© APA/EPA/Halldor Kolbeins, Isländisches Parlament

Island: Parlament schützt digitale Medien

NETZ
16.06.2010

Das isländische Parlament hat am Dienstag die Regierung in Reykjavik damit beauftragt, die Arbeit digitaler Medien nachhaltig abzusichern. Der Antrag der Icelandic Modern Media Initiative (IMMI), der auch einen umfangreichen Informantenschutz vorsieht, wurde mit Unterstützung der Whistleblower-Website Wikileaks erstellt.

Wie die IMMI, die den Antrag ins Parlament eingebracht hatte, am Mittwoch mitteilte, wurde der nur leicht überarbeitete Vorschlag einstimmig angenommen. Es gab 50 Stimmen dafür, keine dagegen, zwölf Abgeordnete waren nicht anwesend.

Ziel der IMMI ist es, die progressivsten Komponenten aus dem Medienrecht verschiedener europäischer Staaten zusammenzufassen und einen stabilen rechtlichen Rahmen für die Arbeit der digitalen Medien zu schaffen. Das wiederum soll dazu führen, dass sich mehr Provider und Medienunternehmen in dem von der Finanzkrise besonders stark getroffenen Land ansiedeln. Die Konzepte der IMMI wurden von isländischen Politikern mit Unterstützung von Julian Assange und Daniel Schmitt von der Whistleblower-Website Wikileaks entwickelt.

Schutz vor "Libel Tourism"

Beispielsweise sollen Provider als reine Datentransporteure Schutz vor Klagen von Rechteinhabern genießen. Auch die offenen Online-Archive von Zeitungen werden vor Klagen geschützt, denn in jüngster Zeit hat sich auch in europäischen Ländern die Unsitte eingebürgert, dass ein archivierter Artikel bei Aufruf durch den User als neu publiziert gilt - ein Ansatzpunkt für Zeitgenossen, die ihnen nicht genehme Enthüllungen gerne aus dem Netz gelöscht haben möchten.

Es soll Klägern auch unmöglich gemacht werden, durch einstweilige Verfügungen die Publikation kritischer Artikel zu verhindern. Auch der "Libel Tourism", die Praxis von Klägern, sich das für sie günstigste Gericht auszusuchen, um gegen unliebsame Medieninhalte vorzugehen, soll durch die Initiative eingeschränkt werden.

Die Kommunikation zwischen Journalisten und ihren Quellen sowie die interne Kommunikation in den Redaktionen sollen geschützt werden. Auch Whistleblower, also Personen, die anonym zum Wohl der Gesellschaft auf eklatante Missstände in Konzernen und Institutionen hinweisen, genießen Schutz vor Enttarnung. Beispielsweise könnte Wikileaks nicht dazu gezwungen werden, die Identität von Informanten preiszugeben. Damit sollen die Medien als einer der Stützpfeiler der Demokratie gestärkt werden. Island soll damit ein Gegenpol zu Steuerparadiesen werden.

Zwei Änderungen

Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf habe es zwei Änderungen gegeben, so IMMI. Demnach wird die Regierung aufgefordert, eine Studie über Sicherheitsaspekte beim Betrieb von Großrechenzentren in Island zu erstellen. Außerdem soll die Regierung eine internationale Konferenz veranstalten, in deren Rahmen über die Änderungen debattiert werden soll, die durch die verstärkte Einführung von Technologien zur verteilten Speicherung und Verarbeitung großer Mengen von Daten (Cloud-Computing) sowie Staaten mit besonders liberalen Datenschutzgesetzen (Data-Havens) hervorgerufen werden.

Nun ist die isländische Regierung am Zug. Sie muss die Vorgaben des Parlaments in Gesetzesform gießen.

Mehr zum Thema: