Breitbandausbau: Mobilfunk gegen Glasfaser
Am Donnerstag hat sich die heimische Telekombranche zum 11. Salzburger Telekomforum in der Festspielstadt versammelt. Die zweitägige Veranstaltung zum Thema "Ausbau von Hochgeschwindigkeitsinfrastruktur" befasste sich mit der europäischen sowie der österreichischen Sicht der Dinge in Sachen Next Generation Networks.
Am Nachmittag diskutierte eine Elefantenrunde mit Festnetz- und Mobilfunk-CEOs, Telekomregulator, Ministerialvertreter und Gemeindebund unterschiedliche Möglichkeiten, Österreich im Infrastrukturausbau voranzubringen – eine lebhafte Debatte, die wieder einmal zeigte, dass die unterschiedlichen Interessen der Akteure nur sehr schwer unter einen Hut zu bringen sind.
Das Impulsreferat eines Swisscom-Vertreters zeigte zu Beginn eine mögliche Variante des FTTH-Ausbaus (Fiber to the Home) auf. In der Schweiz wurde Glasfaser komplett regulierungsfrei gestellt. Die Swisscom setzt auf ein Multifasermodell, bei dem vier Glasfasern in jede Wohnung gelangen – der Ausbau und die Investitionen erfolgen gemeinsam mit den Mitbewerbern. "Für uns war das mehr eine Frage des gesunden Menschenverstands als eine Besonderheit", erklärte Swisscom-Vertreter Frederic Gastaldo. "Damit gingen wir weg vom Konzept, dass wir Kunden haben, nur weil die keine andere Wahl haben." Ein Wandel, der laut Gastaldo intern nicht immer einfach war.
Vorgaben aus dem Mobilfunk
Den Vergleich mit der Schweiz scheuten die heimischen Vertreter aber durch die Bank. "In Österreich sind einige Dinge anders als in der Schweiz", so Hannes Ametsreiter, Chef der A1 Telekom Austria (TA), zumal sich die Dynamik hier sehr stark aus dem Mobilfunk heraus entwickelt habe. Außerdem habe sein Unternehmen mehrmals Einladungen zur Kooperation ausgesprochen – gemeldet habe sich jedoch niemand darauf. Dennoch werde die TA ab September ein VDSL-Produkt (also Glasfaser bis zur Vermittlungsstelle) einführen – 15 Prozent der heimischen Haushalte will man damit in der ersten Ausbaustufe mit 16 bis 30 Mbit/s erreichen.
Orange-Chef Michael Krammer sieht im Festnetzbereich keine Ausbaupartner für die Telekom. Im Mobilfunk herrsche hierzulande gewaltiger Wettbewerb und die dazugehörige Infrastruktur sei entsprechend gut entwickelt. "Das ist auch der Grund, warum in Österreich bald 50 Prozent der Breitbandanschlüsse mobil sind." Den Wunsch nach Glasfaser in Österreich nannte er "prähistorisch". "Wir brauchen Glasfaser nur, um den Verkehr aus den Mobilfunknetzen abzuführen", so Krammer. Zum Haushalt hin zu graben, sei aber seiner Meinung nach verzichtbar. "Die Glasfaser hat ihre Berechtigung als leistungsfähiges Transportnetz", so Krammer, vor allem im Hinblick auf die Einführung der nächsten Mobilfunkgeneration LTE mit Geschwindigkeiten bis zu 100 Mbit/s.
Ausbau in ländlichen Gebieten
Hutchison-Austria-Chef Jan Trionow ("3") erklärte, im Wettbewerb werde sich zeigen, ob eine teure Festnetzinfrastruktur gegen eine günstige leistungsfähige Mobilfunkstruktur bestehen könne. Alfred Stratil vom Ministerium für Verkehr, Infrastruktur und Technologie (bmvit) betonte, dass man in der Debatte die potenziellen Nutzer nicht außer Acht lassen dürfe. Das Thema sei mehr als eine bloße Infrastrukturfrage. Die Diskussion sei naturgemäß ein Austausch von Glaubenssätzen, gab Telekomregulator Georg Serentschy am Donnerstag zu bedenken. "Es wird sich letztlich herauskristallisieren, wo die Grenze zwischen Fest und Mobil ist." Es werde aber sicherlich beides geben müssen.
Bei der Vergabe der "Digitalen Dividende", den frei gewordenen TV-Frequenzen rund um 800 MHz, werde der Regulierer aber sicherlich darauf achten, dass der Ausbau bevorzugt in den ländlichen Gebieten erfolgen müsse. "Wir brauchen also mehr staatliches Geld für den Ausbau von Glasfaser und müssen die Mobilfunker in Frequenzauktionen schröpfen", darauf der Einwurf von "3"-Chef Trionow.
Empfehlung der EU
UPC-Geschäftsführer Thomas Hintze hingegen stellte sich den Mobilfunkern entgegen: "Die Kunden wandern wieder zurück ins Festnetz. Der Breitbandbedarf ist unglaublich, das können die Mobilfunknetze nie abdecken." 60 Prozent der Haushalte in Österreich habe nur einen Internetanbieter zur Wahl, deshalb werde es beim Breitbandausbau ohne öffentliche Förderungen nicht gehen. "Dort, wo die TA jetzt ansetzt, haben wir schon längst 100 Mbit/s", so der Kabelanbieter.
Die entscheidenden Weichen für den Infrastrukturausbau werden in den kommenden Monaten gelegt: Die EU-Kommission will noch im September eine NGA-Empfehlung (Next Generation Access) veröffentlichen, die als Vorlage für die nationalen Regulierer dienen soll. Während der für LTE bestimmte 2,6-GHz-Frequenzbereich noch im September unter den Hammer kommen soll, wird die für den ländlichen Bereich wesentliche Frequenzvergabe im 800 MHz-Bereich nicht vor Ende 2011 erwartet.
(futurezone/Nayla Haddad)