EU-Kommunikationsindustrie warnt vor ACTA
Vier Dachverbände der europäischen Kommunikationsindustrie haben am Montag zum Start der neunten Verhandlungsrunde über das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA in Luzern davor gewarnt, dass der Vertrag tief in die Bürgerrechte und die Entwicklungschancen der Industrie eingreife. ACTA sei ein Versuch, das Recht der EU am demokratischen Prozess vorbei zu ändern.
So zielten Bestimmungen im zuletzt veröffentlichten ACTA-Entwurf darauf ab, den in der E-Commerce-Richtlinie der EU festgelegten Schutz der Provider vor Klagen der Medienindustrie signifikant zu schwächen und sie zur permanenten Überwachung der Inhalte in ihren Netzen zu zwingen. ACTA würde damit das Recht der Europäischen Union ändern - ein Punkt, den die Verhandler aus der EU-Kommission bisher stets verneint haben.
Unterzeichnet ist die Mitteilung vom Providerverband EuroISPA, dem Mobilfunkindustrieverband GSMA, dem Telekomverband ETNO und von Cable Europe, der Organisation der TV-Kabelnetzbetreiber.
Legale Angebote statt "Three Strikes Out"
Die Provider arbeiteten bereits im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen mit der Medienindustrie zusammen, heißt es in dem Schreiben. Der beste Weg zur Bekämpfung der Medienpiraterie bestehe darin, attraktive legale Angebote im Netz zu schaffen. Das sei auch einer der Kernpunkte in der kürzlich vorgestellten "Digitalen Agenda" der EU.
Die Verbände erinnern die EU-Kommission auch daran, dass sie gut daran täte, nach drei Jahren geheimer Verhandlungen endlich für nachhaltige Transparenz bei ACTA zu sorgen. So sei dafür zu sorgen, dass die demokratischen Gesetzgebungsprozesse eingehalten und die Parlamente zeitig informiert werden.
Bürgerrechtler demonstrieren
Mit ACTA will die Medienindustrie die strikten Bestimmungen der US-amerikanischen Copyright-Gesetzgebung weltweit verankern. Einer der umstrittenen Punkte ist dabei die Haftung der Provider für die Inhalte in ihren Netzen. Auch "Three Strikes Out"-Maßnahmen, bei denen Kunden bei Urheberrechtsverletzungen auf Zuruf der Medienindustrie vom Internet getrennt werden sollen, werden im Rahmen von ACTA hinter verschlossenen Türen disktutiert.
An den Verhandlungen nehmen neben EU und USA zahlreiche andere Industriestaaten wie Japan, Kanada und Südkorea teil. Die aktuelle Verhandlungsrunde läuft bis Donnerstag.
Am Montag demonstrierten bereits die französischen Bürgerrechtsgruppen La Quadrature du Net und Act Up Paris in Luzern gegen ACTA. Auch die Piratenparteien haben zu Protesten gegen das Abkommen aufgerufen.