger in einem Ausmaß beeinträchtigt wird, wie man sich das bis vor kurzem nicht vorstellen konnte", sagte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) gegenüber den "Oberösterreichischen Nachrichten" (Freitag-Ausgabe). Nötig seien nun "rasch" Initiativen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene.

Das Vorgehen Googles sei nach Ansicht Holzingers nicht zu tolerieren: "Würde das Innenministerium nach dem Vorbild von Google Autos durch Österreich schicken, Häuser und Gärten fotografieren und nebenbei auch noch - versehentlich oder nicht - ungeschützte Internet-Daten aufzeichnen, würde man zu Recht von einem Skandal sprechen." Bei einem internationalen Großkonzern müsse man dagegen zur Kenntnis nehmen, wenn gesagt werde: "Das ist uns leider passiert, wir werden das eh löschen", kritisiert der VfGH-Präsident.

Europäische Lösung gefordert

Der Datenschutzrat (DSR) bekräftigte in einer Aussendung vom Freitag erneut, dass für die Aufnahme und Veröffentlichung von Fotografien von Straßenzügen durch verschiedene Diensteanbieter eine europäische Rechtsgrundlage geschaffen werden müsse.

Die Veröffentlichung von Aufnahmen solle ausschließlich ohne Personenbezug erfolgen, so der DSR. Dass die EU ihre Datenschutzrichtlinie an die Erfordernisse neuer Technologien und Angebote im Internet wie Cloud-Computing anpassen muss, ist auch im Rahmen der unlängst vorgestellten Digitalen Agenda vorgesehen.

"Die Diskussionen über Geodatenanbieter im Internet werden in fast allen Mitgliedsstaaten in der EU geführt", so DSR-Vorsitzender Johann Maier (SPÖ). "Daher wird es notwendig sein, im Zuge der Neuregelung des Europäischen Datenschutzrechts gerade diese Problemstellungen eindeutig im Sinne der europäischen Bürger zu regeln. Besonders muss geklärt werden, wie gegen Diensteanbieter, die illegal private Daten erfassen und speichern, vorzugehen ist."

Norc und Street View: Der kleine Unterschied

"Das Thema wird in der Artikel-29-Gruppe der europäischen Datenschützer heiß diskutiert", so Waltraut Kotschy, Vorsitzende der Datenschutzkommission (DSK), am Freitag gegenüber ORF.at.

Wie wichtig eine europäische Regelung ist, zeigt das Beispiel des rumänischen Anbieters Norc, der noch vor Google Straßenzüge in Wien erfasst hat. Gegenüber Norc seien der Datenschutzkommission die Hände gebunden, so Kotschy, denn laut EU-Recht gilt für Dienste mit Sitz in einem anderen EU-Staat dessen Datenschutzrecht, in Fall von Norc, dessen Mutterunternehmen eXtreme Soft Group S.R.L seinen Sitz in Bukarest hat, das rumänische.

Deshalb habe Norc seine Aktivitäten in Österreich nicht registrieren müssen. Anders als Google, so Kotschy, denn bei Street View trete die US-Zentrale von Google als Auftraggeber auf - und für Anbieter aus Staaten außerhalb der EU ist der Mitgliedsstaat zuständig, in dem diese aktiv werden.

Problem der WLAN-Scans

Die Datenschutzkommission könne lediglich die Beschwerden der Bürger sammeln und ihr rumänisches Pendant auf das Problem aufmerksam machen. Norc selbst macht es deutschsprachigen Nutzern jedenfalls nicht leicht, eine Beschwerde einzureichen. Die Nutzungsbedingungen sind auf der Website nur auf Englisch, Rumänisch und Russisch veröffentlicht, die Mailadressen für Kontakt und Datenschutzanfragen sind auf der Hauptwebsite leer und nur im Blog des Unternehmens zu finden.

Wer das Bild seines Hauses bei Norc unkenntlich machen will, muss es erst auf Norc ansteuern und anzeigen lassen und dann auf den Button "Report a Problem" drücken und seine Bitte auf Unkenntlichmachung in das daraufhin erscheinende Web-Formular eingeben. Mit Norc habe es bisher aber keine Schwierigkeiten gegeben, so Kotschy.

Denn das eigentliche Problem bei Google Street View sind nicht die - von der DSK genehmigten - Aufnahmen der Straßenzüge, sondern die eben nicht genehmigten WLAN-Scans und die damit verbundenen Erfassungen von Datenpaketen aus offenen WLANs, die Google quasi nebenbei erfasst hat.

"Davon wussten wir überhaupt nichts", so Kotschy, hier könne es um die Erfassung und Weiterverarbeitung personenbezogener Daten gehen. Google hat noch rund eine Woche Zeit, auf die Fragen der DSK zu antworten. Weitere Fahrten der Street-View-Autos hat Google bereits von sich aus gestoppt.

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(futurezone/APA)