Musikindustrie hofft auf YouTube & Co.
Schon der Bruchteil eines Cents pro Video könnte nach Berechnungen der Labels pro Monat zweistellige Millionenbeträge in die eigenen Kassen spülen. Die krisengeschüttelte Branche diskutiert zum Auftakt der 41. internationalen Musikmesse MIDEM in Cannes über neue Einnahmequellen.
Am Sonntag ist in Cannes die internationale Musikmesse MIDEM eröffnet worden. Über 2.000 Firmen aus 90 Ländern präsentieren sich den rund 9.000 erwarteten Fachbesuchern.
Auf der 41. Midem sind neben Musikfachleuten zahlreiche Vertreter von Telekommunikations- und Internet-Unternehmen anwesend, da der Bereich der digitalen Musik in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat.
So haben Musik-Downloads der Musikindustrie 2006 rund zwei Mrd. Dollar eingebracht. Die sinkenden CD-Verkäufe konnten aber nicht wettgemacht werden.
Auf Fachkonferenzen diskutieren die Experten über neue Vertriebsformen digitaler Musik, den Boom im Live-Sektor sowie Strategien im Kampf gegen Musikpiraten.
Schon am Samstag waren Online-Communitys und die daraus möglichen Lizenzeinnahmen viel diskutiertes Thema beim Midemnet-Forum.
Klingelnde Kassen mit den Internet-Massen
Denn die Musikbranche hofft auf klingelnde Kassen mit den Internet-Massen. Der Boom von Portalen wie YouTube und MySpace könnte die krisengeschüttelte Plattenindustrie beflügeln, wenn sie nur Geld dafür bekommen würde, dass Nutzer in ihren Internet-Privatvideos millionenfach urheberrechtlich geschützte Songs verwenden.
"Nur eine Hand voll bezahlt" für Musik
"Derzeit werden weltweit pro Monat zehn Milliarden selbstproduzierte Videos von Internet-Nutzern abgespielt. Die meisten davon enthalten Musik, für die wenigsten fließen allerdings Lizenzgebühren an Plattenfirmen oder Verlage", sagte Michael Downing, Geschäftsführer des US-Portals GoFish.
"Es gibt rund 200 größere solcher Mitmach-Websites, aber nur eine Hand voll bezahlt für die Musik, die die Nutzer in ihren eigenen Videos einsetzen." Dazu gehört auch YouTube, das ebenso wie GoFish einen Vertrag mit dem Plattenriesen Universal geschlossen hat, wie Larry Kenswil von der Web-Abteilung des Labels erläuterte.
Nutzer bezahlt nichts
"Wir stellen den YouTube-Nutzern unsere Aufnahmen zur Verfügung. Diese können damit ihre eigenen Videos unterlegen oder sie bearbeiten. Für die Nutzer ist das kostenlos, YouTube zahlt direkt an uns", so Kenswil.
Gefahr: Labels verschlafen Trend
Da der große Teil dieser Videos irgendwie Musik enthält, müsste die Musikindustrie nur den Bruchteil eines Cents pro Video bekommen, um zweistellige Millionenbeträge pro Monat einzunehmen.
Doch dazu müssten Lieder schneller für Portale lizenziert werden, forderte Kenswil: "Die Verleger müssen die Chance ergreifen und die Musik freigeben, sonst ist es irgendwann zu spät."
Portale erst nach Klagen kooperationsbereit
Die Plattenindustrie sieht aber auch bei den Portalen nicht unbedingt den freien Willen, für die urheberrechtlich geschützten Inhalte auf ihren Seiten zu zahlen.
"Wir sind jeden Tag in Gesprächen mit den Internet-Unternehmen. Und häufig müssen wir erst vor Gericht ziehen, damit es zu ernsten Verhandlungen und Abschlüssen kommt", bemängelte der Präsident des Welt-Phono-Verbandes IFPI, John Kennedy, am Sonntag zur Eröffnung der Musikmesse Midem in Cannes.
Das mittlerweile unter Vertrag stehende YouTube-Portal musste in den vergangenen Monaten nach Beschwerden von Rechteinhabern immer wieder Videos aus seinem Angebot entfernen.
(dpa)