EU-Parlament verabschiedet SWIFT-Abkommen
Das EU-Parlament hat am Donnerstag mit 484 gegen 109 Stimmen bei zwölf Enthaltungen dem Abschluss des umstrittenen SWIFT-Abkommens über den Transfer europäischer Finanzdaten an US-Terrorfahnder zugestimmt. Die SPÖ-Delegation stimmte mehrheitlich gegen den Text - und damit gegen die herrschende Meinung in der eigenen Fraktion. Datenschützer kritisieren das Abkommen scharf.
Damit haben die USA nun ab 1. August wieder Zugriff auf Bankdaten europäischer Kunden, die in bestimmten Datenpaketen im Zahlungsverkehr zwischen EU- und Nicht-EU-Staaten übermittelt werden. Der innereuropäische Zahlungsraum SEPA ist von dem Abkommen nicht berührt.
Gegen das Abkommen haben vor allem Abgeordnete der Grünen und Linken gestimmt.
Die Abgeordneten der ÖVP stimmten geschlossen für das Abkommen, im Vorfeld sah EVP-Chefunterhändler Ernst Strasser die Forderungen des EU-Parlaments bezüglich Verbesserungen des Datenschutzes im Abkommen als erfüllt an.
Welche Daten werden übertragen? Welche Probleme wirft das Abkommen auf? Detaillierte Informationen zum SWIFT-Abkommen lesen Sie im folgenden Hintergrundartikel:
SPÖ schert aus
Anders als die meisten Sozialdemokraten im EU-Parlament stimmte die SPÖ-Delegation gegen das Abkommen - mit Ausnahme von Hannes Swoboda, der dafür votierte, wie ein SPÖ-Sprecher gegenüber ORF.at am Donnerstag nochmals bestätigte. SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried kritisierte das Abkommen als weiteren Schritt hin zum Überwachungsstaat. Swoboda sieht dagegen die Balance zwischen den Bedürfnissen der Terrorfahnder und dem Schutz der Privatsphäre in dem Abkommen gewahrt.
Die österreichischen Grünen im EU-Parlament stimmten gegen das Abkommen. Die grüne Abgeordnete Eva Lichtenberger kritisierte die Datenschutzbestimmungen im Abkommen als unzureichend, die EU habe mit der Parlamentsabstimmung ihre Einflussmöglichkeiten auf die US-Seite erheblich geschwächt.
Die drei fraktionslosen Abgeordneten der Liste Martin stimmten gegen das Abkommen. Die beiden Abgeordneten der FPÖ votierten ebenfalls dagegen. Sowohl Liste Martin als auch FPÖ sehen durch das Abkommen das EU-Datenschutzrecht verletzt.
Kritik von Datenschützern
Das nach dem Finanzdienstleister SWIFT mit Sitz in Belgien benannte Abkommen gilt zunächst für fünf Jahre, es verlängert sich aber dann automatisch um je ein Jahr, wenn es nicht von einer der beiden Seiten aufgekündigt wird. Bis in fünf Jahren will die EU ein eigenes Kontrollsystem erarbeiten, das die Vereinbarung mit Washington überflüssig machen soll. Damit freilich wird eine EU-Behörde die Finanzströme der Bürger überwachen.
Scharfe Kritik an dem zwischen EU-Kommission und US-Regierung ausgehandelten Vertrag übte der europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx. Das Abkommen greife in die Privatsphäre der Bürger ein und sei "alles andere als zufriedenstellend", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Auch die europäische Datenschutzorganisation EDRi ist gegen das Abkommen. Der neue Text berücksichtige die Bedenken des EU-Parlaments in Sachen Datenschutz keineswegs, erklärte die Organisation in einer Stellungnahme. Es würden weiterhin massenhaft Daten unbescholtener Bürger übertragen und es gebe keine Kontrolle über das Vorgehen der Exekutive.
Stellungnahme von SWIFT
In einer Aussendung des Unternehmens vom Donnerstag nahm der Vorstandsvorsitzende von SWIFT, Lazaro Campos, zu dem Abkommen Stellung: "Der Schutz der Daten unserer Kunden hatte stets und hat nach wie vor höchste Priorität für SWIFT. Unsere Schutzmaßnahmen werden weltweit als führend angesehen, und wir begrüßen die Tatsache, dass sie in der Schlussfassung des Abkommens berücksichtigt wurden. Sie umfassen die Einschränkung der Bandbreite von Daten, die ausschließlich für Zwecke der Terrorismusbekämpfung angefordert werden dürfen, deren Aufbewahrung in einem gesicherten Umfeld sowie eine Überprüfung jeder Begründung für eine Datenrecherche."
SWIFT werde mit den Behörden nach Maßgabe der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen des Abkommens zusammenarbeiten, um die Einführung und Anwendung der vorgesehenen Schutzmaßnahmen zu unterstützen, hieß es in der Mitteilung.
EU-Kommissarin Malmström zufrieden
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hat sich Donnerstag in Straßburg nach der Zustimmung im Europaparlament zum umstrittenen Bankdatenabkommen mit den USA (SWIFT) erleichtert gezeigt. "Ich bin sehr beruhigt. 80 Prozent Zustimmung ist wirklich ein großer Sieg", sagte sie.
Neuerlich betonte sie, dass es einerseits um die Bekämpfung des Terrorismus und andererseits um den Datenschutz für europäische Bürger gegangen sei. "Die Verhandlungen waren wirklich nicht einfach mit den US-Kollegen. Nach dem Schock im Februar (das EU-Parlament hatte den ersten SWIFT-Vertrag abgelehnt; Anm.) hat man aber in den USA wirklich verstanden, wie wichtig der Datenschutz auf hohem Niveau ist." Die Amerikaner seien natürlich "überrascht gewesen, als wir sagten, wir müssen die Verhandlungen neu eröffnen".
Zu anhaltender Kritik aus den Reihen des EU-Parlaments meinte Malmström lediglich: "Gegenstimmen gibt es immer." Vorwürfe zur Rolle der Polizeibehörde Europol wies sie zurück. "Wir haben auch Alternativen überprüft. Eurojust (europäische Justizbehörde; Anm.) war aber keine. Wir dachten, dass Europol die allerbeste Regelung ist, auch entsprechend dem EU-Vertrag".
(AFP/futurezone/APA)