DT-Spitzelaffäre: Keine Anklagen
In der Spitzelaffäre der Deutschen Telekom müssen der frühere Konzernchef Kai-Uwe Ricke und der Ex-Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel nicht auf die Anklagebank.
Es gebe "keinen hinreichenden Tatverdacht", sagte der deutsche Oberstaatsanwalt Fred Apostel in Bonn. Das Ermittlungsverfahren gegen Ricke und Zumwinkel sei daher nach zwei Jahren eingestellt worden. Betroffene kritisierten die Entscheidung. Angeklagt wurden vier weitere Beschuldigte.
Die Affäre um das Ausschnüffeln von Gewerkschaftern, Aufsichtsratsmitgliedern und Journalisten hatte in der Öffentlichkeit und bei den Betroffenen einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Von der illegalen Erhebung von Telefondaten in den Jahren 2005 und 2006 waren etwa 50 bis 60 Personen betroffen. Gegen Zumwinkel und Ricke hatte ein Anfangsverdacht bestanden, sie hätten das illegale Ausspähen angeordnet oder zumindest davon gewusst.
Beide stritten eine Verwicklung in die Bespitzelung stets ab. Mit den illegalen Aktionen sollte eine undichte Stelle im Aufsichtsrat gefunden werden.
Die deutsche Gewerkschaft ver.di kündigte "Widerstand" gegen die Entscheidung an. "Wir werden weiter darum kämpfen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden - ungeachtet ihrer hierarchischen Stellung", erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Lothar Schröder. Der Gewerkschafter gehörte selbst zu den Bespitzelten. Zwei betroffene Journalisten kündigten Beschwerde gegen die Einstellung an. Auch der Deutsche Journalistenverband (DJV) kritisierte den Beschluss.
Rechtsbeschwerde angekündigt
Die frühere deutsche Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und der ehemalige deutsche Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), die als Anwälte 54 Betroffene vertreten, kündigten Rechtsbeschwerde an und erklärten: "Nach allen uns bekannten Fakten hätte gegen Zumwinkel und Ricke Anklage erhoben werden müssen."
Zumwinkel und Ricke begrüßten die Entscheidung mit Erleichterung. Die Ermittlungen hätten zu dem Ergebnis geführt, dass "jedweder strafrechtliche Vorwurf gegen mich unbegründet ist", erklärte Zumwinkel. "Ich betrachte dies als erfreuliche Klarstellung und als Verfahrenseinstellung erster Klasse - besser geht es nicht." Ricke betonte, er habe keinen Auftrag zur Anwendung illegaler Methoden erteilt, sondern den Konzernsicherheitschef nur beauftragt, "Vorschläge zur Unterbindung von Indiskretionen zu erarbeiten".
Staatsanwalt: "Haben uns an das Gesetz gehalten"
Apostel wandte sich gegen mediale Vorverurteilung und Kommentare nach dem Motto "Die Kleinen hängt man, und die Großen lässt man laufen". Das wäre in diesem Fall völlig fehl am Platz. "Das Gesetz sieht vor, dass jedem Einzelnen seine Tatbeteiligung nachgewiesen werden muss. Wir haben uns an das Gesetz gehalten."
Anklage gegen weitere Mitarbeiter
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es in 42 Fällen Verstöße gegen das deutsche Bundesdatenschutzgesetz gab. Gegen drei DT-Mitarbeiter, darunter den früheren Leiter der Konzernsicherheit, sowie den Geschäftsführer einer Berliner IT-Firma wurde Anklage unter anderem wegen des Verstoßes gegen das deutsche Bundesdatenschutzgesetz erhoben.
Der frühere Leiter der DT-Sicherheitsabteilung, Klaus Trzeschan, muss sich außerdem vor Gericht wegen des Verdachts auf schwere Untreue verantworten. Der Berliner Unternehmer wurde zudem auch wegen Untreue und versuchter Erpressung angeklagt.
(dpa)