© ORF.at/Nadja Igler, E-Book-Reader von PocketReader

E-Books und Tablets rittern um Kunden

IFA
03.09.2010

In einer kleinen Durchgangshalle widmet sich die Internationale Funkausstellung (IFA) in Berlin gezielt dem Thema E-Book-Reader. Vor allem kleine Aussteller, viele aus Asien, zeigen dort ihre Geräte. Doch auch in den größeren Hallen präsentieren Hersteller wie Medion, Sony und Acer ihre Reader. Konkurrenz bekommen sie von den zahlreichen Tablets, die ebenfalls in Richtung Buchmarkt drängen.

Die IFA eLibrary in Halle 13 ist im Vergleich zum restlichen Messegelände ein Ort der kontemplativen Stille. Rund zehn Aussteller sind dort vertreten und stehen den meist nur zufällig vorbeikommenden Besuchern geduldig Rede und Antwort. Einige Aussteller kommen direkt aus Asien, wie der chinesische Hersteller Boeye, der seine Eigenmarke Sibrary bisher nur in China anbietet und in Berlin Partner für einen Vertrieb in Europa sucht.

Partner sucht auch Netronix, OEM-Partner aus Taiwan und Hersteller einer Reihe von Tablets und E-Books, die von anderen Anbietern unter eigener Marke vertrieben werden - u. a. der neue E-Book-Reader von Medion.

Etwas schwerfälliger Reader von Medion

Medions E-Book-Reader (oder auch Netronix E60810) mit sechs Zoll kommt im November auf den heimischen Markt und kann via WLAN über einen eigenen Onlineshop mit Büchern gefüllt werden, wobei die Partner laut Medion noch nicht fix sind. Er kann PDF, EPUB, MOBI, PRC, FB2 darstellen und Bilder anzeigen sowie Musik (im Hintergrund) abspielen. Eine UMTS-Version des Geräts ist für 2011 angedacht.

Das Gerät zeigte sich im kurzen Test und im Vergleich zu anderen Geräten von der eher schwerfälligen Seite, die Bedienung war zum Teil umständlich. Mit einer Akkuladung soll der Medion-Reader 8.000 Seiten durchhalten, über Micro-SD können die internen zwei GB Speicherplatz aufgerüstet werden.

Zahlreiche Geräte aus Asien

Netronix hat abseits davon auch einen touchfähigen E-Book-Reader mit 9,7 Zoll Display, WLAN, UMTS, auf Basis eines Freescale ARM 11 (532 MHz) im Angebot, der bei ausreichendem Interesse jederzeit produziert werden kann. Auch ein Tablet mit 9,7 Zoll großem, resistivem TFT-Monitor, angetrieben von einem Cortex A8 mit 800 MHz und je nach Bedarf ausgerüstet mit WLAN, UMTS und Bluetooth hat Netronix auf der Bestellliste. Extra für die IFA hat Netronix auch ein sieben Zoll großes Tablet mit Android und Trackball gebaut, das allerdings noch verbesserungswürdig ist.

Andere Märkte deutlich weiter entwickelt

Der chinesische Hersteller Onyx ist ebenfalls OEM-Partner und produziert seine E-Reader unter anderem für den spanischen Anbieter Wonder, der auch in Berlin vertreten ist. Wolder ist laut eigenen Angaben E-Book-Marktführer in Spanien, wo der E-Book-Markt offenbar schon weit entwickelt ist. Boeye will seine Geräte etwa in Spanien als erstes europäisches Land auf den Markt bringen.

Wolder hat drei Geräte mit E-Ink-Display mit fünf und sechs Zoll, mit und ohne Touchfunktion, Unterstützung für PDF, EPUB, FB2, MOBI, diverse Bilderformate und MP3, Speicherkartenslots und WLAN für 150 bis 300 Euro im Programm. Über einen eigenen Onlineshop bietet Wonder dafür die passenden Inhalte an. Onyx selbst will in Zukunft verstärkt mit eigens designten Geräten auf dem Markt auftreten und kündigte für das kommende Halbjahr etwa einige Android-Tablets mit einer selbst entwickelten Benutzerführung an.

E-Book-Boom aus Kiew

Auch der russischsprachige Markt ist deutlich weiter entwickelt, wie ein Vertreter von PocketBook gegenüber ORF.at erklärte. Der ukrainische Anbieter mit Sitz in Kiew hat auf der IFA insgesamt fünf Geräte vorgestellt: Das PocketBook Pro 602 und 603 unterschieden sich durch einen Touchscreen beziehungsweise einen elektronischen Stylus und ein UMTS-Modul, sind aber ansonsten baugleiche sechs Zoll große E-Book-Reader (800 mal 600 Pixel), die bis zu 14.000 Seitenwechsel pro Akkuladung liefern können.

Die Geräte arbeiten mit Widgets, also kleinen Programmen, laufen unter Linux (2.6.28) und sind laut Hersteller offen für Anwendungen von externen Entwicklern. PocketBook verspricht auch laufende Softwareupdates und setzt zudem stark auf eine aktive Community, die die Entwicklungen vorantreiben soll. Bereits jetzt kann die Software etwa Texte vorlesen, ein Browser und diverse Spiele sind ebenfalls bereits vorhanden.

Tablet zum "Kampfpreis"

Das PocketBook Pro 902 und 903 haben je ein 9,7 Zoll großes E-Ink-Display mit einer Auflösung von 1.200 mal 825 Pixel, die sich ebenfalls durch Touch/Stylus- und UMTS-Funktionalität unterscheiden. Alle Geräte haben WLAN, Bluetooth, einen Micro-USB-Anschluss, 3,5 mm Audio-Klinke, können mit Micro-SD-Karten auf bis zu 32 GB Speicherkapazität erweitert werden und passen über einen Lagesensor ihre Ausrichtung automatisch an.

PocketBook kündigte zudem das Tablet IQ mit einem sieben Zoll großen TFT-Monitor unter Android 2.2 an, dessen Hardware (und wohl auch Software) allerdings noch nicht final ist und daher auch nicht fotografiert werden durfte. Die E-Book-Reader sollen Anfang Oktober, nach der Buchmesse in Frankfurt, in den Verkauf gehen, die Preise für alle Geräte will der Anbieter zur Buchmesse bekanntgeben. Sie sollen sich aber in einem absoluten "Kampfbereich" bewegen, wie ein Distributor erklärte. Demnächst soll mit Bookland auch ein eigenes Bücherportal starten.

Acer: Österreich bleibt außen vor

Ebenfalls eine Eigenentwicklung ist der LumiRead von Acer, der in Kooperation mit libri.de auf der IFA vorgestellt wurde. Das Gerät mit sechs Zoll großem E-Ink-Display und Browser wird ab November mit WLAN und UMTS für 199 beziehungsweise 249 Euro zu kaufen sein – allerdings nicht in Österreich. Der Reader kann nur über Deutschland bezogen werden, österreichische Kunden kaufen über WLAN und UMTS dann direkt in Deutschland Bücher.

Tablets graben E-Books das spärliche Wasser ab

Konkurrenz bekommen die zahlreichen E-Book-Reader vor allem von Tablets, etwa von dem - qualitativ nicht überzeugenden – ViewPad 7 von Viewsonic, dem demnächst auch eine Zehn-Zoll-Variante folgen wird. Das Gerät mit Android 2.2, kapazitivem LCD-Monitor und UMTS kann wie Samsungs Galaxy Tab zum Telefonieren verwendet werden, kann dem Galaxy Tab aber nicht das Wasser reichen.

Samsungs Tablet empfiehlt sich auch als E-Book-Reader und hat bereits vor dem Start eine Reihe heimischer Zeitungen und zahlreiche internationale Magazine sowie laut Samsung 2,5 Millionen Bücher im Angebot. Das Viewpad 7 ist mit 399 Euro dafür deutlich billiger und ab Oktober erhältlich.

Leichte Tablets von Archos

Ebenfalls ab Oktober sind die größeren Internet Tablets von Archos mit sieben beziehungsweise zehn Zoll großem kapazitivem Display erhältlich, die zwar mit WLAN, aber ohne UMTS verfügbar sind. Dafür ist das Archos 10 mit 480 Gramm vergleichsweise leicht. Es hat wie sein sieben Zoll großer Bruder eine Webcam, Lagesensor, HDMI out, kann über MicroSD-Katen aufgerüstet werden und lässt den Anschluss externer Geräte via USB (USB Host) zu.

Mit acht GB wird das Gerät mit einer Auflösung von 1.024 mal 600 Pixel 299, mit 16 GB 349 Euro kosten. Das Sieben-Zoll-Gerät (800 mal 480 Pixel) kostet mit acht GB 249, mit einer 250 GB Festplatte 299 Euro. Beide Android-Geräte (2.2) eignen sich ebenfalls als E-Book-Reader.

WLAN oder nicht WLAN - keine Frage?

So groß die Unterschiede sind, zumindest eines eint die Aussteller auf der IFA: "Der Markt für E-Books in Europa ist in der Entwicklung um einige Jahre hinten nach", wie ein Vertreter von Sony erklärte. Die beiden neuen Geräte von Sony sind ebenfalls touchfähig und haben dennoch ein scharfes Display, das Umschalten der elektronischen Tinte und auch die Reaktionszeit des Geräte hat sich allerdings nicht bedeutend verbessert.

Sony selbst hält von einem eigenen Onlineshop nichts und hat daher auch kein WLAN in seine neuen fünf und sechs Zoll großen Geräte (Touch Edition und Pocket Edition) integriert. Die Nutzer sollen sich die Inhalte über den Computer besorgen und auf das Gerät aufspielen, wie ein Sprecher erklärte. Untersuchungen hätten gezeigt, dass sich die Nutzer alle fünf Wochen ein neues Buch kaufen würden, da würden die paar Minuten zum Aufspielen nicht ins Gewicht fallen, so der Sony-Vertreter.

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(futurezone/Nadja Igler)