Data-Retention: EuGH verurteilt Österreich
Österreich ist wegen fehlender Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (Data-Retention) vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Rahmen eines routinemäßig von der Kommission eingeleiteten Verfahrens verurteilt worden.
Die EU-Richter stellten in ihrem Urteil (C-189/09) am Donnerstag fest, dass die Republik damit gegen EU-Recht verstoßen habe. Setzt Österreich die Richtlinie nicht um, könnte die Republik in einem neuerlichen Verfahren vor dem Gericht zu Strafzahlungen in Millionenhöhe verurteilt werden.
Seit März 2006 schreibt die EU-Richtlinie die systematische Speicherung von Telefon- und Internetdaten sowie von Handystandorts- und Mailkommunikationsdaten vor. Anbieter von Telekommunikationsdiensten müssen demnach EU-weit Verbindungsdaten zwischen sechs und 24 Monate lang auf Vorrat speichern. In der Runde der EU-Justizminister hatten nur Irland und die Slowakei dagegen gestimmt.
Klage vor dem EuGH läuft
Die Datensammlung soll bei der Fahndung nach Terroristen und Schwerverbrechern helfen. Im Februar 2009 billigte der EuGH die Regelung und wies eine Klage Irlands ab, die sich allerdings nur darauf bezogen hatte, ob die Richtlinie formal korrekt als Instrument der Binnenmarktregulierung zustande gekommen war. Österreich hätte wie die anderen EU-Staaten die Vorratsdatenspeicherung bis 15. März 2009 umsetzen sollen. Mittlerweile läuft eine neue Klage Irlands vor dem EuGH, im Rahmen des neuen Verfahrens soll nun auch geprüft werden, ob die pauschale Speicherung der Kommunikationsdaten aller Bürger mit der Europäischen Grundrechtecharta vereinbar ist.
Die zuständige Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) erklärte umgehend in einer schriftlichen Stellungnahme, sie habe zwar "vollstes Verständnis dafür, dass sich viele die Nichtumsetzung der Richtlinie wünschen", Österreich müsse aber vorbereitet sein, um drohende Strafzahlungen in Millionenhöhe zu vermeiden. Deshalb habe sie ihren Teil der Umsetzung abgeschlossen, erklärte Bures.
Kommission überprüft Richtlinie
Der EuGH habe Österreichs Ersuchen um eine mündliche Verhandlung abgewiesen. Auch im schriftlichen Urteil habe der EuGH die Einwände Österreichs im Hinblick auf mögliche Unvereinbarkeit mit der Europäischen Grundrechtecharta nicht aufgegriffen, sondern eben nur nach formalen Kriterien entschieden, betonte Bures. Ein Ergebnis der von der EU-Kommission veranlassten Richtlinienüberprüfung solle Mitte September vorliegen.
Wie die EU-Kommission selbst die Richtlinie in Bezug auf EU-Recht einschätze, werde auch das weitere Vorgehen Österreichs beeinflussen. Neben der Festlegung der Speicherverpflichtung im Telekommunikationsgesetz bedürfe es auch Anpassungen in der Strafprozessordnung und im Sicherheitspolizeigesetz. Das Justizministerium prüft derzeit den am Montag vorgelegten Entwurf für die Umsetzung der Data-Retention in österreichisches Recht im Rahmen einer Änderung des Telekommunikationsgesetzes.
(APA/futurezone)