Zweiklassengesellschaft im Sozialen Netz
69 Prozent der Deutschen nutzen laut einer Studie von ARD und ZDF bereits das Internet. Im Web 2.0 sieht die Studie eine Zweiklassengesellschaft: Während Wikipedia und Videoportale am häufigsten genutzt werden, sprechen Blogs und Twitter vor allem kleine Zielgruppen an.
In Deutschland nutzen mittlerweile 49 Millionen Menschen ab 14 Jahren das Internet, das sind 69 Prozent der gesamten Bevölkerung. Zu diesem Ergebnis kommt die am Donnerstag vorgestellte ARD-ZDF-Onlinestudie. Im Vorjahr waren es noch 5,5 Millionen Nutzer weniger. Zum einen sind es mehr Ältere, die das Netz nutzen, zum anderen berücksichtigt die Studie erstmals auch Menschen, die in Deutschland leben, aber über keinen deutschen Pass verfügen. Für die Studie befragten Wissenschaftler 1.804 Personen.
73 Prozent nutzen Wikipedia
76 Prozent der Befragten nutzen das Netz täglich. Die Studie hält fest, dass das Internet damit eine fast ähnlich hohe Reichweite wie das Fernsehen erreiche. Der Fernsehkonsum gehe gleichwohl nicht zurück, obwohl die Internetnutzer zunehmend Videos und Fernsehinhalte im Netz abrufen. Zu den meistgenutzten Angeboten im Netz gehört die Online-Enzyklopädie Wikipedia. So nutzen inzwischen 73 Prozent der Webnutzer gelegentlich Wikipedia, im Vorjahr waren es erst 65 Prozent gewesen.
An zweiter Stelle nach Wikipedia steht bereits der Videoabruf: 65 Prozent der Nutzer sehen sich im Internet Videos an. 58 Prozent nutzen hierfür Videoportale wie YouTube, 23 Prozent rufen TV-Sendungen in den Mediatheken der Fernsehsender ab. Nur 15 Prozent sehen sich Fernsehsendungen live im Netz an. Im Audiobereich zeigt sich ein etwas anderes Nutzungsverhalten: Hier rufen 52 Prozent der Befragten gelegentlich Audiodateien ab, 27 Prozent hören selten live Radioprogramme über das Netz.
Auch der Bereich der Communitys, zu denen die Studie etwa Facebook und StudiVZ zählt, wird häufiger genutzt: 39 Prozent nutzen in diesem Jahr Social Networks, im Vorjahr waren es 34 Prozent gewesen. Neu listete die Studie in diesem Jahr den Microblogging-Dienst Twitter auf: Er durfte auf Anhieb eine gelegentliche Nutzung von drei Prozent verzeichnen.
Verschiebungen im Social-Media-Gefüge
Die Studie verzeichnet auch Nutzungsrückgänge - und damit deutliche Verschiebungen im Social-Media-Gefüge: Nur noch 19 Prozent besuchen 2010 Fotocommunitys, im Vorjahr waren es noch 25 Prozent gewesen. Eine Erklärung sehen die Wissenschaftler darin, dass Nutzer zunehmend Fotos in privaten Communitys hochladen und sich daher von großen Portalen wie Flickr abwenden.
Auch berufliche Netzwerke wie Xing und LinkedIn werden weniger besucht: Während 2007 noch zehn Prozent der Nutzer diese Netzwerke nutzten, waren es im Vorjahr nur noch neun Prozent und in diesem Jahr nur noch sieben Prozent. Eine ähnliche Entwicklung verzeichnen auch die Blogs: Während 2007 noch elf Prozent der Nutzer gelegentlich Blogs besuchten, waren es im Vorjahr nur noch acht Prozent und in diesem Jahr sieben Prozent. Social-Bookmark-Dienste wie delicious werden ebenfalls seltener genutzt: Verzeichnete die Studie im Vorjahr noch vier Prozent, sind es in diesem Jahr nur noch zwei Prozent.
"Zweiklassengesellschaft"
Mit einer Bewertung halten sich die Wissenschaftler etwas zurück, da sich die Studie durch die Erweiterung auf "die deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren" auf sechs Millionen mehr Nutzer als im Vorjahr bezieht. Sie verweisen jedoch auf eine Art "Zweiklassengesellschaft der Mitmachanwendungen" ab. Während Soziale-Netzwerke-Plattformen wie Facebook & Co. "massenattraktive Web-2.0-Formen" seien, adressierten Blogs, berufliche Netzwerkplattformen wie Xing und Twitter kleine Zielgruppen.
(Christiane Schulzki-Haddouti)