Filmbranche klagt über "Camcording"
Der Verein für Anti-Piraterie [VAP] der österreichischen Film- und Videobranche schätzt die Einnahmenverluste durch "Filmpiraterie" im Jahr 2006 auf 16,5 Millionen Euro. Auch das "Audio-Camcording" in den Kinos macht dem VAP zu schaffen.
Österreich sei in den vergangenen Monaten verstärkt zum Quellenland für "illegale"Tonaufnahmen ["Audio-Camcording"] in den Kinos geworden, sagte Andreas Manak, Generalsekretär des VAP, am Dienstag bei der Präsentation der Jahresbilanz des Vereins für Anti-Piraterie in Wien.
Dabei wird der deutsch synchronisierte Ton eines Films kurz nach dem Filmstart in den Kinos unauffällig mitgeschnitten und mit einer aus dem Internet heruntergeladenen illegitimen Kopie des Films kombiniert, die dann wiederum im gesamten deutschsprachigen Raum über das Internet, Flohmärkte und im Straßenverkauf vertrieben wird.
16,5 Millionen Euro Einnahmenverlust
Den Schaden durch die nicht legitime Verbreitung von Filmen in Österreich bezifferte Manak mit 16,5 Millionen Euro für das Jahr 2006. Insgesamt setzte die Branche im vergangenen Jahr rund 300 Millionen Euro um.
Im Vergleich zum Vorjahr seien keine dramatischen Steigerungen der "Filmpiraterie" zu verzeichnen gewesen, zeigte sich Manak zufrieden.
Für 45 Prozent der Schadenssumme seien Downloads aus dem Internet verantwortlich, 20 Prozent gehen laut Manak auf "illegale Privatkopien", die im Freundeskreis verteilt werden, zurück und 35 Prozent machen auf DVD vertriebene Schwarzkopien aus.
Weltweit werden die Einnahmenverluste der Branche im Jahr 2006 von der Motion Picture Association of America [MPAA] mit 15 Milliarden Euro beziffert. 2005 waren es laut MPAA 4,75 Milliarden Euro.
Prämien für Kinomitarbeiter
Das "Audio-Camcording" will der VAP künftig durch Prämien für Kinomitarbeiter bei der Ergreifung von mitschneidenden Personen eindämmen. Das Handy müsse deshalb jedoch nicht an der Kinokasse abgegeben werden, beruhigte VAP-Vizepräsident Christof Papousek.
"Server-Piraterie" im Visier
Der Schwerpunkt des VAP liege jedoch in der Verfolgung von Leuten, die Server zum Vertrieb der Schwarzkopien bereitstellen. "Viele Piraterie-Server stehen in Österreich", sagte Papousek.
"Wir wollen ganz oben in der Verteilungskette ansetzen", sagte Werner Müller vom Fachverband der Audiovisions- und Filmindustrie. Dabei habe man es durchaus mit mafiosen Strukturen zu tun, "wie man sie vom Rauschgift- und Waffenhandel kennt", so Müller.
41 Gerichtsverfahren
Im vergangenen Jahr wurden laut VAP 41 Gerichtsverfahren gegen die nicht legitime Verbreitung von Filmen eingeleitet, drei davon betrafen den Upload im Internet. Insgesamt wurden 23 PCs und Laptops und acht Server beschlagnahmt.
Keine Massenklagen
Massenklagen gegen Privatnutzer in Österreich soll es laut Müller nicht geben.
Müller übte jedoch Kritik an den österreichischen Internet-Service-Providern [ISP]. "Die ISPs und Telekoms sind bei der Bekämpfung der Piraterie bisher nicht wirklich in Erscheinung getreten, sie profitieren aber davon", sagte Müller.
"Es kann nicht sein, dass auf Grund von Datenschutzvorschriften die Verfolgung von kriminellen Handlungen unterbunden wird", so Manak, der sich durch die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Datenspeicherpflicht eine Verbesserung der Situation erhofft.
Einem Urteil des Obersten Gerichtshofs folgend müssen Österreichs Provider die fortlaufend vergebenen IP-Adressen ihrer ADSL-Kunden speichern und "formlos bekannt geben". Damit können alle Internet-Aktivitäten der Kunden nachvollzogen werden. Laut Telekom-Gesetz dürfen die Provider genau das nicht ohne Gerichtsbeschluss.
Kostenpflichtige Downloads
Zur Eindämmung der "Filmpiraterie" sollen aber auch legitime Download-Angebote im Internet beitragen.
Dass bei den gegenwärtigen Angeboten die Nutzungsrechte der Konsumenten stark eingeschränkt werden - so können etwa die Downloads nicht auf DVD gebrannt werden -, mindert laut Müller deren Attraktivität nicht. Die Download-Raten stiegen deutlich, der Markt werde sich darüber hinaus weiterentwickeln, argumentierte Müller.
Aufklärung und Bewusstseinsbildung
Der VAP will jedoch laut Müller auch "Public Awareness" für den Bereich Urheberrecht schaffen. Dazu soll ein "Anti-Piraterie-Trailer" ebenso beitragen wie die Schulinitiative "Ideen sind etwas wert", die derzeit gemeinsam mit dem Verband der österreichischen Musikwirtschaft [IFPI] durchgeführt wird.
Mit der Initiative "Ideen sind etwas wert" versucht die heimische Musik- und Filmbranche österreichischen Schülern ihre Sicht der Dinge zum Thema Urheberrecht im Internet nahe zu bringen. Zur Initiative ist derzeit eine parlamentarische Anfrage an das Unterrichtsministerium im Gange.
(futurezone | Patrick Dax)