EU akzeptiert virtuelle Entbündelung
Die EU-Kommission hat am Freitag Lob und Tadel für die österreichische Telekom-Regulierungsbehörde RTR verteilt. Sie akzeptiert deren Vorschlag zur "virtuellen Entbündelung" als Übergangslösung zu einem flächendeckenden Glasfasernetz.
Einerseits akzeptierte die Brüsseler Behörde den RTR-Vorschlag, wonach die Telekom Austria (TA) verpflichtet werden soll, alternativen Betreibern über ein Produkt zur virtuellen Entbündelung des Teilnehmeranschlusses den "virtuellen" Zugang zu seinem Netz (vULL) zu gewähren. Das werde kurzfristig den Wettbewerb auf dem österreichischen Telekommunikationsmarkt beleben und sei ein Fortschritt.
Andererseits dürfe es sich aber nur um eine Übergangsmaßnahme handeln, wobei die Kommission auch kritisiert, dass "der schnellste Netztyp, nämlich Glasfasernetze", aus dem Markt ausgeschlossen werde. Dadurch sei zu befürchten, dass die RTR-Entscheidung, Glasfaserleitungen nicht einzubeziehen, mittel- und langfristig zu Wettbewerbshindernissen führen werde. Die RTR wird aufgefordert, die Marktabgrenzung so bald wie möglich zu überprüfen und im Netz der TA den "vollständig entbündelten Zugang zum Glasfaseranschluss durchzusetzen, sobald dies technisch und wirtschaftlich möglich ist".
"Kein Ersatz für physische Entbündelung"
Die für die digitale Agenda zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes sagte, "für den Moment akzeptiere ich den Vorschlag des österreichischen Regulators. Aber das ist kein langfristiger Ersatz für die physische Entbündelung des Glasfaseranschlusses." Es müsse eine "einheitliche und vorhersehbare Regulierung" greifen, die "Investitionen fördert und die Verbraucher schützt".
Die Entscheidung der Kommission betrifft eine von der RTR vorgelegte Analyse des Vorleistungsmarkts für den physischen Zugang zu Netzinfrastrukturen, auch als Zugang zum Teilnehmeranschluss bzw. Ortsanschlussnetz bezeichnet. Der Zugang zum entbündelten Teilnehmeranschluss bietet alternativen Betreibern die Möglichkeit, sich mit vorwiegend eigener Infrastruktur auf dem Endkundenmarkt zu betätigen.
VAT kritisiert RTR
Kritik an der Regulierungsbehörde übte am Freitag auch der Verband der alternativen Telekombetreiber (VAT): Er verwies in einer Aussendung auf die Regulatory Scorecard der European Competitive Telecommunications Association (ECTA), einem jährlichen Vergleich der Telekom-Liberalisierungsfortschritte in 22 europäischen Ländern, in dem Österreich vom zehnten auf den 13. Rang zurückgerutscht ist.
Ebenfalls im hinteren Drittel (Platz 15) liege Österreich im Bereich der Anwendung der regulatorischen Rahmenbedingungen durch die nationale Regulierungsbehörde. Insbesondere die Grundsätze der Technologieneutralität und der Transparenz von Regulierungsanordnungen würden laut dem Report nicht ausreichend beachtet.
Besonders negativ wirke sich dabei aus, dass der Zugang zur Glasfaserinfrastruktur nicht als Bestandteil eines für Regulierungsmaßnahmen relevanten Marktes definiert wurde. Das habe zur Folge, dass auf dem Markt für Glasfaserinfrastruktur dem Marktbeherrscher keine Zugangsverpflichtungen für alternative Betreiber auferlegt werden können.
"Jetzt ist die Politik gefordert, durch das kluge Umsetzen des EU-Telekom-Richtlinienpakets 2009 die Rahmenbedingungen zu verbessern und dadurch die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien voranzutreiben", fordert VAT-Geschäftsführer Thomas Faast.
(futurezone/APA)