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Viele Hürden für die "Musik-Flatrate"

URHEBERRECHT
11.06.2010

Bei den Wiener Tagen der Musikwirtschaftsforschung haben Branchenexperten Vor- und Nachteile einer Pauschalgebühr für Musik aus dem Netz diskutiert. Der britische Musikmanager Peter Jenner machte sich vehement für eine solche "Musik-Flatrate" stark. Er sieht darin eine Möglichkeit, den Musiktausch im Netz zu vergüten. Vertreter der Musikindustrie können dem wenig abgewinnen. Sie wollen keine "Zwangslizenz".

"Dass es Probleme gibt, Leute im Internet zum Bezahlen für Inhalte zu bewegen, ist nicht zu übersehen", meinte Jenner am Donnerstagnachmittag bei den Tagen der Musikwirtschaftsforschung an der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst. Der ehemalige Manager von Pink Floyd und The Clash tritt seit Jahren für eine Pauschalabgabe für Musik aus dem Netz ein.

Die Wiener Tage der Musikwirtschaftsforschung beschäftigten sich am Mittwoch und Donnerstag mit den Auswirkungen des Filesharings auf Musikverkäufe und mit alternativen Vergütungsmodellen für Musiker.

"Mehr, als die Musikindustrie heute einnimmt"

Eine solche "Flatrate" in der Höhe von rund zwei Pfund (2,5 Euro) pro Monat könnte vom Internet-Anbieter eingehoben werden und würde Rechteinhaber für den Musiktausch im Netz entschädigen. Allein in Großbritannien könnten so Einnahmen von 1,2 Milliarden Pfund (1,4 Mrd. Euro) im Jahr erzielt werden, rechnete Jenner vor: "Das ist mehr, als die Industrie heute über Musikverkäufe einnimmt."

Die Pauschalgebühr sei ohne staatliche Einflussnahme wahrscheinlich nicht durchsetzbar, räumte Jenner ein. Aber das Urheberrecht sei schließlich Sache des Gesetzgebers. Er sprach sich jedoch dafür aus, Internet-Nutzern die Möglichkeit zum "Opt-out" zu geben: "95 Prozent werden davon nicht Gebrauch machen."

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Seit Jahren diskutiert

"Musik-Flatrate"-Modelle werden seit längerem diskutiert. Umgesetzt wurden sie bisher nicht. In Österreich sprachen sich zuletzt die Grünen für die Einführung einer "Kultur-Flatrate" für Inhalte aus dem Netz aus.

Ein Grund für das Scheitern solcher Modelle liegt im Widerstand der Musikindustrie. Die Einwände der Tonträgerunternehmen seien nicht ideologischer Natur, meinte Richard Mollet, Sprecher des britischen Tonträgerindustrieverbands BPI. Die Labels hätten nichts dagegen, Lizenzen en gros zu verkaufen. Eine Zwangslizenz sei jedoch keine Lösung.

Industrie gegen "Zwangslizenz"

Mollet verwies auf Lizenzierungen britischer Musikunternehmen an Streaming-Dienste wie Spotify und We7. Diese machten sich im vergangenen Jahr mit einem Plus von mehr als 240 Prozent erstmals substanziell in den Bilanzen der Labels bemerkbar. "Wir verbauen uns damit aber nicht andere Einnahmemöglichkeiten", sagte der BPI-Sprecher.

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Eine Pauschalgebühr für Musik aus dem Netz berge hingegen die Gefahr, anderen Vertriebswegen das Wasser abzugraben, so Mollet: "Es gibt noch viele Leute, die CDs kaufen." Eine "Musik-Flatrate" sei auch rechtlich problematisch, weil dadurch in das Ausschließlichkeitsrecht der Urheber auf die Verwertung ihrer Werke eingegriffen werde.

"Radio des 21. Jahrhunderts"

Jenner tat den Einwand, eine obligatorische Pauschalgebühr für Netzmusik könnte kostenpflichtige Online-Musikdienste kannibalisieren, als "Unsinn" ab.

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Das habe auch das Expirement der britischen Band Radiohead gezeigt, die ihr Album "In Rainbows" (2007) zuerst gegen eine freie Spende oder gratis zum Download anbot und später mit dem Verkauf der CD und kostenpflichtigen Downloads über Online-Musikshops dennoch die Spitze der Charts erreichte.

Die Musiknutzung im Netz sei das "Radio des 21. Jahrhunderts", sagte der Musikmanager. Auch Radiolizenzen seien gesetzlich geregelt: "Ich glaube nicht, dass andere Vertriebswege davon beeinträchtigt werden."

"Viele neue Dienste"

Eine "Musik-Flatrate" würde viele neue Dienste ermöglichen, zeigte sich Jenner überzeugt. Kleine Musik-Start-ups seien heute mit exorbitant hohen Vorauszahlungen an die Labels konfrontiert, kritisierte er: "Viele Dienste sind deshalb nicht existenzfähig."

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Eine freizügigere Lizenzierung könnte etwa Services ermöglichen, die den Leuten beim Filtern der Unmengen von Musik aus dem Internet helfen: "Ich mag die Idee, dass dadurch der Markt geöffnet wird."

Frage der Verteilungsgerechtigkeit

Susanne Kirchmayr alias Electric Indigo, Wiener DJ und Musikproduzentin, zweifelte daran, dass die Einnahmen aus der Pauschalgebühr auch gerecht verteilt würden. Von der "Leerkassettenabgabe", die der "Musik-Flatrate" sehr ähnlich sei, würden vor allem Topseller profitieren. Darüber hinaus würden auch Künstler, die ihre Werke unter freien Lizenzen veröffentlichen, leer ausgehen.

Generell begrüße sie aber alles, was zu einer demokratischeren Gesellschaft und einem besseren Zugang zu Kultur und Wissen führe, sagte Kirchmayr. Sie schlug vor, die Einnahmen aus einer "Musik-Flatrate" zur Förderung der musikalischen Vielfalt einzusetzen: "Das würde die Kultur bereichern."

"Industrie will noch nicht die weiße Flagge hissen"

Auch Eric Garland, Gründer des Peer-to-Peer-Marktforschungsunternehmens Big Champagne, gab zu bedenken, dass ein Großteil der Musiker über eine "Musik-Flatrate" nur geringfügige Einnahmen erlösen würde. "Mehr als zwei oder drei Dollar werden es für viele nicht sein."

Dass die Musikindustrie ihren Widerstand gegen eine "Musik-Flatrate" bald aufgeben könnte, glaubt Garland nicht. Die großen Labels seien noch nicht bereit, "die weiße Flagge zu hissen", so der Big-Champagne-Geschäftsführer. "Sie glauben, dass sie bessere Lösungen haben", vermutete Garland. "Vielleicht haben sie ja auch noch etwas im Köcher."

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(futurezone/Patrick Dax)