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ACTA: Wenig Einblick, wachsender Widerstand

KONTROLLE
02.07.2010

In Luzern in der Schweiz ist am Donnerstag die neunte Verhandlungsrunde zum Anti-Piraterie-Abkommen ACTA zu Ende gegangen. Ein neuer Entwurf des umstrittenen Abkommens soll offenbar nicht veröffentlicht werden. Bürgerrechtler rufen zum Widerstand gegen ACTA auf und werben um die Unterstützung der EU-Parlamentarier.

Die vielfach geforderte Transparenz der Verhandlungen zum Anti-Piraterie-Abkommen ACTA dürfte auch weiterhin ein frommer Wunsch bleiben. Am Donnerstag beendeten die Verhandler aus Australien, der EU, Japan, Kanada, Korea, Mexiko, Marokko, Neuseeland, der Schweiz, Singapur und den USA ihre viertägigen Beratungen im schweizerischen Luzern.

Die Veröffentlichung eines aktualisierten Entwurfs des Abkommens ist offenbar nicht geplant. In einem vom Büro des US-Handelsbeauftragten (USTR) am Donnerstag ausgesandten Papier ist davon jedenfalls keine Rede.

Wenig aussagekräftige Aussendung

In der im Namen der Verhandlungspartner veröffentlichten Aussendung wird auf Fortschritte bei den Verhandlungen verwiesen. Details werden nicht genannt. Auch Gespräche der ACTA-Delegierten mit Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen zu Beginn der Beratungen am Montag brachten kaum neue Erkenntnisse.

Aufhorchen ließ lediglich die Aussage des Schweizer Sprechers der Verhandler, dass in einigen Ländern Gesetzesänderungen notwendig sein könnten, um die Verpflichtungen des Abkommens zu erfüllen.

Befürchtungen von Bürgerrechtlern und zivilgesellschaftlichen Gruppen, ACTA könnte über strenge Haftungsregeln für Internet-Anbieter und Filter- und Überwachungsmaßnahmen zu Einschränkungen der Redefreiheit und des Datenschutzes führen, versuchten die Verhandler in ihrer Aussendung zu zerstreuen. Eingriffe in die Grundrechte seien durch ACTA nicht zu befürchten, teilten die Verhandler mit.

Zivilgesellschaftlicher Widerstand

Zivilgesellschaftliche Organisationen machen unterdessen weiter gegen ACTA mobil. Die französische Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net lehnte in einem am Donnerstag publizierten offenen Brief das Abkommen vehement ab und forderte die Verhandler zum Überdenken der Urheber- und Patentrechte auf.

Der Zugang zu Medikamenten in den ärmsten Ländern und der Schutz der Bürgerrechte auf die Nutzung des Internets und digitaler Technologien sei zu wichtig, um sie hinter verschlossenen Türen zu verhandeln, hieß es in dem von zahlreichen weiteren Organisationen unterzeichneten Schreiben.

Erklärung von EU-Parlamentariern

Eine interfraktionelle Gruppe von EU-Parlamentariern, der unter anderen der deutsche liberale Abgeordnete Alexander Alvaro angehört, hat eine schriftliche Erklärung zur Unterzeichnung aufgelegt, in der sie fordert, dass das verhandelte Abkommen die Redefreiheit, Datenschutz und Netzneutralität respektieren muss, und die EU-Kommission aufgefordert wird, alle Verhandlungstexte zu veröffentlichen.

Bisher wurde die Erklärung von 253 Europaabgeordneten unterzeichnet. Damit sie zur offiziellen Position des EU-Parlaments wird, fehlen noch die Unterschriften von 126 EU-Parlamentariern.

Aufruf zur Unterschrift

Bürgerrechtsgruppen wie die Electronic Frontier Foundation (EFF) riefen deshalb europäische Bürger am Donnerstag dazu auf, Mitglieder des EU-Parlaments zu kontaktieren und sie zur Unterschrift aufzufordern. Eine ständig aktualisierte Liste der Unterzeichner kann über La Quadratur du Net eingesehen werden.

Bereits im Vorfeld der Verhandlungen in Luzern protestierten die Piratenparteien gegen das Abkommen. Auch Verbraucherschutzorganisationen, Internet-Anbieter und Telekommunikationsunternehmen warnten vor dem Abkommen.

Provider-Haftung und verschärftes Copyright

Mit ACTA will die Medienindustrie die strikten Bestimmungen der US-amerikanischen Copyright-Gesetzgebung weltweit verankern. Einer der umstrittenen Punkte ist dabei die Haftung der Provider für die Inhalte in ihren Netzen. Auch "Three Strikes Out"-Maßnahmen, bei denen Kunden bei Urheberrechtsverletzungen auf Zuruf der Medienindustrie vom Internet getrennt werden sollen, stehen zur Diskussion.

Das nächste Treffen der ACTA-Verhandler soll in den USA stattfinden. Laut der Aussendung der Verhandler vom Donnerstag wird angestrebt, die Verhandlungen noch heuer zum Abschluss zu bringen.

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