Ministerrat verabschiedet "Digitale Dividende"

ÖSTERREICH
20.07.2010

Der obere Teil des ehedem analogen TV-Spektrums wird Ende 2011 oder Anfang 2012 an die Mobilfunker versteigert. Die Funkmikros der Kulturveranstalter bekommen das Band von 821 bis 832 MHz exklusiv zugeteilt.

Im Ministerrat wurde am Dienstag der Fahrplan zur Umwidmung des oberen Bereichs der "Digitalen Dividende" für den Breitbandmobilfunk beschlossen. Dieser Frequenzbereich zwischen 790 und 862 MHz war europaweit an sich bis 2015 primär dem TV gewidmet, dem nun insgesamt weniger Bandbreite zur Verfügung steht.

Das betrifft vor allem die Ausstrahlung von terrestristrischem, hochauflösendem TV. Die Prioritäten der EU-Kommission und großer Staaten wie Deutschland lagen aber beim Mobilfunk. Dem genannten Frequenzbereich kommt nämlich eine Schlüsselrolle beim Ausbau der schnellen, drahtlosen Breitbandnetze zu.

Funk auf diesen Wellenlängen hat nicht nur eine viel größere Reichweite als im UMTS/HSPA-Bereich oder gar in den designierten LTE-Bereichen (zwei bzw. 2,6 GHz), er dringt auch weitaus besser in Gebäude ein.

Die Auktionen

Beginnen soll die Versteigerung der digitalen Frequenzen laut Zeitplan Ende 2011 oder Anfang 2012. In Deutschland hatte die Auktion im Mai 4,4 Mrd. Euro eingebracht. Von ORF.at befragte Experten gehen davon aus, dass die Auktion in Österreich zwischen 200 und 300 Millionen euro an Erlösen für den Staat abwerfen dürfte.

Robert Chvatal, Geschäftsführer von T-Mobile Austria, bezeichnete die Entscheidung als "wichtigen Meilenstein für die erfolgreiche Weiterentwicklung des mobilen Breitbands in Österreich". ÖVP-Telekomsprecherin Karin Hakl sieht "Hoffnung auch für die Menschen am Land, in Österreich nicht mehr ewig auf schnelles mobiles Internet warten zu müssen". Hakl erwartet eine "möglichst rasche bilaterale und europäische Frequenzabstimmung, um die Versteigerung möglichst noch 2011 vornehmen zu können".

Die Nöte der Kulturfunker

Da elektromagnetische Wellen naturgemäß nicht an den Landesgrenzen haltmachen, muss die Umstellung überall in den Grenzgebieten mit jenen Nachbarn akkordiert werden, die auf den genannten Kanälen noch Analog-TV betreiben. Das betrifft Italien ebenso wie Ungarn, Tschechien und die Slowakei.

Allerdings sind da noch weitere "Stakeholder", die genau diesen oberen Bereich des analogen TV-Frequenzbands seit Jahrzehnten mitnutzten. Die Funkmikrofonsysteme der österreichischen Kulturveranstalter von der Seebühne Bregenz bis zum Nova-Rock-Festival, Radio und TV-Studios, Theater, Filmsets und Konzertsäle waren als Sekundärnutzer für den TV-Bereich ausgewiesen.

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Die Funkmikros wurden zwischen die analogen TV-Kanäle verteilt, je nachdem, welche Frequenzen regional gerade frei waren. Im unteren Teil des TV-Spektrums ist praktisch kaum noch Platz, weil der mittlerweile von dicht gepackten digitalen TV-Kanälen besetzt ist, der obere Bereich ist künftig durch die Mobilfunker belegt.

Im vorliegenden Ministerratsbeschluss wurde den Kulturfunkern nun der Bereich 821 bis 832 MHz exklusiv zugewiesen. Das stelle "eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem Status quo dar", meinte Hakl dazu.

Mehrere Anfragen von ORF.at bei den Betroffenen sind am Laufen.

(futurezone/Erich Moechel)