China veröffentlicht Internet-Richtlinien
Die chinesische Regierung hat ein "Whitepaper" veröffentlicht, in dem sie ihre führende Rolle in der Weiterentwicklung des Netzes in der Volksrepublik bestätigt. Das Internet soll in China verstärkt ausgebaut werden und auch dabei helfen, Korruption zu bekämpfen. Die totale Kontrolle des Netzes durch den Staat bleibt dabei aufrecht.
Das am Dienstag auf der Website der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua veröffentlichte Strategiepapier ist in sechs Kapitel aufgeteilt, die sich mit Themen wie dem Ausbau der Infrastruktur und der Verwaltung des Internets in China befassen.
Die chinesische Regierung sieht das Internet als wichtigen Teil der Infrastruktur des Landes und zeigt sich entschlossen, es weiter auszubauen. Im Rahmen der kommenden fünf Jahre soll der Bevölkerungsanteil mit Zugang zum Netz von heute 28,9 auf 45 Prozent gesteigert werden. Derzeit gebe es 346 Millionen Breitband-User und 233 Millionen Nutzer von Internet-Zugängen via Mobiltelefon. Zum Ende 2009 bewegten sich 384 Millionen chinesische Bürger im Netz.
Netz als Waffe gegen Korruption
80 Prozent der chinesischen Netz-User verließen sich hauptsächlich auf das Internet als Nachrichtenquelle, heißt es im dritten Kapitel des Berichts, der den Titel "Die Meinungsfreiheit der Bürger im Internet sichern" trägt. Die chinesische Netzszene sei vielfältig, es gebe über eine Million Online-Foren und rund 220 Millionen Blogger, 66 Prozent der chinesischen User würden regelmäßig an Online-Debatten teilnehmen. Auch das soziale Netz würde sich in China gut entwickeln.
Die chinesische Regierung sieht das Netz als eine Waffe gegen die Korruption im Land. Um es dem Volk zu ermöglichen, "korrupte und degenerierte Beamte" anzuzeigen, hätten der Oberste Gerichtshof und die Staatsanwaltschaft Websites für Informanten eingerichtet. Das Internet diene dazu, dass das Volk die Regierung kontrollieren könne, die Führung selbst nutze das Netz, um die Stimmung im Volk besser einschätzen zu können. "Die chinesische Regierung ist fest dazu entschlossen, die Meinungsfreiheit der chinesischen Bürger zu schützen, in Übereinstimmung mit dem Gesetz", heißt es.
Technische Kontrolle und Führungsrolle des Staates
Der Staat schütze zwar die Freiheit der Bürger, diese dürften aber nicht die Interessen des Staates und der Gesellschaft sowie die Freiheiten anderer Bürger verletzen, heißt es im Abschnitt "Grundlegende Prinzipien der Internet-Verwaltung". Um das kontrollieren zu können, befürworte China "den rationalen Einsatz von Technologie, um die Verbreitung illegaler Informationen" im Netz zu unterbinden.
Zu diesen unterwünschten Informationen gehören vor allem solche, die "die Macht des Staates und die nationale Einheit unterminieren" - Stichwort: Tibet - sowie solche, die den Hass zwischen den Volksgruppen und Separatismus schüren. Auch gegen Informationen, die zur Verbreitung von "Irrlehren, Pornografie, Gewalt und Terror" dienten, wolle der Staat vorgehen. Dazu hätten die Provider "technische Maßnahmen" zu treffen, um die Übermittlung aller Arten von illegaler Information zu verhindern. Der Staat nutze diese Systeme auch dazu, um die Minderjährigen vor Online-Pornografie zu schützen. Ein Drittel der chinesischen Internet-Nutzer sei noch nicht volljährig.
Primat der nationalstaatlichen Interessen
Die Regierung habe auch dafür gesorgt, eine rechtliche Grundlage für den Schutz geistigen Eigentums zu schaffen. Es gebe eine Zentralbehörde, die sich um die Bestrafung von Wiederholungstätern und großangelegter kommerzieller Medienpiraterie kümmere.
Im Bereich "Sicherheit im Internet" bekräftigt die chinesische Regierung ihre Sicht des Netzes als nationale Infrastruktur. Das Netz sei ein "unverzichtbares Element zum Schutz der Sicherheit des Staates und der Gesellschaft". "Auf chinesischem Territorium unterliegt das Internet der souveränen chinesischen Jurisdiktion", heißt es, "Bürger der Volksrepublik China und Bürger anderer Länder sowie Organisationen und Firmen haben das Recht und die Freiheit, das Netz zu nutzen, aber sie müssen die Gesetze einhalten und bewusst die Sicherheit des Netzes schützen." Der Fluss der Informationen soll "frei und sicher" sein.
Seitenhieb auf ICANN
Die chinesische Regierung betont aber auch die Teilnahme an internationalen Bemühungen zur Koordination und Kooperation im Netz wie dem UNO-Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS). Man arbeite mit anderen Ländern auch bei der Bekämpfung von Internet-Kriminalität und Kinderpornografie zusammen.
Die Regierung wiederholt in ihrem Strategiepapier ihre seit langem gestellte Forderung, dass die Verwaltung der Internet-Ressourcen in die Hände der UNO übergehen solle, alle Länder hätten ein gleiches Recht darauf, die internationalen Netzressourcen mitverwalten zu dürfen. Dass der Internet-Adressraum von der gemeinnützigen US-Organisation ICANN verwaltet wird, ist Peking seit langem ein Dorn im Auge.
Die EU-Kommission hat China unlängst vorgeworfen, mit seinen Online-Zensursystemen auch Handelsschranken zu errichten und damit gegen die WTO-Bestimmungen zu verstoßen. Im vorliegenden Bericht weist Peking das zurück: Man halte sich an alle Bestimmungen der WTO und stelle auch ausländischen Unternehmen gesetzeskonforme Internet-Dienste zur Verfügung.