© Fotolia/Martin Hahn; Gina Sanders (Montage), Smarphone auf Euroscheinen

Preisfalle mobile Datendienste

GIGABYTES
14.06.2010

Laut Streitschlichtungsbericht 2009 erleben Entgeltstreitigkeiten rund um mobile Datendienste in Österreich einen Boom. Mehr Smartphones, undurchsichtige Pauschaltarife und unerfahrene Nutzer sind die Hauptursache. Eine neue EU-Regelung schützt ab 1. Juli mit einer Obergrenze bei der Datennutzung im Ausland.

Die heimische Telekom-Regulierungsbehörde RTR beherbergt auch die nationale Schlichtungsstelle, die im Streitfall mit einem Betreiber als Vermittler eintritt. 2009 gingen insgesamt 4.258 Verfahren dort ein - rund 75 Prozent entfielen auf Probleme mit Mobilfunkbetreibern.

Die Höhe der Streitwerte belief sich in den meisten aller Schlichtungsfälle (1.109) auf 150 bis 500 Euro, in 691 Fällen auf 500 bis 1.000 Euro und in 511 Fällen auf über 1.000 Euro.

Die Streitschlichtung ist ein Kooperationsverfahren, in dem zwischen den Parteien vermittelt wird. Die Schlichtungsstelle kann dabei nur Vorschläge einbringen, keine rechtsverbindlichen Entscheidungen.

Mobile Datendienste oft teuer

Der größte Teil der von der Schlichtungsstelle behandelten Fälle (84 Prozent) betrifft Entgeltstreitigkeiten - einen regelrechten Boom verzeichnet die RTR bei den mobilen Datendiensten mit 1.044 Fällen. Der Grund ist laut Telekomregulator Georg Serentschy die Flut an günstigen Pauschaltarifen, bei denen man nach Überschreitung des Nutzungslimits ordentlich zur Kasse gebeten wird. Ein Gigabyte extra könne im Extremfall bis zu 30.000 Euro kosten.

Ein zusätzliches Problem stelle der Trend zu Smartphones dar, auf denen zahlreiche Applikationen laufen, die oft im Hintergrund Daten herunterladen, ohne dass der Nutzer das bemerkt. Zudem fehlten seitens der Betreiber Sicherheitssperren oder kämen erst zu spät in Einsatz.

Mehr Schutz bei Datenroaming

Aufgrund des rasanten Anstiegs der Streitfälle zu mobilen Datendiensten hat die RTR eine Checkliste veröffentlicht, die den Konsumenten entsprechende Probleme ersparen soll. Empfohlen werden unter anderem Wertkarten-, Flat-Fee-, oder Fair-Use-Produkte. Serentschy sieht jedoch auch die Betreiber verstärkt in der Pflicht, ihre Produkte transparenter zu gestalten und die Kunden besser zu informieren.

Im Roaming-Fall gibt es für den Konsumenten ab 1. Juli zusätzlichen Schutz durch die EU-Roaming-Verordnung: Nutzer können nun für den Auslandsaufenthalt Obergrenzen für den Datenverbrauch festlegen. Wird ein Nutzer nicht aktiv, liegt die Grenze automatisch bei 60 Euro.

Keine Obergrenzen im Inland

Im Inland müssen Nutzer von mobilen Datendiensten noch besser aufpassen. Kein Betreiber bietet individuell festlegbare Obergrenzen an. "Wir empfehlen unseren Kunden, die Kosten im Blick zu halten", sagte mobilkom-Sprecher Werner Reiter auf Anfrage von ORF.at. Das sei mit einer leeren SMS an 421 jederzeit möglich. Zudem gebe es Obergrenzen bei Privatkunden, die nach verschiedenen Segmenten festgesetzt würden. Im Fall einer Überschreitung werde der Kunde informiert. Selber könne der Kunde jedoch keine Obergrenze fixieren. "In diesem Fall empfehlen wir eine Prepaid-Lösung von B-free", so Reiter.

Auch bei "3" verweist man darauf, dass Kunden ihren Datenverbrauch online jederzeit einsehen und überprüfen können. Eine Obergrenze kann nicht vereinbart werden. Auch bei Überschreitung eines Limits gibt es keine Benachrichtigung.

T-Mobile und Orange drosseln Geschwindigkeit

Orange macht seine Kunden beim 15-GB-Datentarif mit einer Geschwindigkeitsdrosselung auf das Überschreiten des Limits aufmerksam. Beim 3-GB-Tarif komme diese jedoch nicht zur Anwendung, sagte Orange-Sprecher Tom Tesch im Gespräch mit ORF.at. Seit kurzem werde auch eine eigene App zur besseren Kostenkontrolle angeboten.

T-Mobile hatte vergangenen Herbst auf die gestiegene Zahl der Beschwerdefälle bei mobilen Datendiensten reagiert. Als Gegenstrategie wurden die "Unlimited"-Tarife eingeführt, bei denen die Nutzer eine Warn-SMS erhalten, sobald sie sich ihrer Obergrenze nähern. Bei Überschreitung folgt dann eine Geschwindigkeitsdrosselung auf 128 kbit/s, so ein Sprecher von T-Mobile am Montag auf Anfrage.

Mehrwert-SMS und Nebenstellen-Hacking

Zum Streit führten oft auch generelle Vertragsschwierigkeiten, die Verfahren zu Mehrwert-SMS sind weiter zurückgegangen. Nebenstellen-Hacking im Festnetzbereich kam einige Kunden sehr teuer zu stehen. Hier hatte laut RTR etwa ein Hotelbetreiber einen Schaden von rund 130.000 Euro.

Generell erzielte die Schlichtungsstelle 2009 in 36 Prozent der bei ihr eingegangenen Fälle eine Einigung zwischen Kunden und Betreibern. Im Fall von hohen Roaming-Rechnungen halbiert sich dabei oft die zu zahlende Summe, weil der Betreiber lediglich seine Vorleistungskosten einfordert.

Viele Fälle bei T-Mobile

Nach Betreibern wurden mit 1.387 die meisten Fälle von T-Mobile- und tele.ring-Kunden eingereicht, 711 bei der mobilkom, 605 bei Orange und 479 bei Hutchison. Die RTR sieht bei T-Mobile seit der Fusion mit tele.ring Probleme im Kundenmanagement, die sich auch 2009 fortgesetzt hat. Im Festnetzbereich gab es 519 Beschwerden bei der Telekom Austria, 146 bei UPC und 135 bei Tele2.

"Viele Betreiber lernen aus der Erfahrung mit der Streitschlichtungsstelle und verbessern ihr Kundenmanagement", betonte Serentschy. "Die Streitschlichtung ist das Fieberthermometer für den Markt."

Mehr zum Thema:

EuGH bestätigt Roaming-Verordnung der EU

- Österreicher verschickten 5,7 Mrd. SMS

(futurezone/Nayla Haddad)