Intel will Infineon-Arbeitsplätze sichern
Auf der gemeinsamen Pressekonferenz von Intel und Infineon zur Übernahme der Mobilfunksparte des deutschen Konzerns durch den US-Chiphersteller in Neubiberg bei München sagte der für das Geschäft hauptverantwortliche Intel-Manager Arvind Sodhani, man werde "alle Arbeitnehmer übernehmen, und zwar dort, wo sie sind". Auch Infineon-Chef Peter Bauer glaubt, dass sich für die Belegschaft "kaum etwas ändern" werde.
Die Übernahme betrifft weltweit etwa 3.400 Mitarbeiter der Mobilfunkchip-Sparte WLS. Das Unternehmen soll unter dem Dach von Intel weitestgehend eigenständig bleiben. Infineon hat in Österreich Niederlassungen in Villach, Klagenfurt, Graz, Linz und Wien.
Im Österreich-Hauptquartier in Villach sind rund 1.200 Mitarbeiter mit der Produktion von Mikrochips beschäftigt - allerdings werden hier zu 98 Prozent Chips für die Automobil und Industrieelektronik produziert, wurde von Infineon Österreich präzisiert. Österreichweit arbeiten 960 Personen in Forschung und Entwicklung.
Laut Sodhani will Intel mit dem Infineon-Know-how auch im Mobilfunk-Chipmarkt zum Weltmarktführer aufsteigen. Man wolle sich nun auf die Entwicklung von Chips für das Mobilfunksystem LTE konzentrieren. Die Übernahme der Infineon-Mobilfunksparte lässt sich Intel umgerechnet rund 1,1 Milliarden Euro kosten. Das Geschäft soll Anfang 2011 abgeschlossen sein.
Kerngeschäft Autobranche
Laut Infineon-Chef Peter Bauer soll das Geld aus dem Verkauf für Forschung und weitere Expansion verwendet werden. Auch Zukäufe anderer Unternehmen seien nicht ausgeschlossen. Infineon will sich nach dem Verkauf der Sparte ganz auf die Kerngeschäfte mit der Autobranche und den Industriekunden konzentrieren. "Der heutige Tag ist ein guter Tag für Infineon", sagte Vorstandschef Peter Bauer am Montag in München.
Über den Verkauf der Sparte war seit Monaten spekuliert worden. Bauer sagte, es sei nach langen und harten Verhandlungen gelungen, für beide Seiten ein gutes Ergebnis zu erreichen. "Der Verkauf von WLS ist eine strategische Entscheidung, um den Wert von Infineon zu steigern." Der Deal betrifft rund 3.400 Mitarbeiter weltweit, 1.600 davon in Deutschland, 1.100 allein in München. Für die sei der Verkauf ebenfalls eine gute Nachricht, sagte Bauer und ergänzte: "Und auch für Intel". Für die Beschäftigten werde sich dabei kaum etwas ändern, bekräftigte Bauer.
Vorstand wechselt zu Intel
Neben Intel waren gerüchteweise auch Unternehmen wie Broadcom und Samsung Electronics im Gespräch. Intel galt in Branchenkreisen aber seit längerem als wahrscheinlichster Käufer für die Sparte, die lange als größtes Sorgenkind der Münchner galt. Die Transaktion soll im ersten Quartal 2011 abgeschlossen werden. Der bisher für die Sparte zuständige Infineon-Vorstand Hermann Eul wird dann ebenfalls zu Intel wechseln und weiter für WLS verantwortlich sein. Intel will die Sparte als eigenständige Geschäftseinheit weiterführen.
Wofür Infineon das zusätzliche Geld genau ausgeben will, sagte Bauer nicht konkret, der Konzern wolle aber künftig verstärkt in die Entwicklung investieren. Auch Übernahmen seien denkbar. "Wir führen derzeit dazu aber keine Verhandlungen", sagte Bauer.
Zuletzt stabiles Geschäft
Dank der kräftig gewachsenen Nachfrage nach Handychips hatte WLS zuletzt deutlich zugelegt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2008/2009 hatte die Sparte mit einem Jahresumsatz von 917 Millionen Euro nur etwas weniger als ein Drittel zum Konzernumsatz von rund 3,03 Milliarden Euro beigetragen. WLS stellt unter anderem Kommunikations-Prozessoren (Baseband) für Mobiltelefone her und ist vor allem bei der Ausrüstung von Smartphones und günstigen Einsteigerhandys stark.
Intel will mit dem Zukauf sein Geschäft mit Laptops, Netbooks und Smartphones ausbauen. Die Bestandskunden übernimmt Intel gleich mit. Laut Experten gehört unter anderem der US-Konzern Apple zu den Kunden von Infineon. Mit WLS erhält Intel zudem Zugang zu einer neuen Mobil-Technologie. Bislang produziert der Chipriese WiFi- und WiMax-fähige Chips. Die Bauteile von Infineon sind dagegen auf die vor allem in Europa verbreiteten 3G-Mobilfunktechnologien wie UMTS ausgelegt.
Infineon erhöht Prognose
Infineon hatte nach einem starken dritten Quartal die Prognose für das am 30. September endende Geschäftsjahr 2009/2010 angesichts der weltweit kräftig gestiegenen Nachfrage zum dritten Mal in Folge nach oben geschraubt. Für das Geschäftsjahr rechnet der Konzern mit einem Umsatz von bis zu 4,5 Milliarden Euro. Damit könnte das Jahr nach den Verlusten im Vorjahr zu einem der erfolgreichsten in der turbulenten und oft unerfreulichen Geschichte des Konzerns werden.
Im Geschäftsjahr 2008/09 hatte der Konzern bei rund 3 Milliarden Euro Umsatz noch einen Verlust von 671 Millionen Euro eingefahren. Einen Überschuss auf Jahresbasis erwirtschaftete das im Frühjahr 1999 von Siemens abgespaltene Unternehmen erst zweimal seit seinem Börsengang vor rund elf Jahren. Der Halbleiterhersteller litt in der Folge abwechselnd am Preisverfall bei Speicherchips, einbrechender Nachfrage infolge von Wirtschaftskrisen oder eigenen Problemen.
Zuletzt war der Konzern in die Schlagzeilen geraten, als Finanzvorstand Marco Schröter Infineon wegen "unterschiedlicher Auffassungen über die künftige Geschäftspolitik" verließ. Mit dem WLS-Verkauf habe die Trennung aber nichts zu tun, sagte Bauer. Zu Jahresbeginn hatte ein beispielloser Machtkampf um die Spitze des Aufsichtsrats auf der Hauptversammlung hohe Wellen geschlagen.
(futurezone/dpa/APA)